David Lynch - Genie und Wahnsinn?

20.01.2011 - 12:00 Uhr
Definitiv außergewöhnlich: Filmemacher David Lynch
Parzanka
Definitiv außergewöhnlich: Filmemacher David Lynch
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Anlässlich seines 65. Geburtstags schauen wir mit euch auf den Künstler, Schreckensvisionär & Filmpsychiater David Lynch und seine verstörendenen, bizarren Werke, die einer eigenen Welt entspringen und mit konventionellem Filmemachen wenig zu tun haben.

Es gibt nur zwei Sorten von Menschen: Diejenigen, die seine Filme lieben und diejenigen, die sie hassen. Der 1946 in Montana geborene David Lynch polarisiert seit den Anfängen seines filmischen Schaffens. David Lynch war nie ein normaler Filmemacher. An der Pennsylvania Academy of the Fine Arts widmete er sich vordergründig der Malerei und Fotografie. 1970 ging er an das American Film Institute, bis er sieben Jahre später mit seinem Spielfilmdebüt Eraserhead national Aufmerksamkeit erlangte. Der Film fand bei den Studios kaum Anklang, da seine verstörende Horrorvision zu speziell war.

Im Auftrag von Mel Brooks inszenierte er 1980 das achtfach oscarnominierte Der Elefantenmensch. Daraufhin bekam er etliche Angebote, unter anderem auch für den dritten Film der Starwars-Trilogie (!). Zwei Jahre später gelang David Lynch 1986 mit Blue Velvet der endgültige internationale Durchbruch. Ob als Regisseur, Produzent, Drehbuchautor, Darsteller, Komponist, Maler oder Fotograf: David Lynch ist ein Unikat, einfach unverwechselbar. Neben seiner Karriere setzt er sich seit langem für die Praktiken der transzendentalen Meditation ein. Sein Ziel ist die Gründung von Universitäten, in denen Studenten die Möglichkeiten haben, mithilfe des Studiums der Meditation ihr Bewusstsein zu fördern.

David Lynch ist in allen Belangen anders – und das ist gut so. Und so beurteilt ihr Moviepiloten die filmischen Inszenierungen und Geschichte des preisgekrönten, verehrten und gehassten Regisseurs:

Platz 1: Blue Velvet
Kritiker: 8.4
Community: 7.7
2490 Bewertungen

Dank der Kritikerbewertung erobert der moderne Film noir den ersten Platz. Der einst kontrovers diskutierte Thriller ist schon längst zum Kultfilm avanciert. Schon Anfang der 70er Jahre schrieb David Lynch die erste gelungene Version des Drehbuchs, doch erst Dank seines Erfolges war ihm die Realisierung des Stoffes vergönnt. Zum Glück.

Platz 2: Lost Highway
Kritiker: 8.2
Community: 7.7
3215 Bewertungen

Die Kritiker nennen den verstörenden Mix aus Psychothriller, Horror und Film Noir ein Meisterwerk. Die Fans von Blue Velvet konnten über einen wahren David Lynch staunen und rätseln. Die Kombination aus Bild- und Musikkomposition, die dichte Handlung sowie die verwirrende Dramaturgie machen Lost Highway zu einer Achterbahnfahrt, die an den Kinokassen weltweit allerdings lediglich 8 Millionen Dollar einspielte. Ihr habt mehr für den Film übrig, er landet auf Platz 2.

Platz 3: Eine wahre Geschichte – The Straight Story
Kritiker: 7.9
Community: 7.7
1404 Bewertungen

Mit diesem Filmdrama widmete sich David Lynch einer wahren Begebenheit. Das ungewöhnliche Roadmovie über eine Reise durch Amerika mithilfe eines Rasenmähers gehört zu den weitaus verdaulicheren Filmen des Regisseurs. Nicht umsonst nahm Disney das Werk in den Verleih. Die Erlebnisse des Rentners Alvin Straight bebildert David Lynch gekonnt und kreativ. Er schuf ein hoch gelobtes Werk, das von den Moviepiloten ebenfalls mit einer guten Bewertung geehrt wird.

