Henry Hübchen - ein charmantes Schlitzohr

20.02.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Henry Hübchen in Alles auf Zucker
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Henry Hübchen in Alles auf Zucker
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Heute feiert Henry Hübchen seinen 65. Geburtstag. Einige nennen ihn den Marcello Mastroianni aus Berlin, andere kennen ihn vom Fernsehen als Commissario Enrico, wieder andere durften ihn auf der Theaterbühne erleben. Wir gratulieren.

Henry Hübchen ist ein charmantes Schlitzohr … so jedenfalls kommt er in einigen seiner besten Filme rüber und wenn er heute seinen 65. Geburtstag feiert, dann bleibt uns neben den guten Glückwünschen zum Ehrentag nur zu sagen: Er ist ein grau meliertes charmantes Schlitzohr.

Wer den Schauspieler aus Alles auf Zucker! kennt, der kann dem nur zustimmen. Im Überraschungserfolg unter der Regie von Dani Levy spielt Henry Hübchen die Hauptrolle des Jackie Zucker, ein Ost-Berliner Zocker mit jüdischer Verwandtschaft. Um einer Erbschaft willen muß er sein vergessenes Judentum wieder aufleben lassen und eine siebentägige jüdische Totenwache halten. Gleichzeitig will er aber auch ein großes Billard-Turnier gewinnen. Welten prallen also aufeinander, als sein Bruder Samuel aus dem westlichen Frankfurt mit seinem ganzen Familienclan anrückt. Der Regisseur hat eine selbstironische Farce über das Jüdischsein im heutigen Deutschland gedreht. Ihr Erfolg beim Zuschauern und diversen Jurys – unter anderem wird sie mehrfache Gewinnerin des Deutschen Filmpreises – ist auch ein Verdienst von Henry Hübchen, ohne dessen Charme, Unverschämtheit und Berliner Schnauze der Film halb so witzig wäre.

Auch in der Tragikomödie Whisky mit Wodka von Andreas Dresen legt ihm Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase einige unvergesslichen Worte in den Mund. Hier verkörpert er einen berühmten Schaupieler, dessen Leben durch seinen Alkoholismus aus den Fugen gerät. Gleich zwei Frauen erliegen seinen Charme und es genau dieser, der seine Filmkarriere von Beginn an begleitet. Seit Mitte der 70er Jahre ist er auf der Leinwand zu sehen, im Osten. Anfangs als jugendlicher Liebhaber und hitziger Raubauke hat er sich zu einem der wandlungsfähigen Darsteller des Landes entwickelt, wobei das Spektrum seiner Rollen besonders groß ist: grotesk-komische Figuren gehören ebenso dazu wie Rollen abgründig psychopathischer Personen.

Dabei sah es gar nicht so aus, als würde Henry Hübchen Schauspieler werden. Geboren in Berlin, aufgewachen im Ostteil der Stadt, studiert er nach seinem Abitur Physik, ist Mitglied einer Band und schreibt Songs auch für andere, unter anderem für “City” den Klassiker “Casablanca”. Sein großes Hobby ist das Windsurfen (damals unter dem Namen Brettsegeln bekannt), mehrmals wird er DDR-Meister in der Disziplin. Aber dann entscheidet sich Henry Hübchen doch für die Schauspielerei. Auf der Theaterbühne (besonders der Berliner Volksbühne) wird er eine feste Größe. Seine erste wichtige Rolle vor der Kamera erhält Henry Hübchen von Frank Beyer in dessen Oscar-nominierten Film Jakob, der Lügner. Der Schauspieler mimt Mischa, einen jungen Juden im Warschauer Ghetto, der seine Frau Rosa schützen will, es aber nicht vermag. Wie seine Nachbarn wird er auf den letzten Transport Richtung Auschwitz gehen. Bereits hier agiert Henry Hübchen in einer ihm ganz eigenen Mixtur: eine romantische angelegte Figur, die trotz des Wissens um die Wahrheit, die Hoffnung nicht aufgibt.

Auch im wiedervereinigten Deutschland macht sich Henry Hübchen schlagartig einen Namen durch seine Rolle des Vater Ehrenreich in Sonnenallee von Leander Haußmann. An der Seite von Katharina Thalbach spielt er den liebenswerten Hausmann, im weißen, doppelgerippten Unterhemd, der per trickreicher Eingabe ein heißbegehrtes Telefon für die Familie organisiert, aber mit dem modernen Tisch im DDR-Ambiente nicht klar kommt. Witzig, zwischen schwarzem und plakativem Humor pendelnd, tragen die Szenen mit den zwei gestandenen Darstellern zum Erfolg des Films bei.

Unsere Gratulation zum 65.

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