Beste Regisseure aller Zeiten - Platz 5: Krzysztof Kieslowski

27.05.2017 - 08:50 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Der beste Regisseur aller Zeiten - Platz 5: Krzysztof Kieslowski
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Der beste Regisseur aller Zeiten - Platz 5: Krzysztof Kieslowski
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Ihr habt mit euren Bewertungen den polnischen Filmemacher Krzysztof Kieslowski auf Platz 5 der Regisseurs-Bestenliste gepackt. Wir stellen euch kurz seine Filmografie vor.

Abstrakte Themen und Ideen funktionieren selten im Kino; der Zuschauer braucht Geschichten, in den meisten Fällen konkrete. Krzysztof Kieslowski ist dahingehend eine Ausnahme. Er arbeitete sich an universellen Themen ab, die als Ideen über Jahrhunderte Massen bewegten: die Zehn Gebote und die Maxime der Französischen Revolution. Er stellte sie in den 1990er Jahren auf den moralischen Prüfstand, in einer Gesellschaft, die sich zunehmend individualisierte und der die moralischen Maßstäbe abhanden kamen. Zugleich ist der polnische Filmemacher so gar keine Ausnahme, denn er lieferte uns zu den abstrakten Themen konkrete Geschichten mit Menschen von nebenan. Wunderbare Filme sind dabei herausgekommen, die ihr derart schätzt, dass Krzysztof Kieslowski mit einer Durchschnittsbewertung von 7,535 auf Platz 5 eurer besten Regisseure landete. Ihr seid damit dicht am Kanon, denn der polnische Filmemacher gilt als einer der "letzten großen Metaphysiker des europäischen Kinos" (Andreas Kilb ), der uns über das "Fundamentale des Menschseins" (Georg Seeßlen ) nachdenken lässt.

Angefangen hat bei Krzysztof Kieslowski alles mit dem Dokumentarfilm. Nach seinem Studium im polnischen Lodz, wo auch spätere Erfolgsregisseure wie Roman Polanski, Andrzej Wajda, Jerzy Skolimowski und Krzysztof Zanussi erste Filmübungen ablieferten, konzentrierte er sich auf dieses Genre. Mit der polnischen Regierung kam es deswegen immer wieder zu Schwierigkeiten, weil der Filmemacher nicht die Augen verschloss gegenüber den politische Problemen in seinem Land. Ende der 1980er Jahre gab es grünes Licht vom polnischen Fernsehen und Geld aus Westeuropa für sein fiktionales Fernsehprojekt Dekalog. Die Episoden sind inspiriert von den biblischen Zehn Geboten, zeigen Menschen eines Warschauer Hochhauskomplexes und deren Leidenschaften, Liebe, Tod, Eifersucht, Gier. Dabei werden die Gebote nicht illustriert, sondern auf ihre moralische Haltbarkeit überprüft.

Ein hervorragender Einstieg in die Filmografie ist Ein kurzer Film über die Liebe, den ihr auch als besten des Regisseurs bewertet: 7,964 stehen zu Buche. Ein kurzer Film über das Töten ist dagegen jener, der beim Filmfestival in Cannes schockierte (und ausgezeichnet wurde). Kieslowski zeigt zwei Morde: der eine unbeholfen, illegal und erschütternd, der andere präzise, legal und teilnahmslos. Dabei geht der Filmemacher bis an die Grenzen der Erträglichkeit, konfrontiert den Zuschauer direkt und schonungslos mit seiner stilistischen Kompromisslosigkeit, die ihn einzigartig macht.

Die zwei Leben der Veronika

Nach der Fertigstellung des Dekalogs arbeitet Krzysztof Kieslowski in Frankreich. Dort vollendet er seinen Film Die zwei Leben der Veronika (1991). Die weibliche Hauptfigur besteht aus zwei Menschen - Weronika und Veronique, die in Krakau und Paris leben, sich nicht kennen und trotzdem eng miteinander verbunden sind. Eine klassische Doppelgängergeschichte, schon mehrfach im Kino erzählt. Aber Kieslowski thematisiert Schein und Sein, Sinnliches und Metaphysisches, Zufall und Schicksal. Dabei entschlüsselt er nicht das Geheimnis, präsentiert keine Antworten, sondern lässt den Zuschauer am Ungewissen teilhaben. Kongenial transportieren Komponist Zbigniew Preisner und Kameramann Slawomir Idziak das Seelenleben der Charaktere an die Oberfläche.

In seiner Farben-Trilogie (1993/1994) setzt sich Kieslowski mit den durch die Trikolore symbolisierten Werten der Französischen Revolution auseinander: Freiheit (Blau), Gleichheit (Weiß) und Brüderlichkeit (Rot). Wer jetzt an Historien- und/oder Kostümfilm denkt, liegt definitiv falsch. Vielmehr werden die Ideale der Revolution zu Koordinaten, um ihre Aktualität zu überprüfen. Drei Farben - Blau (1993) erzählt weniger von der politische Freiheit, sondern vielmehr von der Chance eines schmerzhaften und verlustreichen Neuanfangs, der durch den Tod eines geliebten Menschen notwendig wird. Drei Farben - Weiß (1993) ist ein Essay über die Unmöglichkeit der Gleichheit, Drei Farben - Rot (1994) über die Entfremdung. Die Trilogie wird international gefeiert, der Höhepunkt ist die Oscar-Nominierung in den Kategorien Beste Regie und Bestes Drehbuch.

Farben-Trilogie

Leider verstarb Krzysztof Kieslowski 1996 im Alter von nur 54 Jahre. Knapp 20 Jahre später sind seine Filme immer noch einen Blick wert. Wer den moviepiloten, die den Regisseur mit ihren Bewertungen derart hoch gevotet haben, nicht vertraut, der sollte vielleicht dem Lob von Stanley Kubrick Glauben schenken: Krzysztof Kieslowski und sein Ko-Autor Krzysztof Piesiewicz verfügten nicht nur über das seltene Talent, "ihre Ideen zu erzählen, sondern auch das, sie zu dramatisieren. Beim Durchlaufen der Etappen in ihren Filmen schaffen sie es, das Publikum so zu fesseln, dass dieses wirklich erforscht, was in dem Film los ist, statt sich einfach unterhalten zu lassen. Sie machen dies mit einer so wunderbaren Technik, dass man nie weiß, was genau passiert, und erst später merkt, wie sehr sie das eigene Innere berührt haben."

Welcher ist eurer liebster Film von Krzysztof Kieslowski?

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