Dark Phoenix - Die X-Men verdienen ein besseres Endgame

09.06.2019 - 11:05 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
X-Men: Dark PhoenixWalt Disney
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Die X-Men-Reihe setzte sich bislang mit erwachseneren Themen angenehm vom MCU ab. Ausgerechnet das große Finale Dark Phoenix hat aber nichts mehr zu sagen.

Globale Erwärmung, Entwaldung, Überfischung. Dabei ist die wahre Ausschöpfung der Erde ihre ständige Retterei. Auch beim neuen X-Men-Film wird unser blauer Planet wieder mal durch Superhelden vor dem Untergang bewahrt, zumindest erzählerisch eine Quelle, die kurz vor dem Versiegen liegt. Den Chefs ist das offenbar bewusst, so auserzählt präsentiert sich X-Men: Dark Phoenix auf der Leinwand.

Mit der Phrase “Ein Satz mit X, das war wohl nix” ausgerechnet einen X-Men-Titel zu charakterisieren, zeugt nun wirklich nicht von Originalität. Beim neuen Ableger steckt das "nix" passenderweise aber schon im Titel. Nix ist Dark PhoeNIX bei aller Fairness zwar nicht, allerdings eben auch nicht besonders viel.

Warum X-Men: Dark Phoenix enttäuscht

  • Der 12. X-Men-Film führt die Reihe nicht zu dem Ende, das sie verdient hätte.
  • Die Tiefe der früheren Filme fehlt und die Dialoge wirken wie Blaupausen.
  • Gegenüber Avengers 4: Endgame ist Dark Phoenix in allen Kategorien der schlechtere Film.

Die halbe Welt spricht über das MCU, ein gewisses Superhelden-Universum besteht aber schon weitaus länger. Ohne die X-Men gäbe es die milliardenschweren Avengers wohl nicht einmal. Ironie des Schicksals, dass Walt Disney unter jüngst eingekauftem Franchise direkt den Schlussstrich setzt. Dark Phoenix wirkt, gemessen an seinen Verschiebungen und der Fox-Übernahme, wie bloße Pflichterfüllung, also wie Brot vom Vortag.

Willkommen auf der Beerdigung von X-Men

Simon Kinbergs filmisches Regiedebüt (der Produzent der Marke schrieb für einige Teile die Drehbücher) bietet noch weniger Substanz als der nicht gerade doppelbödige Vorgänger Apocalypse. Das Besondere und Unverbrauchte vergangener Tage wird vermisst.

Der Ensemblefilm scheitert zudem, einen erinnerungswürdigen Schlussakkord wie beim Endspiel der Avengers zu setzen. Das MCU-Spektakel hat zwar auch nicht sonderlich viel zu erzählen, belohnt seine langjährigen Fans aber nicht nur mit übersättigten Schlacht-Kompositionen, sondern vor allem mit Emotionen und Menschlichkeit.

Der Vergleich mag unangebracht erscheinen, grenzte sich X-Men ja bislang so erfreulich vom sonstigen Marvel-Einheitsbrei mit eigenständigen Akzenten ab. Schon die allererste Szene des 2000er-Debüt-Werks im Konzentrationslager stellte klar, dass vor politischen und schwierigen Themen nicht zurückgeschreckt wird. X-Men nun mit einer intellektuellen Gesellschaftsstudie gleichzusetzen, wäre zwar in etwa wie den VSG Altglienicke in der Champions League antreten zu lassen - im Superheldengenre hatte diese Reihe aber als so ziemlich einzige immer etwas zu sagen. Dark Phoenix nicht.

X-Men: Tiefgang ist Vergangenheit

Seitdem mit Erste Entscheidung dem Franchise ein neuer Anstrich verpasst und all die Patrick Stewarts und Ian McKellens einer Verjüngungskur unterzogen wurden, versahen die Autoren die an sich eher formelhaften Geschichten mit spannenden Zeit-Ideen. Die jüngsten drei Hauptwerke spielen somit in einer ganz spezifischen Dekade und greifen deren Zeitgeist stets virtuos auf. Stichwort: das Wasserbett im Meisterwerk Zukunft ist Vergangenheit.

Jennifer Lawrence spielt als Mystique übrigens kaum eine Rolle

Dass Dark Phoenix nun in den 1990er-Jahren angesiedelt ist, nimmt der Zuschauer nur aufgrund einer kleinen Texttafel wahr, sonst geraten Raum und Zeit austauschbar. Und wenn die einst ausgegrenzten Mutanten nun als Superhelden gefeiert werden, welchen Wert nehmen diese dann noch ein? Fragen wie diese werden nicht mehr gestellt, dabei gelang das selbst einem Der letzte Widerstand besser mit der Problematik, ob Mutationen einer Heilung bedürfen. Und das bei zehn Minuten weniger Laufzeit.

Schon damals wollte man mit der Comic-Vorlage um Jean Greys Schicksal eine X-Men-Trilogie abschließen. 2006 hatte der Dark Phoenix-Plot genau unter diesem thematischen Gewicht zu leiden. Kinberg bemüht sich merklich, den von den Anhängern deshalb so verschmähten (und übrigens von ihm mit verantworteten) Film wiedergutzumachen.

Diesmal geht die Adaption glatter von der Hand, aber eben auch stark vereinfacht und ohne Tiefe. So sind es gerade Kinbergs merkwürdig einsilbig geschriebene Dialoge, die derart spartanisch und idiotensicher von den Lippen der Protagonisten gehen, dass selbst ein Captain Marvel-Drehbuch dagegen wie eloquente Prosa anmutet.

Sophie Turner als Jean Grey

Auch wenn noch das Spin-off New Mutants vor der Tür steht - sollte es überhaupt je seinen Weg in die Kinos finden - markiert Dark Phoenix den Abschied der zur Jahrtausendwende gestarteten Reihe. Disney wird die frisch einverleibte X-Men-Lizenz wohl neu interpretieren und für das MCU anpassen.

Nach einigen Nachdrehs, samt Anpassung des Endes, erreicht Dark Phoenix nun mit fast einem Jahr Verspätung die Leinwand und das merkt man ihm auch an.

Game of Thrones lässt grüßen

Achtung, Spoiler (!): Zwar macht das Resultat einen strukturierten Eindruck, doch zugleich ist die Erzählung arg gestrafft und erinnert mit seiner Hektik mitunter an das künstlich beschleunigte Game of Thrones-Finale. Beide Formate teilen sich sogar eine Darstellerin: Sophie Turner wird in Dark Phoenix der zentrale Part zuteil, ihre Rolle der früher von Famke Janssen verkörperten Jean Grey verschreibt sich jedoch innerhalb weniger Minuten der dunklen Seite. Daenerys Targaryen wäre stolz auf sie.

Wie Regisseur und Autor Kinberg die Figur entwickelt, ist wenig überzeugend. Nach gut zwei Dritteln kapituliert das Drehbuch dann endgültig und gibt sich einer übersichtlichen, aber eben auch langweiligen Kampfsequenz hin, ehe dem Plot und zugleich einer ganzen Saga abrupt ein jähes Ende bereitet werden.

Man wird das Gefühl nicht los, die Verantwortlichen wollten unter der Aufsicht von Disney dieses Sorgenkind möglichst schnell von der Liste streichen. Die Zukunftspläne der X-Men im MCU sind unlängst bekannt, Dark Phoenix ist der große Verlierer dieser Umstrukturierung.

X-Men: Dark Phoenix läuft seit dem 06.06.2019 bundesweit in den Kinos.

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