Platz 4: Eraserhead
Kritiker: 7.9
Community: 7.5
890 Bewertungen

Das Spielfilmdebüt von David Lynch erzielte trotz gerade einmal 20.000 Dollar Produktionskosten beim Publikum eine unfassbar verstörende Wirkung. 5 Jahre dauerte die Produktionszeit aufgrund der finanziellen Mängel. Doch die Geduld und das Durchhaltevermögen rentierten sich. Mel Brooks erkannte die Fähigkeiten von David Lynch und übertrug ihm die Arbeit an Der Elefantenmensch.

Platz 5: Wild at Heart
Kritiker: 7.2
Community: 7.5
1358 Bewertungen

“Eine mit gewaltigem Bild-, Ton- und Musikaufwand opernhaft inszenierte Mischung aus “amour fou”, Gangstergeschichte und Roadmovie, die aus einer ironischen Märchenhaltung heraus die schrecklichen und widerwärtigen Seiten des Lebens schlaglichtartig erhellt, aber auch nachhaltig humane Werte und die Schönheiten des Daseins beschwört. Eine nicht selten geschmacklose Collage, die zugleich aber als verdichtete Momentaufnahme gegenwartsbezogener Realitäts- und Weltbetrachtung verstanden werden kann." So urteilte das Lexikon des internationalen Films über den fünften Film unter der Regie des David Lynch. Ich vermag es nicht besser auszudrücken.

Platz 6: Mulholland Drive
Kritiker: 7.8
Community: 7.4
5414 Bewertungen

Aus der einstigen Serien-Idee entwickelte David Lynch 2001 ein mysteriöses Drama. Die nicht klar nachzuvollziehende Auflösung der Geschichte ist typisch für den Regisseur. Wenige Filme lösten solch eine Interpretationsdebatte aus. Für Mulholland Drive gewann David Lynch den Regiepreis in Cannes. Bei euch reicht es trotz recht guter Durchschnittsbewertung nur für Rang 6 – ein Indiz dafür, dass der Filmemacher bei euch hoch im Kurs steht.

Platz 7: Der Elefantenmensch
Kritiker: 7.9
Community: 7.3
2678 Bewertungen

Achtfach oscarnominiert gewann der Schwarzweißfilm über die wahre Geschichte des Elefantenmannes John Merrick letztendlich keinen der Goldjungen. Schon mit seinem zweiten Spielfilm bewies David Lynch, die Zuschauer auf eine emotionale, schwierige Reise mitnehmen zu können. Ein so aufwühlender wie erstklassiger Film.

Platz 8: Inland Empire
Kritiker: 6.1
Community: 6.6
602 Bewertungen

Mit weitaus schlechteren Bewertungen abgeschlagen auf dem letzte Platz findet sich der letzte Kinofilm von David Lynch wieder. Er selbst sieht in dem Film einen Pendant zu Mulholland Drive. Die verwirrende Handlung bestätigt der Regisseur selbst, indem er sagt, jeder müsse selbst für sich herausfinden, wovon der Film handle. Typisch.

Um David Lynch zu verstehen – falls das überhaupt der eigene, herausfordernde Anspruch ist – muss man den Menschen dahinter verstehen. Als Künstler durch und durch, der nie Wert auf den kommerziellen Erfolg seiner Filme legte – zeigt er uns die Welt aus einem vollkommen anderen Blickwinkel, stellt Konventionen und Geschmack in Frage und thematisiert die dunkelsten Gefilde der Psyche und des Unterbewusstseins. Erzählnormen werden aufgebrochen und der Zuschauer regelrecht zum Nachdenken gezwungen – auch wenn dieser Vorgang nicht selten im Nichts endet. Spätestens seit David Lynch ist klar: Ich weiß, dass ich nichts weiß.

Was halter ihr von David Lynch und seinen Filmen? Entsprechen die Platzierungen eurer eigenen Meinung?

Weitere Texte in unserem kleinen Special zum 65. Geburtstag von David Lynch:
- Wild at Heart – Der Zauberer von Oz in der Hölle
- Poesie & Seelenfrieden – David Lynchs andere Seite
- David Lynch – (m)ein filmischer Würgereflex
- David Lynch ist schuld, dass ich bei moviepilot bin

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