Regisseur Dani Levy auf den Spuren Woody Allens

26.08.2010 - 08:49 Uhr
Das Leben ist zu lang
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Das Leben ist zu lang
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Diese Woche startet Das Leben ist zu lang von Dani Levy in den deutschen Kinos. Der Filmemacher begeisterte zuvor mit den Komödien Mein Führer und Alles auf Zucker das Publikum. Wir haben den 52-jährigen Schweizer im Interview.

Dani Levy bereichert bereits seit 1986 die deutsche Filmlandschaft. Der Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler hat sich vornehmlich auf Komödien spezialisiert. Seit seinem Debütfilm Du mich auch inszenierte der Schweizer unter anderem das Drama Väter, die Komödien Alles auf Zucker! und Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler. Besonders seine jüdischen Wurzeln lässt er gerne auch in seinen Filmen zum Vorschein kommen. Diese Woche startet nun seine neue Komödie Das Leben ist zu lang in den Kinos. Im Interview spricht Dani Levy über die die autobiographischen Züge, die Besetzung und die Bedeutung des Films.

Herr Levy, warum ist das Leben zu lang?
Dani Levy: Weil man zu viel Zeit vergeudet oder: weil man zu wenig Zeit vergeudet… Nein, das Leben ist natürlich nicht zu lang, aber es fühlt sich durchaus lang an. Es stimmt zwar, was die meisten Leute empfinden, dass die Jahre vorbeirauschen, wenn man auf die Zahlen schaut, auf die Tage, aber wenn ich mir zum Beispiel vorstelle, wie lange meine Kinder schon auf der Welt sind, mit denen ich jeden Tag bewusst erlebe, dann fühlt sich das beruhigend lange an.

Wenn man den Film gesehen hat, kommt man nicht umhin zu fragen, ob das ein autobiographischer Film ist. Wie viel Dani Levy steckt in Alfi Seliger?
Dani Levy: Ich glaube, der Film ist weniger autobiographisch als vielmehr persönlich. Das Drehbuch entstand aus der Sehnsucht, einen Film über einen Künstler, einen Filmemacher, über meine Liebe zum Film zu machen. Einen möglichst ehrlichen Film, so wie das François Truffaut, Federico Fellini, Woody Allen oder Pedro Almodóvar gemacht haben. Wahrscheinlich will sich jeder Filmemacher eines Tages mit dem auseinandersetzen, was er da sein ganzes Leben lang treibt. Ich wusste, es sollte eine Komödie werden. Nicht zwangsläufig über mich, aber inspiriert von meinen eigenen Erfahrungen und Fragen und vor allem auch von den Widerständen, auf die man stößt, wenn man eigenwillige Filme drehen will. Also auch ein Film über die Kunstform Film. Und die Fragen: Können Filme die Wahrheit sagen? Was ist Sein und Schein, was Realität und Illusion.

Ihr Hauptdarsteller Markus Hering ist eine echte Entdeckung. Wie haben Sie ihn gefunden?
Dani Levy: Wir haben lange und, ehrlich gesagt, ziemlich verzweifelt nach einem Schauspieler gesucht, der Alfi mit dem nötigen Witz, der nötigen Tragik und dem richtigen Timing spielen kann. Ein bissiger, kompromissloser Eigenbrödler. Plötzlich tauchte Markus im Film Whisky mit Wodka von Andreas Dresen auf. Wir haben uns getroffen, ich habe ihn nicht einmal ausprobiert, es war Liebe auf den ersten Blick. Es ist ziemlich selten, dass ein solches Leinwandgesicht, ein solcher Komiker erst mit 50 entdeckt wird. Markus ist seit knapp 20 Jahren an der Wiener Burg und in der Theaterszene längst eine feste Größe – aber fürs Kino hat ihn Andreas entdeckt.

