Vom Dreikäsehoch zum Zeremonienmeister

01.04.2014 - 16:00 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Sherlock Jr.
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1. April, kein Scherz: Ich bin der Neue, der Frischling im Cockpit und melde mich hiermit zum Dienst. Welche Rolle das Kino in meiner Ausbildung spielte, das erfahrt ihr im Folgenden.

Meine Geschichte endet in einem Kino und deshalb soll sie auch dort beginnen. Obwohl meine Eltern keine Cineasten sind, waren sie es, die meine Schwester und mich zum ersten Mal in das hier im Mittelpunkt stehende Etablissement entführten. Versteht mich nicht falsch, Der König der Löwen ist ein herausragender Film, doch mich beeindruckte an jenem Tag weniger das, was auf der Leinwand passierte. Das Kino an sich brannte sich in meine Erinnerung. Die riesige Leinwand, der laute Ton, die vielen Menschen, das süße Popcorn und das noch süßere Getränk hatten ihre Wirkung nicht verfehlt: Ich mochte Kino von Anfang an.

In meiner Dorfjugend waren Kinobesuche eine willkommene Option fürs Wochenende, denn die in der schwäbischen Provinz üblichen Festzelt- und Turnhallen-Parties sind auf Dauer auch keine Lösung gegen Langeweile. Meistens waren wir nur Jungs, Halbstarke, die Filme wie xXx – Triple X, The Fast and the Furious und Master & Commander – Bis ans Ende der Welt abfeierten.

Zugegebenermaßen wurde ich ca. ab dem 16. Lebensjahr den Lichtspielhäusern meines Vertrauens untreu. Aber nicht weil ich ab dem Zeitpunkt in Bars legal Bier bestellen konnte. Nein, ich tauschte die liebgewonnenen Kinoleinwände gegen Heimkinos ein. Zusammen mit Freunden entdeckte ich das auf DVDs gebannte und zwielichtige Milieu der Mafia. Wir verschlangen Scarface, GoodFellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia und Der Pate. Wir lernten die Schauspielkünste von Ikonen wie Robert De Niro und Al Pacino kennen und lieben. Außerdem wurden unsere Ausflüge in die Welt der 24 Bilder pro Sekunde zunehmend mutiger und waghalsiger. So fanden beispielsweise einige Vertreter der Kino-Kontrovers-Reihe ihren Weg in mein Jugendzimmerregal. Seitdem schrecke ich vor nichts zurück: Ob Im tiefen Tal der Superbabes oder Enter the Void, in gewisser Weise hat doch eigentlich jeder Film seine Daseinsberechtigung.

Nach Schule und FSJ stand auch bei mir urplötzlich die Frage im Raum: Was studieren? Die Antwort fand sich in einem theater- und medienwissenschaftlichen Universitätsinstitut. Dort beschäftige ich mich jeweils mit der theoretischen sowie praktischen Seite der Filmmedaille. Zudem konnte ich den unter Studenten heißbegehrten Job als Filmvorführer in einem kleinen Programmkino ergattern. Das Kino hatte es geschafft, es hatte mich wieder. Und ich war nicht mehr nur Zuschauer, sondern tatsächlich Zeremonienmeister. Hier möchte ich die Chance nutzen, um eine mir häufig gestellte Frage endgültig zu beantworten: Nein, ich habe nie in Tyler-Durden-Manier explizite Darstellungen von Geschlechtsteilen auf der Leinwand aufblitzen lassen… oder doch?

Weil aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung wahrscheinlich im Kino bald keine Filmrollen mehr zum Einsatz kommen werden, gehöre ich zur letzten Generation dieser Zunft. Logischerweise werde ich darauf mit zunehmenden Alter voller Stolz verweisen. Doch genug der Eitelkeiten, ab heute trage ich die Insignien eines Moviepiloten zur Schau. In diesem Sinne: Guten Flug!

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