Wir schauen Homeland - 4. Staffel, 11. Folge

16.12.2014 - 09:38 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Nicht Nina Hoss.
Showtime
Nicht Nina Hoss.
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"Make love, not war" wird leider nicht zum Motto der 11. Homeland-Episode dieser 4. Staffel, dient sie doch dazu, Carrie auf den Rachepfad zu drängen. Daran ändert auch ein herzliches "Fuck off" von Gaststar Nina Hoss wenig.

Nach der eher schwächeren letzten Folge findet Homeland mit dem putzigen Titel Krieg Nicht Lieb und der 11. Episode zurück zur gewohnten Stärke der 4. Staffel. Dabei gelingt es den Autoren Alexander Cary und Chip Johannessen diverse lose Handlungsstränge wieder zusammenzuführen, Nina Hoss einen wunderhübschen Auftritt als unterkühlte Botschaftsmitarbeiterin zu verschaffen und den verstorbenen James Rebhorn zu würdigen. Als Sahnehäubchen lassen die Autoren uns mit offenen Mündern und vielerlei wilden Theorien in den Köpfen zurück. Da blickt der pingelige deutsche Zuschauer auch über den befremdlichen Titel hinweg (Lieb? Lieb'? Liebe? lieb?).

Das "Failure Protocol" ist in vollem Gange und die Botschaftsmitarbeiter in Islamabad packen ihre Trolleys geflissentlich in den Reisebus. Eine Stromberg-würdige Kaffeefahrt zum Flughafen bekommen wir nicht zu sehen, denn Carrie (Claire Danes) hat es sich zur Aufgabe gemacht, Quinn (Rupert Friend) lebend in die USA zu bringen. Der hat sich ganz auf seine Rache verstiegen und sucht Unterschlupf bei einer deutschen Botschaftsmitarbeiterin (Nina Hoss) mit einer ausgemachten Toleranz gegenüber C4. Obwohl Quinns überraschend schlaue Versuche geschildert werden, ein Attentat auf Haqqani auszuführen, ist Krieg Nicht Lieb eine Episode über Carries Umgang mit der von ihr selbst zugegebenen Niederlage, der bei Ansicht des triumphierenden Terroristen in einer Kurzschlussreaktion mündet. Khan (Raza Jaffrey) verhindert freilich, dass sie Haqqani vor den Augen der Weltöffentlichkeit erschießt, aber wir können sicher sein, dass der Blick in dessen Auto Carries Defätismus (oder obsiegende Vernunft) vorübergehend verstummen lässt. Kein Geringerer als CIA-Schattenmann Dar Adal (F. Murray Abraham) lässt sich von dem Terroristenführer durch die Stadt kutschieren, was mehrere Optionen eröffnet:

  • Hardliner in der CIA, die den Berufspolitiker Lockhart vom Chefsessel putschen wollen (daher auch dessen Andeutung gegenüber Carrie), nutzen (unerkannt?) über den ISI ihre Kontakte zu Haqqani, um ihr Ziel zu erreichen. Aber ob sie wirklich den Angriff auf die Botschaft in Kauf nehmen würden? Klingt nach Homeland: The Truther Rises.
  • Dar Adal reist unter anderer Identität in Haqqanis Entourage, um diesen auszuschalten. Aber ob der Black Ops-Boss der Typ ist, der sich selbst die Hände schmutzig macht?
  • Dar Adal hängt irgendwie in der Geschichte um den Daten-Deal des getöteten Station-Chiefs Sandy drin und ist auf eigener Rechnung in Pakistan. Warum auch immer...
  • Dar Adal ist ein Verräter. Das liegt zwar im Bereich des Möglichen, aber für mich wäre es eine zu einfache Lösung, weil ein Dar ex Machina nach seiner geringen Präsenz in der 4. Staffel dem qualitativen Aufschwung der Serie nicht gerecht würde. Aber was weiß ich schon, es ist Homeland!?

Wie sagte Hillary Clinton in Bezug auf Pakistan und das Haqqani-Netzwerk im Oktober 2011: "You can't keep snakes in your backyard and expect them only to bite your neighbours." (FT ) Genau dies scheint schließlich die Logik der fiktionalen ISI in Homeland zu sein und der Fall Dar Adal könnte darauf hinweisen, dass nicht nur der pakistanische Geheimdienst von dem Schutz des Serien-Terroristen zu profitieren versucht.

Genügend Futter für unsere Gedanken bietet Krieg Nicht Lieb allemal und an Thrills mangelt es der Episode ebenfalls nicht, etwa wenn sich die von Quinn initiierte Demonstration wegen des geleakten Videos von Aayans Ermordung langsam aufschaukelt und Gegendemonstranten und Polizei beinahe zur Eskalation führt. Carrie, die sich zunächst ausgerechnet mit einem Haqqani-Schild unter die Menge mischt, wurde zu diesem Zeitpunkt schon arg gebeutelt. Ihre eigenen Untergebenen, vor allem Emo-Max, zweifeln ihre Entscheidungen an, ein anderer gibt ihr frei heraus die Schuld an der Katastrophe in der Botschaft und dann erhält sie auch noch die Nachricht vom Tod ihres Vaters. Claire Danes nimmt für die Serie und uns Zuschauer Abschied von James Rebhorn, der im März diesen Jahres an Krebs gestorben ist. Rebhorn hatte es vermocht, in seinen wenigen Auftritten Aspekte der Persönlichkeit Carries in deren Vater aufscheinen zu lassen, so dass stets erahnbar war, woher jene unfassbare Verbissenheit kommt, die Carrie gegen Ende der 4. Staffel aus Sicht ihrer Kollegen vermissen lässt.

Wie Carrie also vor dem Bildschirm sitzt, sich von einer Generation in Trauer löst und bei der nächsten Trost sucht, betont Homeland einmal mehr die Distanz zwischen der CIA-Agentin und den Menschen, die auf sie zählen, über deren Leben sie zudem entscheidet. Nicht von ungefähr lassen sich Parallelen zur Drohnenperspektive ziehen, die Carrie im Verlauf der Staffel zugeschrieben wird, wenn sie Aayan sterben sieht und die roten Dreiecke Saul später einkesseln. So ist es, als sie in der Menge steht, Aayans Gesicht, das aufflackert und ihre psychische Verfassung kippen lässt. Die Drohnenkönigin ist gelandet.

Zitat der Folge: "Quinn, we lost."

Recap: Wir schauen Homeland - 4. Staffel, Folge 10
Recap: Wir schauen Homeland - 4. Staffel, Folge 9
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