Shekhar Kapur legte 1998 mit Elizabeth ein Historiendrama der alten Schule vor. Fern jeder Metaness und ganz ohne moderne ironische Seitenhiebe erzählt er darin vom Aufstieg einer Unwahrscheinlichen: Elizabeth (Cate Blanchett), Tochter der enthaupteten Anne Boleyn, wird erst von ihrer Halbschwester eingekerkert und nach deren frühem Tod Ziel diverser Intrigen am Hof, die ihre Herrschaft verhindern wollen. Basierend auf einem Drehbuch von Michael Hirst bewegt sich Kapurs Film souverän durch die düsteren Katakomben der turbulenten britischen Geschichte. Sein Trumpf aber heißt Cate Blanchett.
An der Seite ihres australischen Theaterkollegen Geoffrey Rush spielte Blanchett hier ihre zweite Filmhauptrolle nach Oscar und Lucinda und agiert doch so magnetisch, als wären Filmstudios für sie erfunden worden. Dabei fällt es ihr zu, den Wandel von der jungen Frau zur Königin von England festzuhalten, was in diesem Fall weit über Macht und Titel hinausgeht. Im Umgang mit ihrem Geliebten Robert Dudley (Joseph Fiennes), Ratgeber Francis Walsingham (Geoffrey Rush) oder ihrem Rivalen, dem Duke of Norfolk (Christopher Eccleston), zeichnen sich bei Cate Blanchetts Elizabeth die vielen Facetten einer Herrscherin ab, die ohne realistische Chance auf die Krone geboren wurde und gleichzeitig die entscheidenden Instinkte mitbringt, um sich zwischen den höfischen Raubtieren zu behaupten.
Unterstützt von einem Ensemble, das zudem Vincent Cassel, Fanny Ardant, Richard Attenborough, ja sogar John Gielgud in einer seiner letzten Filmrollen und Daniel Craig in eine seiner frühen bereithält, verwandelt Cate Blanchett die Gemälde, Historiographien und Anekdoten in einen plastischen, einen greifbaren Organismus. Den Oscar erhielt sie dafür nicht, der ging an Gwyneth Paltrow in der ironischen Meta-Liebelei Shakespeare in Love mit seiner eigenen grantigen Elizabeth-Version (Judi Dench). Aber was bedeutet schon ein Oscar, wenn ein Film Cate Blanchett sein eigen nennen kann?
Heute im TV: Elizabeth (1998)
Sendezeit: 20:15 Uhr
Sender: RTL II