Schnurrbart oder schweiĆige Bartstoppeln, Wuschelkopf und vielleicht noch eine Zigarre im rechten Mundwinkel: Tomas Milian verkƶrperte ein Bild von maskuliner Coolness, die dem italienischen Genrefilm in den 60er und 70er Jahren zum Welterfolg verhalf. Dabei feierte Milian durch prƤgende Italowestern seinen Durchbruch und spielte sich in die Herzen der Genrefans. Am bekanntesten dürften jene mit Regisseur Sergio Sollima sein: Der Gehetzte der Sierra Madre, Von Angesicht zu Angesicht und Lauf um dein Leben. Wie die italienische Zeitung Corriere della SeraĀ berichtet, ist Tomas Milian gestern in Miami im Alter von 84 Jahren gestorben.
Obwohl die meisten Milian mit dem italienischen Kino assoziieren, führte ihn sein weg zunƤchst in die USA. Am 3. MƤrz 1933 wurde Tomas Milian in Havana, Kuba geboren, wo sein Vater unter Diktator Gerardo Machado als General diente. Als es im selben Jahr zum Sturz kam, wurde Milians Vater inhaftiert und nahm sich 1945 vor den Augen seines Sohnes das Leben. Daraufhin verlieĆ Tomas Milian Kuba und begann schlieĆlich ein Studium am Actors Studios in New York. WƤhrend er in den Staaten nur vereinzelte Fernsehrollen erhielt, wartete in Italien eine groĆe Filmkarriere auf Milian. So spielte er 1959 in Wir von der StraĆe von seinem Entdecker Mauro Bolognini und drei Jahre spƤter in Boccaccio 70 von Luchino Visconti. Unzufrieden mit seinem Vertrag und Erfolg wechselte Milian mit Ohne Dollar keinen Sarg von Eugenio MartĆn 1966 verstƤrkt ins Westernfach und damit ins ƶffentliche Bewusstsein. Auch spƤter war Tomas Milian gelegentlich in europƤischen Autorenfilmen zu sehen, etwa Identifikation einer Frau von Michelangelo Antonioni.
Der Western jedoch machte Tomas Milian zum Star, schlieĆlich lagen ihm die charismatischen Gauner, Antihelden und auch Schurken. Neben Sergio Sollima arbeitete er beispielsweise mit Sergio Corbucci (Lasst uns tƶten, Companeros) und Giulio Questi (Tƶte, Django). Mit der schwindenden Beliebtheit des Genres etablierte sich Milian dann im italienischen Polizeifilm oder Poliziottesco, dessen Figuren durchaus noch abstoĆendere Naturen waren als im Western. Neben Gian Maria VolontĆ© spielte Milian 1968 einen Polizisten in Die Banditen von Mailand von Carlo Lizzani. Der Berserker von Umberto Lenzi sah Milian dann in der Rolle eines schieĆwütigen Kleingangsters, der die Tochter eines MillionƤrs entführt. Seinerzeit wurden dem Film faschistische Züge vorgeworfen, aus heutiger Sicht wirkt er wie ein angemessenes Spiegelbild der Bleiernen Zeit im Italien jener Jahre.
Nennt man eine GrƶĆe des italienischen Films, dann hat Tomas Milian wahrscheinlich mit ihr gearbeitet, ob Lucio Fulci (Don't Torture a Duckling), Liliana Cavani (The Year of the Cannibals) oder Bernardo Bertolucci (La Luna). In den spƤten 70er Jahren drehte Milian mit Lenzi Das Schlitzohr und der Bulle und spielte erstmals den Dieb Monnezza, ein Spitzname, der sich passenderweise mit "Müll" übersetzen lƤsst. SpƤter sprach er offen über seinen Alkohol- und Kokainkonsum in diesen Jahren, die ihn an den Rand des SelbstmordsĀ führten. Weitere Auftritte folgten, verstƤrkt auch in Komƶdien. Mit seinem Stammregisseur Bruno Corbucci etablierte er etwa den ebenso populƤren wie vulgƤren Polizisten Nico Giraldi, Sohn eines Gauners und einer Prostituierten. Zum Ende des Jahrzehnts führte ihn seine Karriere wieder in die USA, wo er Rollen in Oliver Stones JFK - Tatort Dallas und Eine gefƤhrliche AffƤre - Revenge von Tony Scott übernahm, in Steven Spielbergs Sklavendrama Amistad als spanischer Politiker auftrat und für Steven Soderbergh einen korrupten mexikanischen General in Traffic - Macht des Kartells gab.
Er wolle sein Spiel nicht zu stark intellektuell durchbuchstabieren, meinte er einmal und nicht zufƤllig heiĆt eine Dokumentation über seine lange Karriere Tomas Milian: Acting on Instinct. Das Instinkthafte, das Unberechenbare zeichnet die Westernfiguren aus, die Tomas Milian zum Star machten, und auch sein eigenes, wechselvolles Leben.
Tomas Milian hinterlƤsst einen Sohn, Thomas Jr. Seine Ehefrau Rita Valletti war 2012 nach 48 Ehejahren verstorben.