Better Call Saul - Wir schauen Staffel 2, Folge 4

09.03.2016 - 08:50 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Gloves OffAMC
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Jimmy bekommt (endlich?) das, was schon seit Langem auf ihn gewartet hat und Mike muss sich währenddessen mit halben Sachen rumschlagen. Wir schauen Gloves Off.

In Bezug auf Jimmy (Bob Odenkirk) hält Better Call Saul diese Woche keine Überraschungen für uns bereit. Alles, was sich vergangene Woche unheilvoll angekündigt hat, wird in Gloves Off zur Realität. Jimmy bekommt von allen Seiten sein rücksichtsloses Handeln um die Ohren geschlagen und seine Ankläger interessieren sich nicht die Bohne dafür, dass sein Plan aufgegangen ist. In dem Gespräch mit der Chefetage von Davis & Main und dem zweiten mit Chuck (Michael McKean) wird er zum ersten Mal ganz konkret mit seinen Problemen konfrontiert. "Don't act like you don't see the problem" wird er bei der Vorstellung seines Werbespots angefahren und seine Antwort ist nur ehrlich: "I don't."

Chuck wird da noch deutlicher: "See, that's your problem Jimmy. Thinking the ends justify the means." Doch es geht Jimmy einfach nicht in den Kopf. Er will wissen, was er falsch gemacht hat. Für Chuck ist die Sache einfach. "You broke the rules." Ein absolutes No-Go. Für Jimmy ist Brechen von Regeln auch ein No-Go. Es sei denn, das Ergebnis ist das Richtige. Es sieht nicht so aus, als ob er diese Einstellung über Bord werfen will, nur weil sie so gewaltvoll auf ihn zurückprallt. Ganz im Gegenteil klammert er sich im Laufe des Gesprächs noch viel fester an sie. Um Kim (Rhea Seehorn) aus der Misere zu helfen, bietet er Chuck einen Deal an - Jimmy hört für immer damit auf, Anwalt zu sein und im Gegenzug bekommt Kim ihren Posten zurück. Das wäre dann so etwas wie Erpressung, aber was soll's? Würde doch keiner erfahren. Doch Chuck ist viel zu fest auf seinem moralischen Ross gesattelt, als dass er sich auf dieses Niveau herunter begeben würde. Zum ersten Mal kann Jimmy jemanden nicht von einem Deal überzeugen.

In all dem liegt allerdings auch die Schwäche, die diese Episode mit sich herumträgt. Vor allem das lange Streitgespräch zwischen Chuck und Jimmy besteht zu weiten Teilen aus Verbalisierungen von dem, was die Serie bislang so schön auf eine subtile Art vermittelt hat. Zwar ist Jimmys manischer Ausbruch gegen Ende ("Extort me, Chuck!") ein fast schon beklemmender Durchbruch von Saul Goodman, aber dennoch fühlen sich viele Zeilen dieses Dialogs ein bisschen behäbig und überflüssig an.

Jimmy bekommt also die erwartete Quittung, doch abgesehen davon passiert auf seiner Seite nicht allzu viel in dieser Episode von Better Call Saul. Stattdessen liegt der Fokus auf Mike (Jonathan Banks) und da liegt er gut. Das spannende an der Geschichte zwischen ihm, Nacho (Michael Mando) und Tuco (Raymond Cruz) ist in erster Linie gar nicht die Art und Weise, wie er in klassischer, wohldurchdachter Mike-Manier Nachos Plan begutachtet, ihn für unangebracht empfindet und sich eine cleverere Alternative überlegt. Das Mysterium, das Mike in dieser Serie bisher umgeben hat, war, wie genau sein Weg zu der Position in Breaking Bad wohl aussehen könnte. Ansonsten haben wir ihn bislang als einen Charakter kennengelernt, der dem in Breaking Bad - im Gegensatz zu Jimmy - sehr ähnlich ist. Doch Gloves Off zeigt, dass auch er noch eine drastische Veränderung durchmachen wird.

"No half measures." Mikes Worte zu Walter White sind in die Seriengeschichte eingegangen und machten für die Fans einen zentralen Teil seiner Figur aus. Keine halben Sachen. Doch diesen Standpunkt scheint er jetzt noch nicht so richtig vertreten zu können und geht stattdessen einen Weg, der gar kein besseres Muster für eine halbe Sache sein könnte. Tuco ist weg, aber lebendig und nur vorübergehend im Knast, Mike musste dafür kräftig einstecken und bekommt dafür am Ende auch noch nur die halbe Bezahlung.

Er kann Nacho davon überzeugen, dass es mit Hinblick auf die mögliche Reaktion des Kartells schlichtweg nicht sinnvoll ist, Tuco zu ermorden und er hat tatsächlich gute Argumente dafür. Ob sie aber wirklich seine Beweggründe waren, ist fraglich. Zwar zeigte er sich von Beginn an skeptisch gegenüber Nachos etwas naiven Mordplänen. Doch die endgültige Entscheidung fiel erst bei der Auswahl einer geeigneten Tatwaffe. "You seem to know this one", bemerkt der Waffenhändler, als Mike sich die M40 schnappt, eine Waffe, die mit wenigen Veränderungen seit 1966 von den Snipern der Marines in Benutzung sei. "Oh yeah", seufzt Mike, "you could say that." Es kommen offensichtlich Erinnerungen an den Vietnam-Krieg hoch - der Umstieg von Holz auf Glasfaser hätte laut Mike passieren sollen "before they send it into the damn jungle." Und damit ist dann auch die Entscheidung gefallen. Mike wird niemanden mit dieser Waffe töten, auch nicht mit einer anderen.

Nacho quält auf jeden Fall die Frage, wieso er all das auf sich genommen hat, um halb so viel zu verdienen. Eine nachvollziehbare Überlegung, doch eine Antwort bekommt er von Mike nicht. Er hat seine Gründe. Bleibt nur die Frage, ob er das am Ende nicht alles bereuen wird. In Anbetracht dessen, dass wir von seinem Wandel wissen, wird er das wahrscheinlich. Wahrscheinlich wird sein Zögern, seine Unentschlossenheit so sehr auf ihn zurückkommen, wie es Jimmys Übereifer tat. Nacho legt ein Horrorszenario bereits aus: Tuco wird irgendwann aus dem Knast zurückkehren und er wird in jedem Fall Jagd auf Mike machen. Vielleicht überlegt er sich ab dann erst zweimal, halbe Sachen zu machen.

"Life is not one big game of Let's Make a Deal." - "YES IT IS!"

Notizen am Rande:

- Die Rechtfertigung von Jimmy für seinen Werbespot beweist wieder einmal, wie weit er von den anderen Anwälten entfernt ist. Er argumentiert mit Kosten - seine eigene Stimme habe er benutzt, um das Budget im Rahmen zu halten. Slippin' Jimmy par excellence.

- Wundervoll, wie demonstrativ Tuco beim Geldzählen einen Schein umdreht, der verkehrt herum lag und Krazy-8 einen absoluten Killerblick zuwirft.

- Mikes Auto entwickelt sich in dieser Staffel zum dritten Protagonisten hinter Jimmy und Mike. Gut so.

- Jimmy ist stinksauer auf seinen Bruder, wirft aber sein Handy noch in den Briefkasten, schließt die Tür erst nach mehrmaligen Gesprächsversuchen auf ("All right, you asked for it!") und wacht die ganze Nacht über Chuck, als er sieht, in was für einem Zustand der sich befindet. Einfach nur tragisch, wie er es allen recht machen möchte.

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