Grässliche Quälerei mit Disney+: Das Ende paradiesischer Verhältnisse

16.11.2019 - 11:00 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
Disney+ wird aus Marvel- und Star Wars-Serien bestehen
Disney/Netflix
Disney+ wird aus Marvel- und Star Wars-Serien bestehen
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Disney+ startet ohne Deutschland. Hier schauten vor allem Star Wars-Fans dumm aus der Wäsche. Die Probleme fangen damit aber erst an.

Wir waren am Dienstag, als Disney+ anlief, wieder kurz im dunklen Jahr 2013. Mit Breaking Bad, The Walking Dead und Game of Thrones florierte der Serienmarkt von den Vereinigten Staaten aus. Deutschland schaute aber nur zu.

Oder auch nicht. Die deutsche Erstausstrahlung des Finales von Breaking Bad zum Beispiel fand 2 Monate nach der Premiere im Jahr 2013 statt. Das illegale Streamen von Serien war nie beliebter als in dieser wilden Übergangszeit.

Diese Woche wurde die erste Episode von The Mandalorian wohl tausendfach unter der Ladentheke des Internets gehandelt. Sie ist nur bei Disney+ abrufbar und damit nur in einer Handvoll Staaten: Die USA, Puerto Rico, Kanada, Australien und die Niederlande liegen an günstig abgesteckten Punkten verteilt auf dem Globus.

Wer Mandalorian sehen will, muss illegal streamen

Ein Kritiker der Zeit  drückte sich in seinem Artikel über die erste Star Wars-Live-Action-Serie verschämt um die Erklärung seiner Quelle. Da wird einem fast warm ums Herz: Es ist wieder Wilder Westen in der Serien-Welt. Serienepisoden sind ein wertvolles Gut, von Bingen kann überhaupt keine Rede sein. Das ist irgendwie schön, einerseits.

Andererseits wird, wer jetzt sofort die erste Folge Mandalorian (mit ihrer großen Überraschung) sehen will, in die Illegalität getrieben. Oder muss eben verzichten, was wiederum für einen Star Wars-Fan undenkbar ist.

Star Wars wird zum Lockmittel

So oder so lastet uns Disney+ eine unnötige, grässliche Quälerei auf. Das mag zunächst logistische Gründe gehabt haben. Disney+ gleichzeitig auf dem ganzen Planeten Kunden zugänglich zu machen, war wohl ein Ding der Unmöglichkeit.

Allein beim überschaubaren Start in den USA schlugen sich Kunden oder solche, die es werden wollten, mit technischen Problemen rum. Vielleicht wäre das Internet unter der Datenlast weltweit millionenfach gestreamter Bambi-Filme einfach zusammengebrochen. 10 Millionen Menschen sollen sich in den ersten Stunden bei Disney+ angemeldet haben.

Netflix und sonst nichts? Die schöne Streaming-Zeit ist vorbei

Die Quälerei wird aber mit dem Deutschland-Start von Disney+ nicht enden. Dann geht es erst richtig los. Das Mandalorian-Problem ist nur ein Vorgeschmack auf die neue, komplizierte Streaming-Welt.

Die Streaming-Dienste erleichterten das Leben von Serienfans enorm, sie formten die moderne, häufig maßlose Konsumkultur. Sie synchronisierten das Erleben seriellen Erzählens, schafften neue kulturelle Zugänge. Auf die nächste Folge The Walking Dead bei Sky warten wir kaum 24 Stunden nach der Original-Ausstrahlung. Wir sehen längst nicht alles simultan, aber fast.

Der begrenzte Start von Disney+ zeigt, dass die Ausbreitung des Streaming-Marktes nicht zwangsläufig zugunsten des Endverbrauchers, des Film- und Serienfans, läuft. Die schönen Zeiten sind endgültig vorbei.

Mit Disney+ geht es los: Streaming 2.0 fordert Opfer

Jetzt verrenken wir für ein paar Monate neidvoll unseren Hals Richtung Niederlande. Doch diese Art des Ausschlusses wird die Regel. Wollen Studios die Exklusivität ihres Streaming-Dienstes hervorheben, müssen am Ende eben auch ein paar Zuschauer Zaungäste bleiben. Nur über Aus- und Abgrenzung kommt ja jene erwünschte Exklusivität zustande, die die Streaming-Dienste 2.0 anstreben.

Im Zeitalter des markenbasierten Streamings schließen Disney und Warner ihre Filmschätze ein. Gerade Disney entwickelt einen bedenklichen Beschützerinstinkt. Alte 20th Century Fox-Klassiker, die Disney nach dem Kauf des Traditionsstudios gehören, sollen wohl als Anreiz für ein Plus-Abonnement dienen, schreibt Vulture . Das erschwert die Wiederaufführungen von Klassikern wie Alien in Kinos, wie sie gang und gäbe sind.

Streamen können wir das alles dann noch, aber eben nur mit einem Abonnement. Und wer will (und kann) schon alles abonnieren, was dann künftig auf dem Markt rumschwimmt? Wir werden unsere Dienste selektieren oder rotieren müssen. Wir werden hier und da verzichten müssen. Unser Gejammer über The Mandalorian ist nur ein erster Ausblick auf die permanente Verschlechterung der aktuellen paradiesischen Verhältnisse.

Lohnt sich Apple TV+? Hört die neue Podcast-Folge:

Andrea, Max und Patrick knöpfen sich in der 4. Folge unseres Moviepilot-Podcasts Streamgestöber den neuen Streaming-Dienst Apple TV+ vor. Von Jason Momoa bis Jennifer Aniston sind bei den Serien die großen Namen Hollywoods vertreten, aber lohnt es sich auch reinzuschauen?

Update: In einer früheren Version hieß es, Sky zeigt die neuen Folgen von Watchmen bereits 24 Stunden nach der Original-Ausstrahlung. Der Zeitraum umfasst allerdings mehrere Tage. Die Textstelle wurde angepasst.

Wie bewertet ihr die Entwicklung auf dem Streaming-Markt?

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