Eine Milliardärstochter beflügelt das US-Kino

25.01.2013 - 19:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Jessica Chastain in Zero Dark Thirty
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Jessica Chastain in Zero Dark Thirty
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Glauben wir manchen Artikeln, dann ist die Milliardärstochter Megan Ellison der Messias des amerikanischen Independent-Kinos. Ganz so rosig sieht die Welt natürlich nicht aus. Aber ohne ihre Finanzspritze wären Filme wie Zero Dark Thirty und The Master vielleicht nie entstanden.

Kathryn Bigelow hat für Tödliches Kommando – The Hurt Locker einen Oscar gewonnen, von den Studios in L.A. hält sich die Filmemacherin trotzdem fern. Unabhängigkeit ist das erste Gebot ihrer jüngeren Filme, weswegen selbst die spannende Jagd nach Osama bin Laden erst einmal finanziert werden will. Dass Zero Dark Thirty am kommenden Donnerstag in den deutschen Kinos startet, ist einer 26-jährigen Studienabbrecherin zu verdanken. Davon gibt es auf der Welt so einige. Die wenigsten von ihn können einen Milliardär als Vater vorzeigen und kaum eine zeigt so viel Interesse am Independent-Film wie Megan Ellison. Mit ihren Millionenspritzen für Filmemacher wie Kathryn Bigelow, Paul Thomas Anderson und David O. Russell gilt die Gründerin von Annapurna Pictures schon jetzt als große Retterin des anspruchsvollen amerikanischen Kinos und die aktuelle Oscar-Saison wäre ohne ihre Produktionen um einiges langweiliger.

Ein bisschen prätentiös wirkt es schon, der eigenen Firma den Namen der indischen Göttin der Fülle zu geben. Der Mittzwanzigerin Megan Ellison sei dies verziehen, denn kaum eine amerikanische Produktionsschmiede verdient diesen Titel so sehr wie Annapurna Pictures. Die professionelle Unterzeichnerin von Schecks finanzierte den 42 Millionen Dollar teuren The Master von Paul Thomas Anderson, spendierte Lawless – Die Gesetzlosen mit Tom Hardy und Shia LaBeouf 26 Millionen und machte mit einer Investition von 45 Millionen Zero Dark Thirty erst möglich. (Wall Street Journal) Bis vor ein paar Jahren tauchte diese spendierfreudige Megan Ellison höchstens in Nebensätzen über Oracle-Gründer und Internet-Milliardär Larry Ellison auf. Doch eines Tages erhöhte Daddy ihr Taschengeld.

Ihr Filmstudium schmiss Megan Ellison nach knapp einem Jahr, das Interesse an Bewegtbildern verlor sie nicht. 2006 entdeckte sie die Finanzierung von Independent-Filmen für sich. Damals kontaktierte sie nach Sichtung der kleinen Produktion Loving Annabelle Regisseurin Katherine Brooks und bot an, ihren nächsten Film Waking Madison – Jeder hütet ein Geheimnis zu fördern. Mit 2 Millionen Dollar half sie dem Projekt auf die Beine und weitere folgten, darunter der bizarre Flop Passion Play mit Megan Fox und Mickey Rourke. Eine ganze Weile backte Ellison eher kleine, lauwarme Brötchen, wobei ihre Rolle als Co-Produzentin des Coen-Westerns True Grit die Beobachter hätte stutzig machen sollen. An ihrem 25. Geburtstag gewährte ihr Larry Ellison schließlich Zugang zu geschätzten 2 Milliarden Dollar seines 40 Milliarden umfassenden Vermögens und Megan Ellison wusste, was zu tun war. Als Tochter des drittreichsten Mannes in den USA entschied sie sich gegen Party-Eskapaden mit Paris Hilton und für die Liebe zur Kunst.

Annapurna hat es sich zum Ziel gemacht, den auf Teenager und Franchises fixierten Hollywood-Studios eine Bastion erwachsener Filme mit mittelgroßen Budgets entgegenzusetzen, wie sie in der Traumfabrik kaum noch produziert werden. Die Diktatur der Einspielergebisse untersteht hier dem Primat künstlerischer Freiheit. Welche Firma hätte Paul Thomas Anderson schon 40 Mille für ein auf 65 Millimeter gedrehtes, elliptisch erzähltes Drama mit Scientology-Referenzen zugeschoben? Wer sonst hätte Kathryn Bigelows Budget nach dem 15 Millionen teuren Hurt Locker verdreifacht, um einen nüchternen Thriller voll von Folterszenen und einer nicht gerade herzerwärmenden Protagonistin zu drehen? Die gut betuchte Megan Ellison tat es, weshalb Annapurna Pictures schon jetzt als Paradies für namhafte Indie-Auteurs gilt.

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