Harry Potter lässt grüßen: Onward ist rührende Fantasy aus dem Hause Pixar

22.02.2020 - 14:39 UhrVor 3 Jahren aktualisiert
Onward - Keine halben Sachen
Disney
Onward - Keine halben Sachen
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Onward liegt irgendwo zwischen Harry Potter, Herr der Ringe und einem klassischen Pixar-Film. Lest hier, wie das Fantasy-Abenteuer im Grunde auch von Disney und Pixar erzählt.

Herr der Ringe für die Kleinen, so könnte man Onward: Keine halben Sachen vor Investoren erklären. Der neue Disney-Pixar-Film feiert seine internationale Premiere heute im Rahmen der Berlinale, die sich damit Hollywood-Magie auf den roten Teppich hext.

Pixar legt seinen ersten originären Stoff seit Coco vor, doch Onward ähnelt eher den Franchises des Animationsstudios, also Toy Story, Die Unglaublichen und besonders Monster AG, als den einmaligen erzählerischen Experimenten wie Alles steht Kopf oder WALL-E. Im Grunde hat Disney nämlich hier ein Harry Potter oder Herr der Ringe bei der Hand und - das gehört zu seinen besten Elementen - das weiß der Film auch selbst.

3 Dinge, die ihr über Onward: Keine halben Sachen wissen solltet

  • Onward ist routinierte Pixar-Kost mit reichlich Abenteuer, rührenden Momenten und einer liebevoll gestalteten Welt. Vermisst wird die Ambition von Filmen wie Coco oder Alles steht Kopf.
  • Dan Scanlon hat nach Die Monster Uni Regie bei dem Fantasy-Abenteuer geführt.
  • Zu den Originalsprechern von Onward gehören Chris Pratt und Tom Holland, ihre Filmmutter wird von Julia Louis-Dreyfus gesprochen, der in der deutschen Fassung Annette Frier ihre Stimme leiht.
  • Alle Artikel zur Berlinale im Überblick

Onward: Pixar dreht seine Version von Der Herr der Ringe

Onward ist eine Fantasy-Story wie Herr der Ringe, aber auch Merida - Legende der Highlands mit Jungs. Im unterschätzten Pixar-Film mit dem Originaltitel Brave werden familiäre Beziehungen durch magische Komplikationen auf die Probe gestellt. In Merida war es die Verwandlung in eine Bärin, die die Tochter erst zur genauen Betrachtung ihrer Mutter zwang. In Onward handelt es sich um den Vater. Oder sagen wir besser: die Hälfte von ihm.

Besagte Jungs sind Ian (Tom Holland) und Barley Lightfoot (Chris Pratt), die im Städtchen Mushroomton einem ganz normalen Leben nachgehen. Ian hat Angst vor der Fahrprüfung und findet seinen Fantasy-besessenen Bruder und Metalhead Barley ziemlich peinlich. Mit dem neuen Freund ihrer Mutter Laurel kommen sie beide nicht so recht klar. Achja: Ian und Barley sind Elfen.

Onward

Die Welt von Mushroomton war nämlich einmal magisch, doch irgendwann kam jemand auf die Idee, Technik zu erfinden und nun ist der Zauber entschwunden. Majestätische Zentauren reiten nicht über die Steppe, sondern quetschen sich in Polizeiautos. Drachen wurden als Haustier domestiziert (ein Herz für den viel zu kurz kommenden Hausdrachen Blazey!) und Einhörner fressen Müll. Das ist übrigens eines der lustigsten und härtesten Bilder eines Films, der sich am Anfang genüsslich an die Entzauberung all dessen macht, was das Disney-Schloss im Vorspann verspricht.

Die Erkundung dieser Welt, in der ein Mantikor nicht mehr Feuer spuckt, sondern sich um die Buchhaltung ihres Franchise-Restaurants sorgt, gehört zu den unterhaltsamsten Seiten von Onward. Allerdings haben wir hier keine Meta-Abhandlung über Der Herr der Ringe, Harry Potter und das Genre an sich vor uns, sondern einen waschechten Fantasy-Film.

