Zum 50. Geburtstag von Trash-Meister Uwe Boll

22.06.2015 - 09:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
PostalKinostar
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Uwe Boll ist wohl einer der kontroversesten Regisseure unserer Zeit. So viele Feinde wie er sich im Laufe der Zeit gemacht hat, können nur wenige ihr eigen nennen. Der gebürtige Wermelskirchener hat heute Geburtstag. Wir gratulieren mit einer Geburtstagskarte.

Sehr geehrter Herr Dr. Uwe Boll,
erst einmal wünsche ich Ihnen ganz standesgemäß alles Gute zum 50. Geburtstag. Ein halbes Jahrhundert wandeln Sie jetzt bereits schon auf unserem schönen Erdenrund und haben sich dabei wahrscheinlich mehr Feinde gemacht als manche Leute bis zu ihrem 100. Geburtstag. Sämtliche Schichten haben Sie dabei gegen sich aufgebracht.

Christian Slater und Tara Reid in Alone in the Dark


Vor allem die Fraktion der Videospieler haben Sie mit Filmen wie Alone in the Dark, Far Cry (jetzt mal ernsthaft, Til Schweiger?!) oder auch mit der BloodRayne-Reihe verärgert. Dass Sie sich im Nachhinein auch noch sehr harsch über Videospieler und die Industrie ausgelassen  haben, mag das Übrige dazu beigetragen haben. Ich meine, mit Postal hatten Sie den Dreh ja beinahe raus. Immerhin gab es ein paar Lacher im Film und das Ganze war relativ nahe am Absurdheitsgrad der Vorlage.

Kontrovers durch und durch - Postal


Ich glaube Ihnen sogar, dass Sie, jetzt wo Sie sich vor allem um ihre Herzensprojekte kümmern, sogar eine ernsthafte Message überbringen wollen. Mit Darfur - Der vergessene Krieg ist Ihnen das ja auch mehr oder weniger gelungen. Immerhin gab es die erhoffte Anerkennung. Amnesty International zeigte sich beeindruckt und es gab 2010 auf dem New York International Independent Film und Video Festival den Preis für den besten internationalen Film. An sich sah es 2009 so aus, als würden Sie es endlich aus den sumpfigen C- und D-Film-Gefilden herausschaffen. Im selben Jahr erschien auch Ihr Amok-Thiller Rampage, der bei den Kritikern einigermaßen glimpflich wegkam, ebenso wie Ihr Gefängnisdrama Siegburg. Alles sah nach Besserung aus. Noch nicht perfekt, noch nicht auf handwerklich gutem Niveau, aber besser und vor allem schienen Ihnen endlich auch ihre Themen am Herz zu liegen. Denn, dass Sie nichts von Videospielen halten, haben Sie ja nun oft genug betont. Allerdings einen Film wie Auschwitz zeitgleich am selben Set und mit dem selben Darstellern wie BloodRayne: The Third Reich, dann auch noch Blubberella zu drehen, wirft zwangsläufig ein komisches Licht auf den Film. Das kratzt irgendwie an der seriös gemeinten Oberfläche des Holocaust-Dramas, über dessen Qualität sich sicherlich auch streiten lässt.

Bolls anerkanntester Film - Darfur


Dabei ist mir natürlich klar, dass Sie sehr aufs liebe Geld achten müssen und ein Meister im Sparen sind. Niedrige Budgets zu handeln oder möglichst billig zu produzieren, verstehen Sie bestens, auch wenn Ihre Budget längst die kleiner Indie-Regisseure übersteigen. Und immer wieder finden Sie auch große Namen, die mit ihnen arbeiten. Ben Kingsley (BloodRayne), J.K. Simmons (Postal) und Burt Reynolds gehören ebenso dazu wie Jason Statham (beide Schwerter des Königs - Dungeon Siege). Als Deutschlands Antwort auf Ed Wood verschrien, pendeln Sie zwischen Kanada und Deutschland hin und her, drehen und produzieren fleißig einen Film nach dem anderen und betreiben inzwischen sogar ein eigenes Restaurant in Vancouver . Fleißig sind Sie, anders kann ich es nicht sagen. Auch dass Sie promoviert haben, kommt nicht von ungefähr. Ich muss anerkennen, dass Sie in dieser Hinsicht ein cleverer Geschäftsmann sind, der die Mechanismen der Industrie verstanden hat. Oft genug erklären Sie diese in Ihren zahlreichen Interviews.

Amok in Rampage


Sie selbst meinten ja, dass ein Filmemacher immer auch eine Mischung aus Geschäftsmann und Künstler sein muss, um in dieser Industrie zu überleben. Ich denke, da haben Sie wohl recht. Zumindest wenn sich jemand in Ihrer unkomfortablen Position befindet, dass kein A-Klasse-Schauspieler mit einem freiwillig zusammenarbeiten möchte. Und ich glaube auch, dass das nicht nur an Ihren Filmen und deren drastischer Darstellung und prekären Themen liegt. Nein Herr Dr. Boll, ich glaube auch, dass ein Stück weit Ihr Umgang ein wenig mit reinspielt. Häufig das beleidigte Opfer zu mimen, um dann zum Rundumschlag gegen alle auszuholen, wirkt weder sympathisch noch erwachsen. Mit Ihrer letzten Videobotschaft , in der Sie uns freundlich mitteilen, den Geschlechtsverkehr mit uns selbst zu vollziehen (biologisch betrachtet eine fragwürdige Forderung nebenbei bemerkt), schaffen Sie sich keine Fürsprecher. Sie spielen mit der Provokation, dessen bin ich mir bewusst, und Sie genießen ihren Status diesbezüglich, aber ernsthaft: Es schadet eher als dass es nützt.

Es heißt zwar, es würde keine schlechte Presse geben und Sie wollen sich ja auch partout bei niemanden anbiedern (was löblich ist), aber dass müssen Sie ja auch nicht. Lassen Sie doch einfach Ihre Filme sprechen und gut ist. Es gibt keinen Grund und wirkt nicht sonderlich sympathisch, seine Kritiker (die zum Teil minderjährig sind), im Ring zu verprügeln . Gewalt erzeugt Gegengewalt...

Boll gegen seine Kritiker in Raging Boll


Aber ich gerate ins Schwafeln. Eigentlich wollte ich doch nur gratulieren. Also nochmal alles Gute zum 50. Geburtstag Herr Dr. Boll. Vielleicht einfach keine YouTube-Messages mehr und weniger Videospiel-Verfilmungen. Dann können wir alle in Frieden miteinander leben.

Es grüßt Sie, ihr Möhrensuppe

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