Mueller-Stahl - Der Mann, der aus dem Osten kam

17.12.2010 - 08:50 Uhr
Armin Mueller-Stahl in Night On Earth
Pandora Filmproduktion
Armin Mueller-Stahl in Night On Earth
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Heute feiert Armin Mueller-Stahl seinen 80. Geburtstag. Er ist nicht nur ein Schauspieler, sondern in gewisser Weise ein Universalkünstler, der auch malt und musiziert.

Er ist jemand, der auszog, die Freiheit zu finden: Armin Mueller-Stahl, in Ost-Deutschland bei der DEFA mit Fünf Patronenhülsen, Nelken in Aspik oder Nackt unter Wölfen, und beim DDR-Fernsehen als NS-Emporkömmling in Wege übers Land oder Spion in Das unsichtbare Visier einer der wenigen Stars der DDR, war es Mitte der 1970er Jahre leid, sich mit dem sozialistischen Staat zu arrangieren. Er unterzeichnete die Biermann-Petition und verließ – nach fehlenden Rollenangeboten und staatlichen Sanktionen – 1980 das Land gen Westen. Dort kannte ihn niemand und eigentlich hätte wohl keiner erwartet, dass der damals 50-jährige Armin Mueller-Stahl wieder auf der großen Leinwand auftauchen würde.

Aber Armin Mueller-Stahl schafft es, er arbeitet für Rainer Werner Fassbinder, Herbert Achternbusch, Alexander Kluge und Hans-Christoph Blumenberg. Die Regisseure des neuen deutschen Films sind von dem Mann aus dem Osten begeistert und er trifft eine weise Entscheidung: Schmalspurige Fernsehrollen lehnt er ab, so auch jene, den Chef der Die Schwarzwaldklinik zu spielen. Dafür gibt er Filmemachern wie Andrzej Wajda, Patrice Chéreau, Costa-Gavras, Agnieszka Holland und István Szabó eine Chance und erarbeitet sich damit über das kleine Filmland Deutschland hinaus einen internationalen Namen. Mit der Rolle des nicht-englischsprechenden Taxifahrers Helmut Grokenberger in New York im Film Night on Earth vom Jim Jarmusch hat es der Schauspieler endgültig in Amerika geschafft.

Wer seine kleine, aber gewichtige Rolle in Night on Earth gesehen hat, dem wird aufgefallen sein, das Armin Mueller-Stahl genial besetzt ist. Er spielt einen aus Ostdeutschland stammenden Mann namens Helmut Grokenberger, der schlecht Englisch spricht, mit dem automatischen Getriebe eines Taxis nicht umgehen kann und sich in New York auch gar nicht auskennt. „Bist Du geflohen?“ „Nein, ich durfte gehen.“, heißt es im Dialog. Eigentlich ist er ein Zirkusclown, der sich rote Nasen aufsetzt und Flöten spielt. Und wir sehen als Zuschauer, dass der Mann – obwohl er so deplatziert an diesem Ort wirkt – schon zurechtkommen, seinen eigenen Weg in der neuen Welt finden wird.

So ist es auch Armin Mueller-Stahl ergangen. Eine Oscar-Nominierung für Shine – Der Weg ins Licht, den Adolf Grimme-Preis für seinen Thomas Mann in der brillanten TV-Serie Die Manns – Ein Jahrhundertroman, den Deutschen Filmpreis für sein Lebenswerk – er hat sich überall behaupten können, im Osten, im Westen, in Hollywood, im wiedervereinigten Deutschland. Und Armin Mueller-Stahl ist nicht nur Schauspieler, sondern in verschiedenen Künsten erfolgreich tätig. Seit 1963 tritt er mit eigenen Liedern auf; ihm werden Entertainer-Eigenschaften bescheinigt, er spielt brilliant Geige und Gitarre. Er arbeitet als Synchron- und Rundfunksprecher, veröffentlicht zahlreiche Bücher, unter anderem Romane und Liebesgeschichten, Tagebücher von seinen Dreharbeiten sowie Erinnerungsbücher. Außerdem malt er und stellt seine Werke auch aus.

Unsere Geburtstags-Gratulation gilt einem Künstler, der über seinen Tellerrand hinausschaut – politisch wie künstlerisch. Eigentlich ist er unser Mann in Hollywood, weil er zum dortigen Inventar gehört und es kein staunendes Blätter-Raunen gibt, wenn er in einem Film von David Cronenberg einen russischen Mafiaboss spielt. Er gehört da einfach hin, hat sich diese Freiheit erspielt. Happy Birthday, Armin!

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