Wir schauen The Walking Dead - Staffel 5, Folge 4

04.11.2014 - 08:50 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Wieder an Bord: Beth (Emily Kinney).
AMC
Wieder an Bord: Beth (Emily Kinney).
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Die fünfte Staffel von The Walking Dead befindet sich im vollen Gang. Doch was ist eigentlich aus der von Emily Kinney verkörperten Beth geworden? Slabtown, die vierte Episode der fünften Staffel der Zombie-Horror-Serie, gibt Antworten.

Zu Beginn der fünften Staffel von The Walking Dead waren es vor allem die einzelnen Gesichter aus Ricks (Andrew Lincoln) Gruppe, die sich ins Gedächtnis gebrannt haben. Angstschweiß und das Wissen, dass ein Kannibale jeden Moment zum tötenden Schlag ausholen könnte. Slabtown, die vierte Episode der aktuellen Runde, schließt nahtlos an dieses Motiv an und geht sogar noch einen Schritt weiter, nämlich von der gesamten Gesichtspartie zum konkreten Detail: Geschlossene Augen, die sich zögerlich öffnen, als würden sie jene Bewegung zum ersten Mal durchführen. Beth (Emily Kinney) erwacht (in schöner Analogie  zu Ricks Erwachen in Days Gone By) in steriler Umgebung.

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Unmittelbar darauf offenbart ihr der Blick aus dem Fenster die verheerenden Nachwehen der Zombie-Apokalypse. Zwischen all den verlassenen Straßenzügen und leer gefegten Gebäudekomplexen sticht dennoch etwas hervor: Der rote Sekundenzeiger einer Uhr durchbricht die Taubheit des Augenblicks. Einer Uhr, die funktioniert und tickt – ganz im Gegensatz dem Brachland Atlantas, das jenseits der schützenden Mauern des Grady Memorial Hospitals vor sich hin vegetiert.

I can't remember the last time I heard a record.

Bevor sich Beth, deren linke Wange von einer gigantischen Narbe geziert wird, ihrer Lage überhaupt klar geworden ist, öffnet sich die verschlossene Zimmertür und zwei Menschen betreten den Raum. Ihrer Kleidung zufolge handelt es sich um einen Arzt in Begleitung einer Polizistin, namentlich Dr. Steven Edwards (Erik Jensen) und Officer Dawn Lerner (Christine Woods). Beth erkundigt sich sofort nach ihrem Begleiter, Daryl (Norman Reedus), doch von dem scheint niemand etwas gehört zu haben. "You were alone", entgegnet Dawn, die hier offensichtlich das Sagen hat. Eine merkwürdige Begegnung und dazu alles andere als einladend: Obgleich das Grady Memorial Hospital von Anfang an als Ort der Zuflucht und Freiheit in Slabtown deklariert wird, benötigt Beth nur wenige Minuten, um sich vom genauen Gegenteil zu überzeugen. In den unterkühlt beleuchteten Gängen herrscht unangenehmes Schweigen und Misstrauen. Das Personal agiert in deutlichen Hierarchien und trotzdem funktioniert diese kleine Welt irgendwie. Vertraut und gleichzeitig befremdlich: So ertönt im Hintergrund passenderweise Be Gone Dull Cage  von Kiev, während der Arzt den Körper eines soeben verstorbenen Patienten im Aufzugschacht versenkt, als wäre es der selbstverständlichste Vorgang auf seiner Tagesordnung.

Im Grady Memorial Hospital existiert vermeintliche Zivilisation auf engsten Raum – angefangen beim dampfenden Mittagsmahl in der improvisierten Kantine über den geordneten Tagesablauf der Einwohner respektive Insassen bis hin zum einem Plattenspieler, der zusammen mit einem im Müll gefundenen Gemälde die kulturelle Fahne der alten Welt hochhält. Doch zwischen all dem, was hier (erstaunlicherweise) funktioniert, verbirgt sich ein mindestens genauso großer Abgrund. Im Gespräch mit Dr. Edwards stellt sich heraus, dass er als einziger Arzt des Krankenhauses im Grunde keine andere Option hat, als in der Einrichtung zu bleiben. Er ist nur ein (austauschbarer) Teil eines zweckmäßigen Machtgefüges, fußend auf falschen Hoffnungen und der Verleugnung von Realität. Der Wahrheit ins Auge blicken, das tut hier niemand. Viel leichter ist es, sich dem vorherrschenden Regime unterzuordnen, seine Rolle zu spielen und sich somit die letzte Garantie zum Überleben sichern. Irgendwann wird irgendjemand kommen, um uns zu retten – so oder so ähnlich lautet das Credo von Dawn und dementsprechend definiert sie ihr oberstes Ziel durch die Vorbereitung für den Fall, sollte es irgendwann einmal tatsächlich soweit sein. Beth erkennt die fluchtartige Ziellosigkeit dieser Einstellung und bringt sich schnell in Schwierigkeiten, da sie die drastischen (Behandlungs)Methoden und äußerst fragwürdigen Vorgänge in ihrem neuen Gefängnis anzweifelt.