In gewisser Weise ist Onward Pixars Version dieser epischen Geschichten, also beginnt auch in Onward eine Reise. Ian und Barley kommen in Besitz eines Stabs, mit dem sie ihren verstorbenen Vater für einen Tag herbeizaubern könnten. Als sie es versuchen, zerbricht der Stein. Vom Vater wurde nur der Unterkörper erzeugt, sodass sie sich mit den lebendigen Hosenbeinen auf den Weg machen: ein neuer Zauberstein muss her, um den Rest von Daddy zu kreieren.

Risikobereitschaft in Ansätzen

Der Zauberstab sieht aus, als wäre er auf dem Weg ins Auenland von Gandalfs Wagen gefallen und eine Landkarte wurde im Design direkt den Herr der Ringe-Büchern entnommen. Zwischen klassischen Sagen, Rollenspiel-Lore und Fantasy-Literatur liegen die Referenzen des Pixar-Films Onward, der die vielen Heldenreisen des Studios zurück in ihre ursprüngliches Genres führt: das Märchen.

Onward

Dabei zeigt Onward in Ansätzen die Risikobereitschaft, die Pixar von seinen Konkurrenz-Studios in Hollywood immer abgehoben hat. Die Autoren des Studios scheinen sich häufig wie bei einer Reality-Show-Challenge in die tiefste Ecke zu stellen, die sie finden können - und erhalten dann die Aufgabe, sich herauszuschreiben. Eine Ratte kocht, ein Robo-Held, der so gut wie nicht spricht, ein Kinderfilm über die Einsamkeit im Alter, die Visualisierung von Emotionen usw.

In Onward, nun ja, verkörpert das der halbe Vater. Er ist ein Stummfilm-Gag, zwei Beine, die weder sehen, noch sprechen, noch hören können. Die Verständigung erfolgt über die Berührung der Füße. Pixar-Pessimisten könnten hier ins Feld führen, dass sie früher einen ganzen Film über diesen Vater gedreht hätten.

Nun muss man sich die Ausnutzung dieses visuellen wie emotionalen Potenzials dazuzaubern. Es ist ein feines Bild, das da geschaffen wird, wenn der 16-jährige Ian, der keine Erinnerung an den Vater hat, in dessen Fußspuren treten will - und seine eigenen finden muss. Die visuelle Poesie wird allerdings gegen die gewohnten Verfolgungsjagden getauscht, ohne die kein Pixar-Film mehr auskommt.

Fantasy à la Harry Potter - aber auch eine Story über Pixar

Onward wirkt deshalb auch wie ein Warnsignal vor der Transformation des Studios. Die Mantikor-Frau führte schließlich auch mal eine finstere Taverne, in der sich ihr ganzer wilder Charakter zeigte. Sie spuckte Feuer und schickte Fremde auf todbringende Reisen und hat in der guten alten Zeit wahrscheinlich keine Sekunde an Investoren gedacht.

Onward

In der Gegenwart von Onward ist ihre Taverne zum austauschbaren Franchise-Restaurant verkommen, mit Salattheke statt Schwertern und Kindergeburtstagen statt Saufgelagen. Was in den Harry Potter-Filmen vor den Muggeln verborgen werden muss, wurde in Onward durch Motive aus unserem Alltag erstickt.

So ergeben sich in der letztlich routinierten Fantasy-Geschichte diverse Bezüge auf ihre Schöpfer. Das erinnert bisweilen an einen anderen Film mit Tom Holland. In Spider-Man: Far From Home war es schließlich der Bösewicht, der ein Effektspektakel auffährt und im Motion Capture-Anzug zur Tat schreitet, um ein Helden-Image aufzubauen. So wie die realen Schauspieler vieler MCU-Filme.

In der Welt des Animationsfilms haben die Menschen ihre eigene Magie ausgelöscht, doch statt einer radikalen Umkehr geht es in Onward um den Kompromiss. Die Taverne kommt nicht wieder, ein bisschen Charakter tut allerdings gut. Aber ob die Einhörner auch in Zukunft durch den Müll schnüffeln?

Was haltet ihr von den jüngsten Filmen von Pixar?

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