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So war Ennio Morricone!

01.04.2015 - 16:08 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Ennio Morricone empfängt den ihm gebührenden Applaus
Marc Binninger
Ennio Morricone empfängt den ihm gebührenden Applaus
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Ennio Morricone, einer der wohl erfolgreichsten Komponisten, dirigiert live in der Frankfurter Festhalle. Als Weihnachtsgeschenk bekam ich von meinen Eltern 2 Karten für sein Konzert. Eine für mich, eine für Vati.

Mein Vater und ich erschienen eine knappe Stunde zu früh, sodass wir uns noch auf dem Messegelände umsehen konnten, ehe wir, in der Festhalle wartend, zehn Mal den Trailer zu „Titanic – mit Liveorchester!“ sehen durften. Wir saßen in der 4. Reihe, fast direkt vor Morricones Dirigentenstuhl. Der ideale Platz.

Um kurz nach 8 wurde es dunkel im Raum, nun leuchteten einzig die Scheinwerfer der Bühne. Nach und nach tauchten die Mitglieder des Orchesters auf, darunter knapp 50 Sängerinnen und Sänger. Und dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, trat er endlich ins Rampenlicht. Ennio Morricone war so, wie ich ihn mir immer vorgestellt hatte. Er war klein, wirkte gebrechlich, angespannt, leicht genervt, aber zugleich auch sichtlich gerührt von dem Applaus, der ihm schon zu Beginn entgegenschlug. Vereinzelte "Maestro-Schreie" machten sich im Raum bemerkbar. Er schritt langsam zu seinem Dirigentenstuhl. Es war mittlerweile mucksmäuschenstill im Saal. Er setzte sich, er erhob den Stock – und die wunderbaren Klänge von „Deborahs Theme“ aus Es war einmal in Amerika drangen an meine Ohren. Vor meinen Augen spielte sich der gesamte Film in Hochgeschwindigkeit ab. Der junge Noodles auf den Straßen mit seinen Freunden, der alte Noodles beim Besuch der Gräber, der Tanz Deborahs im Hinterzimmer des Gasthauses. Jede Szene nahm dank der Musik Gestalt von meinem Auge an, und nachdem Morricone sein Stück vollendete, und das Orchester wieder verstummte, hatte ich bereits Tränen in den Augen. Tränen der Freude.

Und so ging es weiter; erst einmal spielte man die Musik eines eher unbekannten Filmes, gefolgt von weiteren, mir unbekannten Melodien, ehe nach einer knappen halben Stunde die am heißesten erwarteten Musikstücke ertönten; das Thema der glorreichen Halunken, „Jill’s Theme“ aus Spiel mir das Lied vom Tod und ein Titel aus Todesmelodie. Und mit einem kraftvollen „Ecstacy of Gold“, bei dem der Boden regelrecht bebte, die Wände vibrierten, und die Ohren vor Lautstärke abzufallen drohten, endete die erste Hälfte. Das Publikum, mich eingeschlossen, war endlos begeistert. Standing Ovations in der ganzen Festhalle, es hielt niemanden mehr auf seinem Platze fest. Lautstarker Applaus für den 86-jährigen, der sich bei seiner Verbeugung am Pult stützt.

Die Musikstücke, die sich für die zweite Hälfte vom Konzert überlegt wurden, waren zwar um ein vielfaches unbekannter als die zu Beginn gespielten, doch qualitativ absolut gleichrangig. So spielte man ziemlich am Anfang das Thema des Filmes Der Profi, eine unglaublich emotionale Komposition, später dann die Titelmusik von den Unbestechlichen mit Sean Connery. Nach weiteren 45 Minuten war es dann vorbei. Donnernder Applaus, wieder Standing Ovations.

Die ausverkaufte (7.000) Festhalle

Morricone erhob sich ein weiteres Mal, verbeugte sich, ließ seinen Blick durch die Zuschauermengen schweifen, mit sichtlichen Tränen in den Augen. Er lächelte schwach, verschwand kurz, kam zurück und gab die gewünschte Zugabe, in Form des Stückes Chi Mai aus Der Profi. Wieder ohrenbetäubender Beifall, wieder Standing Ovations. Wieder verschwindet Ennio kurz, wieder kehrt er zurück. Und auch diesmal verwehrt er dem Publikum nicht die Zugabe. Diese Prozedur wiederholte sich noch knappe 3 Male, ehe das Konzert endgültig durch ein Ecstacy of Gold, bzw. einen auf einem Friedhof rennenden Eli Wallach, beendet wurde. Und auch nachdem Morricone die Bühne bereits verlassen hatte, schrie das Publikum immer noch lautstark: „Maestro, Maestro, Maestro!“.

Ennio sagt: "Arrivederci!"


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