Die Besetzungsliste liest sich extrem ungewöhnlich und sehr prominent.
Dani Levy: Die Besetzung war ein wichtiger Teil des Unterfangens. Ich hatte die Vorstellung, dass sich in der Besetzung das Thema des Filmes, Sein und Schein, widerspiegelt. Die Darsteller sollten ein Stück weit ihre eigene Rolle in dieser Welt ironisieren oder wiedergeben. Es hat sich schnell gezeigt, dass die meisten Schauspieler und Schauspielerinnen dazu große Lust hatten, ich bekam aber auch einige Absagen. Simone Bär hat es mit den Agenten geschafft, dass die meisten zum Casting kamen. Ich muss gestehen, dass ich Probeaufnahmen sehr mag. Man begegnet sich, kann sich gegenseitig ausprobieren, kann zusammen schauen, ob man den gleichen Geschmack, Humor und die gleiche Vision hat. Ich empfinde es als großes Geschenk, wenn auch bekannte Schauspieler zum Casting kommen, und gleichzeitig beweist es mir auch ein tieferes Verständnis von Professionalität. Beim Drehen war das ganze Ensemble ein echter Zirkus. Es liegen Welten zwischen Veronica Ferres und Udo Kier, dem Theatermann Hans Hollmann und Yvonne Catterfeld, Meret Becker und Elke Sommer, dazwischen meine Tochter und Kurt Krömer – aber irgendwie hat sich das wie selbstverständlich zu einem großen Ganzen gefügt. Ich hatte die gleiche Erfahrung schon bei Alles auf Zucker! und Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler gemacht, dass sich solche vermeintlichen Widersprüche in Komödien aufs Schönste vereinen lassen.

Wie kam es zur Besetzung Ihrer Tochter Hannah als Filmtochter von Alfi?
Dani Levy: Hannah hat mich lange gelöchert, sie wolle in einem Film von mir mitspielen. Ich habe es versucht abzuwenden, die Rolle sei älter und mieslaunig, aber sie hat sich nicht abbringen lassen. Daraufhin musste sie zum Casting kommen. Und siehe da, sie war die optimale Besetzung für die Romy. Ich war mir lange sehr unsicher, ob das gut geht, wenn meine Tochter die Tochter von Alfi Seliger spielt. Aber Hannah und Markus (Hering) hatten sofort eine intensive und völlig glaubwürdige Filmbeziehung.

Der Film hat viele Facetten, kleine Geschichten und eine ganze Menge Themen. Nicht zu
vergessen die zwei radikalen Wendungen, die die Handlung nimmt. Was ist für Sie das
Herzstück des Filmes?

Dani Levy: Auf der emotionalen Ebene ist es eine – für mich zumindest – berührende Familiengeschichte. Menschen, die sich gegenseitig lieben, leben in einem anstrengenden Alltag, Sie suchen ihr individuelles Glück und verlieren sich im Dschungel der Möglichkeiten. Die Familie ist vermutlich das anspruchsvollste Projekt in meinem Leben. Auf der philosophischen Ebene ist es die Frage der Schicksalhaftigkeit. Und ob wir in der Lage sind, eine zweite Chance im Leben, wie sie Alfi Seliger bekommt, zu erkennen. Wie bei der russischen Matrjoschka Puppe entblättert sich in Das Leben ist zu lang um die Filmrealität eine weitere, größere Realität. Und auch um diese Realität gibt es eine größere Realität. Wer weiß schon, was in unserem Leben echt ist und was nicht? Das Kino ist eine unglaubliche Erfindung. Es schafft eine künstliche Realität, die – manchmal zumindest – als real in unser Bewusstsein dringt. In einem guten Film kann ich alles um mich herum vergessen, ich erlebe die Geschichte wie einen eigenen Traum. Und trotzdem ist Film ein zutiefst handwerklicher und technischer Vorgang. Das ist doch verrückt…

Wo Ihr Euch Das Leben ist zu lang anschauen könnt, erfahrt Ihr in unserem Kinoprogramm.

Mit Material von X Film Verleih

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