Was zuerst noch mit einer saftigen Ohrfeige bestraft wird, droht schnell außer Kontrolle zu geraten. Für Dawn ist die Situation klar: "You shouldn't see this as a sentence. I'm giving you food, clothes, protection." Also hat Beth – obgleich sie nie derartige Ansprüche gestellt hat – einfach ihre Rolle wie jeder andere auch auszufüllen. "I know you didn't ask for this, but neither did I." Eine Unterhaltung, die für Beth genauso unbefriedigend wie die Tatsache ist, dass ihr Gegenüber aufgrund festgefahrener Strukturen nichts hinsichtlich einer Veränderung offenkundiger Missstände im Krankenhaus unternehmen will. Nicht zuletzt teilt ihr Dawn mit, dass es hier ausschließlich um das "greater good" geht. Problematisch ist dabei nur: "You're not the greater good". Die Anzahl der Menschen, die ihr Leben für Beth opfern beziehungsweise riskieren mussten, steht in keinen Verhältnis zum dem Ertrag, den Beth schlussendlich im System erbringen kann. Der Kompromiss steht für Dawn also komplett außer Frage und wird ganz nüchtern abgehandelt: "Some people just aren’t meant for this life, and that’s okay, as long as they don’t take advantage of the ones who are."

Warum also an einem Ort bleiben, an dem Überleben auf pures Atmen reduziert werden kann? Dr. Edwards motiviert sich mit dem Anblick einer hungrigen Beißer-Meute, um sich den Aufenthalt im Grady Memorial Hospital schön zu reden, wenngleich er sich seiner erbärmlichen (Lebens)Umstände im Klaren ist. Dem entgegen findet Beth in Noah (Tyler James Williams) einen Verbündeten und kurzerhand steht der Plan zur Flucht. Im Rahmen dieser Flucht gerät Beth an Michael (Cullen Moss), der sie auf frischer Tat im Büro seiner Chefin ertappt. Ein verzweifelter Mann und eine junge Frau in der Zombie-Apokalypse, die sich etwas zu Schulden hat kommen lassen – die Begegnung (inklusive der Beißer-Verwandlung als Rettung vor Vergewaltigung) könnte nicht konstruierter sein. Überflüssig zu erwähnen, dass sie im Grunde in einer vorherigen Szene (mit einem Lolli!) von Drehbuchautor Matthew Negrete schon ausbuchstabiert wurde. Und in diesem Moment laufen die größten Probleme von Slabtown zusammen: Jedes Ereignis der Episode greift wie in einem Uhrwerk ineinander, was an sich nichts Schlechtes ist. Ärgerlicherweise trifft dieses verkrampfte Kalkül im Falle von Beth auf eine Figur, die mit ihrer neuen Rolle als Protagonistin vollständig überfordert ist. Beth, die sich bisher nur im Schatten anderer aufhielt und sich über selbige definierte, lernen wir in dieser Episode leider kaum näher kennen.

Schade, dass The Walking Dead sich hier, wo der Schrecken der Zombie-Apokalypse über das grausame Töten hinausgeht, so passiv verhält und die umfangreiche Problematik letztendlich wie die Belegschaft des Krankenhauses totschweigt. Dafür bleibt Slaptown seinen Motiven treu und greift so beispielsweise Beths weit aufgerissene Augen aus dem Opening wieder auf, als diese Dawn mit einer Notlüge im Gang begegnet. Die Flucht im finalen Akt avanciert schließlich zum gruseligen sowie actionreichen Highlight der Episode. Regisseur Michael E. Satrazemis schraubt das Tempo hoch und begeistert mit einer netten Tinnitus-Sequenz. Ein Grollen, Rauschen und Poltern – dann folgt der Ausbruch ins Freie, wo die Sonne gnadenlos blendet. Wo eben noch unzählige tote Körper am Boden des Fahrstuhlschachts klebten, wandeln jetzt unzählige von ihnen auf dem Vorhof der Einrichtung. Beth setzt sich Dawns vorheriger Diagnose zur Wehr und beweist im Badass-Style, dass sie auf keinen Fall zu den Schwachen gehört. Immerhin hat sie zuletzt eine knallahrte Ausbildung bei Daryl genossen. Der Ausweg aus dem Gemenge wird ihr trotzdem verwehrt, sodass Beth kurze Zeit später erneut das Gesicht von Dr. Edwards erblickt, der sie zusammenflickt.

Der Kreis schließt sich und im letzten Atemzug lässt Slabtown noch eine kleine Bombe platzen, die den beängstigendem Cliffhanger von Four Walls and A Roof alle Ehre macht: Carol (Melissa Suzanne McBride) wird auf einer Liege ins Grady Memorial Hospital eingeliefert, betäubt oder bewusstlos. Noch einmal reißt Beth ihre Augen auf, dann leitet Blind Willie Johnson mit einem beruhigenden beunruhigenden It's Noboy's Fault But Mine  in die Credits über.

Was bisher geschah:

Staffel 5, Folge 1: No Sanctuary
Staffel 5, Folge 2: Strangers
Staffel 5, Folge 3: Four Walls and a Roof

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