Barry Jenkins ist ein außergewöhnlicher Filmemacher. 2019 begeisterte sein von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommener und melancholisch beschwingter Beale Street, zwei Jahre zuvor setzte er mit Moonlight ein Ausrufezeichen in Hollywood.
Ob das Drama über einen schwarzen Jungen aus Miami, der auf der Suche nach seiner sexuellen wie gesellschaftlichen Identität die Hürden des Lebens meistern muss, überhaupt so viel Aufmerksamkeit erregt hätte, hätte er die Oscars 2017 nicht so aufgewühlt? Gestern lief Moonlight ab 22:55 Uhr auf 3Sat und hier erfahrt ihr, warum der Film mehr ist als nur seine Oscar-Panne.
Moonlight: Eine der größten Oscar-Pannen
Moonlight gewann 2017 überraschend den Oscar als Bester Film. Grund für den Schock war allerdings auch, dass die Laudatoren Faye Dunaway und Warren Beatty aka Bonnie und Clyde schlicht die falschen Umschläge zugereicht bekamen und dummerweise La La Land als Gewinner verlasen. Der Rest ist Hollywood-Geschichte.
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Die Moonlight unfreiwillig schrieb. Über den Film selbst und seine Qualitäten wurde am Morgen danach nur selten gesprochen. Zu Unrecht: Barry Jenkins Coming-of-Age-Ballade war damals nämlich tatsächlich einer der besten Filme des Jahres.
Was Moonlight so besonders macht
Schon die Erzählstruktur ist ungewöhnlich. In drei Akten wird die Geschichte von Chiron erzählt, der ausgerechnet in den brutalen Ghettos von Miami seine Homosexualität entdeckt. Doch in jedem dieser zeitlich klar getrennten Abschnitte spielt ihn ein anderer Darsteller: Ashton Sanders, Alex R. Hibbert, Tre' Rhodes. Immer wieder zu sehen ist jedoch ein groß aufspielender Mahershala Ali, der für seinen Auftritt den Oscar als Bester Nebendarsteller erhielt - als erster Muslim wohlgemerkt.
Die Tragödie in Moonlight ist eine autobiographische: Regisseur und Autor Jenkins wuchs ebenfalls in Miami auf, im afroamerikanischen Problemviertel Liberty City. Auch Polizeigewalt und Rassenunruhen prägten diese auf sich gestellte Welt in den 1980er-Jahren. Mit diesem Hintergrund adaptierte er ein Theaterstück von Tarell McCraney.
- Mehr zum Film: Das Porträt von Barry Jenkins und seinen Filmen
Naomie Harris' Figur, die drogenabhängige Mutter von Chiron, kommt gar nicht gut weg. Auch sie beruht auf den Kindheitserinnerungen des Filmemachers. "Manchmal hatten wir kein heißes Wasser, manchmal ging das Telefon nicht. Der Junge in Moonlight", erzählt Jenkins, "bin ich." (via Die Zeit )
Alle lieben Moonlight
Die Presse war sich fast durchgehend einig, einen guten bis sehr guten Film gesehen zu haben. Allein 98% positive Bewertungen auf Rotten Tomatoes (ebenso auf Metacritic) belegen das. Gerade für die die Queer-Szene war Moonlight bedeutsam. LGTBQ-Magazine wie Attitude oder Gay Essential waren begeistert und resümierten:
Barry Jenkins' Drehbuch bezaubert durch seine Einfachheit und verlässt sich ganz darauf, die Geschichte durch Momente der Stille voranzutreiben.
Auch konservativere und alteingesessene Blätter wie Die Welt können sich der Faszination der hypnotischen Bilder nicht entziehen, schreiben von der "Anti-These" zum "nostalgisch verklärten" La La Land. Der Boston Globe spricht gar von einer "Offenbarung".
Für die zwei Stunden, die der Film dauert, fühlt sich Moonlight an wie der einzige Film, der je gemacht wurde.
Auch wenn Moonlight natürlich wichtig für das kulturelle Bewusstsein der Homosexuellen-Community war - Jenkins propagiert weder, noch fällt er Urteile. Sein Überraschungs-Oscar-Gewinner ist einfach nur ein starker Filmbeitrag, vor allem aber ein stiller. Selten setzte ein Werk so leise und zurückhaltend sein Denkmal.
Moonlight lief am heutigen 13. Februar 2020 um 22:55 Uhr auf 3Sat.
Habt ihr Moonlight gesehen und wenn ja, was haltet ihr vom dem Film?