Die DC-Serie Peacemaker ließ vor drei Jahren das MCU beschämt in der Ecke stehen. Mit bitterbösem Humor, rauer Gewalt und liebenswert-schrägen Figuren präsentierte sich die von James Gunn erschaffene Action-Comedy als erfrischendes Gegenmittel für Superheldenmüdigkeit.
Über drei Jahre und einen Franchise-Reboot später meldet sich John Cena als Peacemaker jetzt endlich zurück. Ab dem 22. August 2025 startet die 2. Staffel hierzulande bei RTL+ und nach den ersten fünf Folgen, die für diesen Serien-Check vorab geschaut wurden, kann ich verraten: Das Warten hat sich gelohnt.
Peacemaker wechselt in Staffel 2 in ein neues Superhelden-Universum
Das DC Extended Univere ist tot. Unter der Leitung von James Gunn und Peter Safran wurde ein neues DC-Universum aus der Taufe gehoben, das mit Creature Commandos im TV und mit Superman auf der großen Leinwand startete. Eine besondere Stellung nimmt darin die Peacemaker-Serie ein, die jetzt nachträglich in die Kontinuität des Superhelden-Neustarts integriert wird. Aber spielt das für Staffel 2 überhaupt eine Rolle? Jein.
Mit einem Hauch von Gaslighting macht Serienschöpfer James Gunn dort weiter, wo die Serie zuvor aufgehört hat. Eine "previously on"-Zusammenfassung zu Beginn von Staffel 2 erklärt die bisherige Handlung als DCU-Kanon und fälscht beiläufig unsere Erinnerung an das Ende der ersten Season. Erinnert ihr euch etwa nicht mehr an die Gastauftritte der Justice Gang?
Schaut hier den Trailer zu Peacemaker Staffel 2:
Peacemaker Staffel 2 ist bis auf kleine Cameos und Erwähnungen eine eigenständige und konsequente Serien-Fortführung, die Wissen über den Vorgänger voraussetzt. Nachdem Chris "Peacemaker" Smith und sein Team die Welt gerettet haben, ist das Leben der einzelnen Mitglieder festgefahren. Niemand möchte Peacemaker als Superheld akzeptieren, Emilia Harcourt (Jennifer Holland) steht auf der schwarzen Liste sämtlicher US-Behörden und Leota Adebayo (Danielle Brooks) versucht erfolglos eine Sicherheitsfirma aufzubauen, während Economos (Steve Agee) weiterhin lustlos für A.R.G.U.S. anheuert.
Die Regierungsorganisation hat nach Amanda Wallers Rauswurf allerdings einen neuen Chef: Rick Flag Sr. (Frank Grillo), der Peacemaker nach dem Mord an seinem Sohn rund um die Uhr überwachen lässt. Als Chris mal wieder das Dimensionsportal in seinem Schrank öffnet, dauert es nicht lange, bis bei A.R.G.U.S. alle Alarmglocken läuten. Nach der Dimensionsspalt-Katastrophe von Metropolis aus dem Superman-Kinofilm darf sich so ein Vorfall nicht wiederholen.
Während A.R.G.U.S. Team Peacemaker auf die Pelle rückt, wird Chris mit einer Was-wäre-wenn-Version seines Lebens konfrontiert. Denn seine interdimensionale Abstellkammer verbindet 100 unterschiedliche Universen und öffnet die Tür zu einer alternativen Realität, in der Peacemaker scheinbar alles erreicht hat, das Chris sich von Herzen wünscht. Nach einem fatalen Zusammenstoß mit seinem Doppelgänger muss sich Peacemaker entscheiden, welches der zwei Leben er in Zukunft führen will.
Garantiert nicht jugendfrei: Lohnt sich Peacemaker Staffel 2?
Wer die erste Season von Peacemaker mochte, wird auch mit Staffel 2 wieder großen Spaß haben. Die Drehbücher von James Gun vermischen erneut seinen typisch anarchisch-derben Humor mit einer großen Portion Herz für Außenseiter. Und sein Gespür für knallige Rock-Needledrops hat der neue DC-Meister auch nicht verloren. Trotzdem bewegt sich die DC-Serie mit den neuen Folgen in eine etwas andere, erwachsenere Richtung.
