The Romanoffs - Der Mad Men-Schöpfer irritiert mit guter Laune

12.10.2018 - 11:25 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
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Wir haben die ersten beiden Folgen von The Romanoffs gesehen, der neuen Serie des Mad Men-Schöpfers Matthew Weiner, und geben euch einen Eindruck der Anthologie.

Matthew Weiner ist nicht nur Erfinder, Produzent und Hauptautor der legendären Mad Men sowie einer der Produzenten und Autoren der späteren Sopranos-Staffeln. Schon vor dem Goldenen Zeitalter des Fernsehens war er fürs TV tätig und arbeitete in den 90ern für verschiedene Sitcoms. Dieser Werdegang erklärt vielleicht ein wenig, dass sein neuester Streich, die ausladende Amazon-Miniserie The Romanoffs, einen durchweg leichten Ton anschlägt und viel auf entschieden Comedy-artige Szenen setzt, auch wenn etliche Charaktere nicht weniger fies, egoistisch und manipulativ sind als zahlreiche Mad Men-Figuren. Dieser irritierende Mix findet sich schon im nichtsdestotrotz mitreißenden Vorspann, der die Ermordung von Mitgliedern der titelgebenden Zarenfamilie Romanow dermaßen beschwingt inszeniert, dass selbst das spritzende Blut lebensbejahend statt todesverkündend wirkt.

Die ermordeten Romanows und ihre Nachfahren

Bei den Romanows handelt es sich um ein russisches Adelsgeschlecht, dessen Mitglieder Nikolaus II., seine Frau Alexandra Fjodorowna sowie ihre Kinder Olga, Tatjana, Maria, Anastasia und Alexei in der Nacht vom 16. auf den 17. Juli 1918 auf Lenins Befehl von Bolschewiki ermordet wurden. Nikolaus II. war der letzte Zar von Russland und hatte schon zuvor abgedankt, auch andere Familienmitglieder wurden von Bolschewiki ermordet. The Romanoffs stellt in der Gegenwart nun in jeder seiner acht knapp neunzigminütigen Folgen jeweils andere Figuren in den Mittelpunkt, die auf die eine oder andere Weise eine Verbindung zu den Romanows haben bzw. zu haben glauben. Da auch viele Mitglieder der weitverzweigten Familie ins Ausland flüchteten, sind die Schauplätze der Folgen international und verleihen ihnen ein gewisses Urlaubsflair.

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Folge 1 von The Romanoffs: Rassismus und Spaß dabei

Im Mittelpunkt der 1. Folgen von The Romanoffs, The Violet Hour, steht Marthe Keller als Anushka, eine Pariser Dame gehobenen Alters und ungezügelten Rassismus'. Als neue Haushaltshilfe in ihrer riesengroßen Wohnung schickt ihr die Agentur ausgerechnet die junge Muslimin Hajar (Inès Melab), die sich mit stoischer Gelassenheit spitzzüngig formulierte Beleidigungen anhört, die an Ekel Alfred aus ein Herz und eine Seele erinnern. Komplettiert wird das Figuren-Quartett der 1. Folge von Aaron Eckhart als Anushkas Enkel und Louise Bourgoin als dessen Freundin, eine Hotelbesitzerin. Die beiden würden nur zu gern das Appartement seiner Großmutter erben, doch dafür müsste diese endlich einmal sterben. Trotz dieser nicht gerade liebevollen Ausgangssituation will The Violet Hour definitiv niemandem einen Schreck einjagen, sondern schlendert ebenso durch seine Geschichte wie die Figuren durch Paris.

Die zahlreichen Gags kommen allerdings nicht von hinten um die Ecke, sondern fallen ebenso wie die Einbindung des Themas Islam-Feindlichkeit mit der Tür ins Haus. Wären die großen Namen nicht, könnte die Folge auch als leicht betulicher TV-Film der Woche laufen, der seine Zerstreuung mit ein wenig Brisanz würzt, ohne jemanden zu sehr herausfordern zu wollen.

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Folge 2 von The Romanoffs: Vor Lebenslänglich kommt Ehebruch

In der 2. Folge, The Royal We, kommt Corey Stoll eine Einberufung als Geschworener gerade recht, um nicht mit seiner Frau Kerry Bishé auf eine Kreuzfahrt gehen zu müssen. Die hat sie ihm geschenkt, weil auf dem Schiff ein Treffen der Romanow-Nachkömmlinge stattfindet, zu denen er gehört. Während sie die Kreuzfahrt allein antritt und dort auf Noah Wylie trifft, zieht er die wegen des eigentlich glasklaren Falls gar nicht notwendige Urteils-Beratung ins Endlose, um sich an seine Mitgeschworene Janet Montgomery ranzumachen.

Wie Folge 1 beginnt auch diese Episode mit ebenso lustigen wie offensichtlichen Gags, dann entwickeln sich die Parallel-Geschichten der Eheleute aber halbwegs ernsthaft dramatisch wie so einige Mad Men-Paarungs-Versuche, um in einem Finale von sopranosesker Absurdität zu gipfeln. Leider ist das Ganze auch hier eher weniger als die Summe seiner Teile und lässt deswegen die große Wirkung vermissen, die die Handlungsstränge von Mad Men- oder Sopranos-Episoden gehabt hätten.

The Romanoffs muss noch beweisen, dass sie nötig ist

Anhand dieser ersten beiden Folgen macht The Romanoffs den Eindruck, als hätte sich Matthew Weiner mal so richtig was gönnen wollen, einfach Drehbücher schreiben und sie inszenieren, ohne einen individuellen und geschlossenen Ansatz zu verfolgen, wie es bei Mad Men der Fall war. Die Dialoge sind geschliffen, das Tempo lahmt trotzt der Film-Länge der Folgen selten. Trotzdem gibt es hier nichts zu entdecken, das man nicht schon anderswo auf die eine oder andere Art gesehen hat. Alleinstellungsmerkmal ist lediglich die lose Verknüpfung der Episoden durch den (blut)roten Faden der Romanow-Verwandtschaft, das grausame reale Schicksal der Zarenfamilie wird aber bisher nur mittels Erzählungen eingebunden und wirkt dadurch recht fehl am Platz inmitten all der entschiedenen Fröhlichkeit. Doch wer weiß, ob das Gesamtbild aller acht Folgen einen nicht doch überzeugt, dass all die willkürlich wirkenden Entscheidungen bei der Konzeption von The Romanoffs aus gutem Grund erfolgten.

Die achtteilige Serie The Romanoffs startet am heutigen 12.10.2018 bei Amazon Prime mit einer Doppelfolge, ab nächstem Freitag kommt wöchentlich eine neue dazu.

Werdet ihr euch The Romanoffs anschauen?

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