Viele kennen ihn vor allem als Titelfigur im starbesetzten Monumentalwerk Spartacus. Tatsächlich kann aber kaum ein anderer Schauspieler auf eine so breite und vor allem lange Filmographie zurückblicken. Als Sohn von jüdischen Immigranten in Amsterdam, New York geboren, änderte er seinen Namen erst später von Izzy Demsky zu Kirk Douglas. Seine Karriere festigte sich mit Tough Guy-Rollen in Western oder Kriegsfilmen, in Wirklichkeit war der selbstgemachte Mann aber eher schüchtern, überlegt und musste sich zur Darstellung seiner intensiveren Figuren zwingen.
Die Urkraft an den Grenzen der Moral
Der Mann mit dem markanten Kinn war von Anfang an auch ein Mann mit markanten Charakterzügen und festen moralischen Standards. Kirk Douglas hatte schon früh kein Interesse daran, die Puppe der großen Studios zu sein und gründete nach seinen ersten Erfolgen mit den Melodrama Stadt der Illusionen und dem Film Noir Zwischen Frauen und Seilen 1955 Bryna Productions, eines der ersten Independentstudios. Mit diesem Studio und dem Anti-Kriegsfilm Wege zum Ruhm (1957) kam auch Stanley Kubrick endgültig auf die Beine, der mit Kirk Douglas später bei Spartacus (1960) zum zweiten Mal zusammenarbeiten und im Prozess die vorher geformte Freundschaft zerstören sollte.
Wege zum Ruhm ist einer derjenigen Filme, die moralische Werte in Frage stellen und die für Kirk Douglas zumindest gespieltes Temperament der ideale Nährboden sind. Aus kleinem Hause stammend und mit einem Theaterhintergrund war die amerikanische Filmikone immer daran interessiert, der üblichen Flachheit der Goldenen Ära Hollywoods auszuweichen. Als französischer Régiment Colonel Dax ist er ein hoffnungsloser Idealist, der am menschlichen Makel seiner Vorgesetzten zerbricht. Kein Wunder, dass der Film zumindest in Frankreich und Deutschland erst sehr viel später ausgestrahlt werden konnte.
Der für mich intensivste Film, der auch diese Seite von Kirk Douglas zum Vorschein bringt, ist Reporter des Satans (1951), der im Original weit weniger reißerisch Ace in the Hole heißt. Die Geschichte um einen Boulevard-Reporter, der die Rettung eines Minenarbeiters manipuliert, um seiner Karriere wieder einen Schub zu geben, bekam zur damaligen Zeit wenig Liebe. Im Laufe des Films steigert sich Douglas immer weiter in seinen Wahn, ist ständig verschwitzt, schreit panisch und schlägt wild um sich. Kurz vor dem Höhepunkt wirkt die Szenerie allein durch Kirk Douglas schuldbewusste Manie wie ein Albtraum, ohne eine einzige Setveränderung. Zerrieben zwischen Moral und Selbstsucht wird Kirk Douglas zum Antihelden, dessen Egoismus für den Zuschauer erschreckenderweise nachvollziehbar bleibt.
Ungewürdigtes Talent?
Eine seiner liebsten, aber anstrengensten Rollen war die des Vincent van Gogh in Vincent van Gogh – Ein Leben in Leidenschaft (1956), dessen innere Zerrissenheit er beeindruckend auf die Leinwand brachte und die ihm einen Golden Globe einbrachte. Im Wechselspiel mit Anthony Quinn als Paul Gaugin entfaltete sich die schwierige Freundschaft zwischen zwei Künstlern, für die Douglas Kollege einen Oscar erhielt. Kirk Douglas wurde dreimal wegen seiner Rollen in Zwischen Frauen und Seilen, Stadt der Illusionen und Vincent van Gogh – ein Leben in Leidenschaft für den Oscar nominiert, bekam ihn aber nie. Erst 1996 verlieh man ihm für seine Leistungen als moralische und kreative Triebkraft der Filmindustrie den Ehrenpreis der Academy.
In seiner Laufbahn war Kirk Douglas um eine gewisse Vielfalt bemüht, denn der Unterhaltungswert eines Films stand für ihn bei aller Liebe zur Kunstform im Vordergrund. So verstand er sich in 20.000 Meilen unter dem Meer und Archie und Harry – Sie können’s nicht lassen oder den Western Mit stahlharter Faust darauf, auch Comedy-Rollen auszufüllen. Im Western-Genre wurde Kirk Douglas außerdem zu einer Art Ikone, die zusammen mit Burt Lancaster ein festes, immer wiederkehrendes Gespann war in Filmen wie Zwei rechnen ab.
Das war nicht unpassend, denn beide Schauspieler waren außerdem unabhängige Produzenten, kamen gleichzeitig in Hollywood an und nahmen kein Blatt vor den Mund. Kirk Douglas ging sogar soweit, aus Ehrgefühl den Drehbuchautor von Spartacus, den Kommunisten Dalton Trumbo, in den Filmabspann aufzunehmen, was im Amerika des Kalten Krieges nicht ungefährlich war. Dieses Ereignis war einer der Faktoren, der zum Auflösen der Schwarzen Liste in Hollywood führte.
Und es geht immer noch weiter
Seine aufrechte Lebensweise scheint Kirk Douglas ein hohes Alter zu bescheren. Bis in die 80er-Jahre dauerte es, bevor er ein wenig kürzer trat und seinem Sohn Michael Douglas den Vortritt ließ. Zusammen mit diesem stand er 2003 für Es bleibt in der Familie vor der Kamera, einem Drama über eine dysfunktionale Familie. Seine letzten Auftritte hatte er im TV-Film Empire State Building Murders (2008) und in der Dokumentation Before I Forget (2010), in der sein Leben reflektiert wird. Wie zu hören ist präsentierte der zum Zeitpunkt 94-Jährige den Film im eigenen Kino selbst und legte eine ehrliche und witzige, wenn auch teils stotternde Performance hin. Die 100 wird er mit dieser Vitalität dann auch noch knacken.
Wir wünschen einen herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!