Succession - Das neue HBO-Drama strotzt vor furchtbaren Menschen

23.07.2018 - 08:50 UhrVor 3 Jahren aktualisiert
SuccessionHBO
2
3
Die HBO-Serie Succession erzählt von einer furchtbaren Familie, die im Reichtum schwimmt und sich dennoch - oder besser: gerade deswegen - nicht über den Weg trauen kann. Die deutsche Erstausstrahlung der 1. Staffel ist auf Sky Atlantic zu sehen.

Update: Diesen Seriencheck haben wir erstmals am 06.06.2018 zur Ausstrahlung auf HBO und Sky Ticket veröffentlicht. Zur deutschen Erstausstrahlung ab 23.07.2018 bei Sky Atlantic HD haben wir diesen Text für euch aktualisiert.

Dem letzten Familiendrama aus dem Hause HBO war kein langes Leben vergönnt. Obwohl Six Feet Under- und True Blood-Schöpfer Alan Ball am Werk war, beschloss der US-amerikanische Kabelsender kurz nach dem Ende der 1. Staffel, dass Here and Now keine Zukunft hat. Zehn Episoden existieren nun in einem Vakuum und lassen bloß erahnen, was dieser Serie hätte werden können. Allzu viel Zeit bleibt dafür allerdings nicht, denn keine zwei Monate später steht bereits das nächste Familiendrama in den Startlöchern, das uns für das Schicksal von - im Grunde - unausstehlichen Figuren sensibilisieren will und sich damit perfekt in der Tradition großer HBO-Dramen versteht. Ob sich in Succession wirklich ein Erfolg versteckt, werden zwar erst die nächsten Wochen zeigen. Vorerst bleibt eine unwiderstehliche Momentaufnahme, die unmittelbar vor der Eskalation eines seit Jahren im Verborgenen brodelnden Familienkonflikts stattfindet.

Ein Generationenkonflikt, der zu eskalieren droht

Konkret findet dieser Konflikt zwischen Generationen statt. Das zeigt Serienschöpfer Jesse Armstrong, der vor allem durch seine Arbeit als Drehbuchautor an der britischen Satire The Thick of It für Aufsehen gesorgt hat, gleich in den ersten Minuten von Succession. Die Zerbrechlichkeit des Alters vereint sich mit dem erschütterten Vertrauen in den eigenen Körper, wenn der 79-jährige Logan Roy (Brian Cox) mitten in der Nacht verloren durch seine Gemächer wandelt. Roy ist der Kopf von Waystar/Royco, einem der wohl einflussreichsten Medienunternehmen der gesamten Welt. All dieser Reichtum kann ihn aber auch nicht vor der unmittelbar folgenden Entblößung retten, wenn er plötzlich dabei ertappt wird, wie er geistesabwesend auf den Teppichboden uriniert. Millionen im Rücken - und trotzdem steht er plötzlich komplett verunsichert im Raum.

Succession

Die junge Generation saust dagegen durch Downtown Manhattan, um den nächsten lukrativen Deal abzuschließen. Aufbrausend stürmt Kendall Roy (Jeremy Strong) in den Meeting-Raum und begrüßt den potentiellen Geschäftspartner mit einem vermeintlich lässigen "Dude", wenngleich er dafür nur sichtlich irritierte Blicke erntet. Kurz darauf stellt sich heraus, was zuvor schon angedeutet wurde: Genau wie sein Vater ist auch Kendall extrem verunsichert, versucht, seine wahren Ängste mit missverständlicher Coolness zu überspielen - der starke, fähige Mann ist er allerdings noch lange nicht. Im Gegenteil: Hinter seinem Rücken muss er sich anhören, wie der Schatten seines mächtigen Vaters die eigenen Karriereschritte und -entscheidungen entkräftet. In wenigen Stunden sieht aber hoffentlich alles ganz anders aus: Anlässlich seines 80. Geburtstags hat der Familienpatriarch durchblicken lassen, dass er seinen Rücktritt in Betracht zieht.

Succession reiht Entblößung an Entblößung

Kendall kann es gar nicht erwarten, endlich das Ruder der Firma zu übernehmen, während sich seine Geschwister Roy (Kieran Culkin), Siobhan (Sarah Snook) und Connor (Alan Ruck) in andere Richtungen bewegen. Das in Aussicht stehende Erbe lässt trotzdem niemanden kalt, insbesondere, als Logan seine Meinung ändert und den Vorstand von Waystar/Royco lieber in seiner eigenen Hand behält. Die Blicke der nachfolgenden Generation könnten kaum unterschiedlicher Ausfallen, überrascht sind sie trotzdem alle. Regisseur Adam McKay, der die Pilot-Episode inszenierte und darüber hinaus zusammen mit Will Ferrell als ausführender Produzent an Bord ist, achtet darauf, dass der Kamera wirklich keine Gesichtsentgleisung entgeht und jeder innerliche Schmerz und Schrei in den angespannten Mienen sichtbar wird. Schnell wird klar: Succession will seine Figuren nicht nur in ihren unerträglichsten, sondern auch in ihren verletzlichsten Momenten sezieren.

Succession

Nervöse Zooms und ein hektischer Schnitt bringen die Unruhe, die plötzlich in der Familie herrscht, auf inszenatorischer Ebene zum Ausdruck, während die Bilder nicht selten an den ähnlich skrupellosen The Big Short erinnern. Succession gibt sich keinerlei Mühe, die Monster im Mittelpunkt der Handlung zu verharmlosen oder zu beschönigen. Stattdessen werden die hässlichen Facetten der Menschen nach außen gekehrt - die Serie suhlt sich förmlich in ihnen. Bisher passiert das allerdings hauptsächlich auf einem recht routinierten Niveau, das sich der Faszination unangenehmer Augenblicke bewusst ist, das packende Familiendrama aber nicht überzeugend in Stellung bringt. Es folgt Entblößung auf Entblößung - das Kunststück, dass wir mehr von den schrecklichen Menschen sehen wollen, wie es etwa Arrested Development unverschämt gerissen gelingt, hat Succession allerdings noch nicht vollbracht.

Tränen, die mit dem Anwalt besprochen werden

Erst zum Ende des Auftakts arbeitet Jesse Armstrong sein bisher stärkstes Motiv mit fieser Präzision heraus: die Familie als geschäftliche Institution. Plötzlich werden Eltern zu Konkurrenten, Geschwister zu Geschäftspartnern und der gemütliche Austausch beim Kaffeetrinken zum kalkulierten Risiko, über das im Anschluss am besten sofort mit dem eignen Anwalt gesprochen wird. Giftig und herzlich begrüßen sich die Roys, wünschen sich gegenseitig den Tod und ein langes Leben. Wer in dieser toxischen Umgebung überleben will, darf auf keinen Fall seine Maskerade fallen lassen. Dennoch überwiegen in den finalen Minuten der Episode echte Tränen, die sich nicht verstecken lassen und größere Unsicherheit provozieren, die womöglich noch schlimmere Abgründe offenbart. In dieser Hinsicht könnte Succession in den nächsten Wochen beides werden: unwiderstehlich und ermüdend.

Die 1. Staffel von Succession feierte am 03.06.2018 auf HBO ihre Premiere, umfasst insgesamt zehn Episoden. In Deutschland ist die Serie seit dem 04.06.2018 bei Sky Ticket  im Originalton zu sehen. Die deutsche Erstausstrahlung erfolgte am 23.07.2018 bei Sky Atlantic. Als Grundlage für diesen Serien-Check diente die erste Episode.

Habt ihr auch schon einen Blick in Succession geworfen?

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News