Meg Ryan - Das Rollenvakuum einer Ex-Romantik-Ikone

19.11.2016 - 09:05 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Meg Ryan in Harry und Sally20th Century Fox
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Die einstige Niedlichkeits-Personifikation Meg Ryan wird 55 Jahre alt und ist ein Musterbeispiel für einen untergegangenen Hollywoodstar. Doch wie kam es dazu?

Es gab Zeiten, da war es bestimmt toll, Meg Ryan zu sein: der Ruf als Everybody's Darling, Dauerbeschäftigung vor der Kamera und dazu noch Gagen in zweistelliger Millionenhöhe. Wer heute in das Gesicht der Schauspielerin sieht, wird jedoch schnell feststellen, dass diese Zeiten lange zurückliegen. Das süße Babyface ist einem erstarrten Antlitz gewichen, das in den letzten Jahren vermutlich mehr Operationstische als Filmkameras zu Gesicht bekam.

Traurig ist dabei die Erkenntnis, für was diese Veränderung steht: Hollywood gibt und Hollywood nimmt. Heute gehörst du noch zu den schönsten und gefragtesten Darstellerinnen der Welt, morgen bist du als Frau schon zu alt für die Rollen, die deine Karriere überhaupt in Gang gebracht haben.

"Ich will genau das, was sie hatte."

Und doch ist die heutige Meg Ryan die gleiche Schauspielerin, die 1989 in Harry und Sally an der Seite von Billy Crystal einen derart unvergleichlichen Charme versprühte, dass sie dafür direkt eine Golden Globe-Nominierung einheimsen konnte. Nicht nur wegen der legendären Orgasmusszene blieb sie mit ihrer Darstellung zahlreichen Zuschauern und auch Regisseuren in Erinnerung, was den Beginn eines überaus erfolgreichen Jahrzehnts, der 1990er-Jahre, markierte.


In dieser Zeitspanne waren zwei Dinge praktisch untrennbar miteinander verbunden: Meg Ryan und Romantik. Die Schauspielerin wurde eine Art Sinnbild für Liebeskomödien und perfektionierte mit der Zeit den Rollentypus der hoffnungslos romantischen Frau. So konnte sie ihrem Drehpartner und guten Freund Tom Hanks gleich in drei Filmen (Joe gegen den Vulkan, Schlaflos in Seattle, e-m@il für Dich) den Kopf verdrehen. Für die letzten beiden Werke wurde Ryan ebenfalls für einen Golden Globe nominiert. Und nicht nur das. Sie und Hanks avancierten zum absoluten Traumpaar des Hollywood-Kinos, dessen ikonischer Status ihnen wohl nur vom Pretty Woman-Duo Julia Roberts und Richard Gere streitig gemacht wurde. Da war es auch im Nachhinein zu verkraften, dass ursprünglich Meg Ryan die Hauptrolle in Pretty Woman übernehmen sollte, diese jedoch ablehnte.

Im Gegensatz zu Meg Ryan muss sich ihr Lieblingsfilmpartner Tom Hanks allerdings wenig grämen, da er auch nach dieser Zeit bis heute äußerst erfolgreich als Darsteller unterwegs ist und sich auch außerhalb des Romanzen-Genres profilierte. Den Vorwurf, dass seine Kollegin das nicht probiert hätte, kann ihr jedoch nicht gemacht werden. Die "seriösen" Rollen gab es. Und Ryan konnte darin überzeugen, ob als drogensüchtige Lebensgefährtin des Rocksängers Jim Morrison in The Doors, als alkoholkranke Ehefrau und Mutter in When a Man Loves a Woman oder als Kampfhubschrauberpilotin in Mut zur Wahrheit.

Die Jahrtausendwende

Doch derartige Ambitionen blieben weitestgehend unbeachtet, weshalb sie das Image der niedlichen Romantikerin durch Filme wie I.Q. - Liebe ist relativ, French Kiss und Stadt der Engel weiter pflegen musste, um im Gespräch zu bleiben. Eine Tatsache, die sie jedoch anscheinend gerne akzeptierte, wie sie in einem Interview  zu der 2001er-Liebeskomödie Kate & Leopold meinte:

Offensichtlich sind Romantikkomödien mein Genre. Es macht mir nichts aus, das zu sagen, es ist wahr. Ich liebe es, sie zu drehen und werde sie hoffentlich immer machen. Ich fühle mich nicht speziell auf einen Typus festgelegt, weil ich so viele verschiedene Dinge tue. Ob sie gesehen werden oder nicht, ist ein anderes Thema.

Der Karrierebruch folgte schließlich mit Beginn des neuen Jahrtausends. Es lässt sich nur vermuten, ob sie sich aus Mangel an Engagements optisch verändern ließ oder ob es umgekehrt war. Schauspielerinnen gehen mit dem Erreichen des 40. Lebensjahres unterschiedlich um, während männliche Schauspieler sich darüber weitaus weniger Gedanken machen müssen, da Hollywood für sie immer noch andere Schönheitsregeln schreibt. Da nun für Meg Ryan auch die Liebesfilmrollen ausblieben, versuchte es die in Connecticut geborene Akteurin schließlich 2003 mit einem gnadenlosen Imagewechsel.

Meg Ryan in In the Cut

Die Betonung liegt hierbei allerdings auf "versuchte". So wirkte sie bei In the Cut in einem Film mit, der die Sicht auf sie als Schauspielerin entscheidend verändern sollte. Dies tat er auch. Jedoch lag dies nicht etwa an der Darstellung Ryans, sondern an der zu offensichtlichen Absicht, mit Nackt-, Masturbations- und Sexszenen schockieren zu wollen. Dass der Film für einen Erotikthriller weder erotisch noch spannend genug war, konnte Meg Ryan zwar nicht angelastet werden, ihr Abstieg vom gefeierten Kinostar zur unterbeschäftigten B-Film-Darstellerin war damit dennoch besiegelt.

Eine zweite Chance?

2008 meinte Meg Ryan in einem Interview , dass sie sich durch die mangelnde Beschäftigung als Darstellerin "sehr glücklich" und "sehr frei" fühle. Das Wort "traurig" wollte sie vermutlich nicht gebrauchen.

Für all ihre Fans bleibt aber die Hoffnung, dass ihr (weitgehend unbemerktes) Regiedebüt Ithaca von 2015 so etwas wie einen Neuanfang für die Schauspielerin darstellen könnte und Zeiten kommen, in denen es wieder toll ist, Meg Ryan zu sein. Dass sie für den Film zum mittlerweile vierten Mal mit Tom Hanks vor der Kamera agierte, muss ja nicht unbedingt ein schlechtes Omen sein. Daher verbleiben wir mit einem wehmütigen, aber hoffnungsvollen: Alles Gute, Meg!

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