Das neue Tanzintro zu Foxy Shazams Oh Lord gibt die etwas ruhigere Marschrichtung für Staffel 2 gleich zu Beginn vor. Statt Non-Stop-Action und blutgetränkter Missionen liegt der Fokus stärker auf dem Seelenleben der Charaktere. Das Leben legt ihnen allesamt Steine in den Weg, um die besten Versionen ihrer selbst sein zu können. Einzige Ausnahme ist Adrian aka Vigilante (Freddie Stroma), der als unverändert liebenswerter Psychopath mit kindlicher Naivität durchs Leben streift und seinen Freunden mit Fun Facts zu Spinnen und Insekten auf den Geist geht.
Der intensivere Charakterfokus spiegelt sich auch in der Handlung wider, die (zumindest in den ersten 5 Folgen) Konflikte auf Figurenebene einer neuen großen Weltbedrohung bevorzugt. Ohne unmittelbare Gefahr fehlt es den neuen Folgen dadurch bisher an einem konkreten Ziel. Eine weitere Veränderung: Obwohl jede Episode mindestens ein krachendes Action-Setpiece und vereinzelt blutige Gore-Momente auffährt, ist Staffel 2 im direkten Vergleich etwas zahmer als zuvor.
Die Gewalt ist zwar weniger grenzüberschreitend, doch Peacemaker wird dadurch keinesfalls jugendfrei oder abgeschwächt. Mit Staffel 2 beweist James Gunn, dass nicht jedes Projekt des neuen DCU familienfreundliche Unterhaltung bieten muss. Gleich in der ersten Folge schüttet sich der depressive Peacemaker mit Alkohol und Koks zu, während in seiner Wohnung eine freizügige und pansexuelle Orgie veranstaltet wird. So nackt und lustvoll war queere Repräsentation bei DC und Marvel noch nie.
Die wahre Stärke von Peacemaker sind die Charaktere – und Eagly
Obwohl Staffel 2 im Kern eine Multiversums-Story erzählt, tappt sie glücklicherweise nicht in die bekannte Nostalgie-Falle und nutzt alternative Realitäten für ein selbstzufriedenes Schaulaufen der Cameos. Stattdessen liefert der Ausflug in die "beste Dimension aller Zeiten" spannende Einblicke in Peacemakers Innenleben und zwingt ihn dazu, sich mit seinen Traumata und tiefsten Wünschen auseinanderzusetzen. Und selbst, wenn James Gunn schließlich doch eine Figur des toten DCEU überraschend wiederbelebt, ist ihr Gastauftritt sinnvoll und essenziell mit der Story verbunden.
Das größte Highlight von Peacemaker ist und bleibt aber der kuschelige Weißkopfseeadler Eagly, der in einer der besten Actionszenen von Staffel 2 als Einvogelarmee gegen eine Schar von A.R.G.U.S. Agenten antreten darf. Diesmal bekommt er sogar einen eigenen Erzfeind in Form des schrulligen Adlerjägers Red St. Wild (Michael Rooker), der mit überdimensional langer Schrotflinte, kultureller Aneignung und etwas mystischem Hokuspokus auf eine bizarre Vogeljagd geht.
All die blutigen Eskapaden, derben Sprüche und herrlich bescheuerten Gags nützen nichts, wenn es der Serie an Herz fehlt. Aber davon hat Peacemaker mehr als genug. Wenn sich Chris und seine Freunde auf einem Hausdach zur Bierparty treffen oder Figuren einfach nur ihre Langeweile mit Bullshit-Dialogen ausfüllen, zeigt sich mal wieder die wahre Stärke von Peacemaker: Dieser Cast ist zwar abgefuckt, aber unverschämt liebenswert.
Die acht Folgen der 2. Staffel Peacemaker werden ab dem 22. August 2025 wöchentlich immer freitags bei RTL+ veröffentlicht. Grundlage für diesen Serien-Check sind ersten fünf Episoden.