Wir schauen True Detective - Staffel 2, Folge 5

21.07.2015 - 09:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
True DetectiveHBO
10
5
Die zweite Hälfte der zweiten Staffel beginnt etwa 3 Monate nach dem "Vinci Massacre". Other Lives liefert viel Stoff für Spekulationen auf den Ausgang des Falls, lässt aber Charakterentwicklungen zu kurz kommen.

Wie schon in der ersten Staffel von True Detective macht Staffel 2 zur Halbzeit einen Sprung in die Zukunft. Diesmal sind es nur 66 Tage, wie uns ein Fernsehbericht zu Beginn der Folge mitteilt. Und genau so wie Marty und Rust damals feststellten, dass sie den falschen Mörder gefunden haben, müssen auch Ray, Annie und Paul zu dem Schluss kommen, dass die mexikanische Meth-Bande wahrscheinlich wenig mit dem Mord an Stadtmanager Caspere zu tun hatte. Other Lives macht an dieser Stelle aber mehr richtig als alle anderen Folgen zuvor und liefert Ergebnisse, die die Ermittlungen tatsächlich voran treiben. Es verbinden sich offene Fäden und wir bekommen genug Stoff, um zum ersten Mal auf Basis von Fakten zu spekulieren. Aber ganz von vorne.

"Pain is inexhaustible. It's only people that get exhausted"

Die Entscheidung, die unterschiedlichen Perspektiven, Motivationen und Schicksale von gleich vier Hauptcharakteren zu ergründen, war eine sehr gewagte. Besonders wenn wir bedenken, dass True Detective nur acht Folgen und keine vier bis sechs Staffeln Zeit hat, um uns die Figuren ans Herz wachsen zu lassen. Die Herausforderung ist es, alle vier Geschichten gleichermaßen interessant und relevant zu halten. In der fünften Folge muss ich leider sagen, dass das Jonglier-Kunststück nur leidlich gelingt. Franks (Vince Vaughn) Geschichte scheint sich von Folge zu Folge zu wiederholen. Die Leute, mit denen er jede Wochen ein ernstes Wörtchen zu reden hat, mögen zwar jedes Mal andere sein, der Inhalt ist der gleiche: "I need more money". Immerhin scheint die Eiszeit zwischen seiner Frau Jordan (Kelly Reilly) und ihm vorbei zu sein. „The adoption, you were so definite. I think you were saying no to the kid that you once were”, sagt sie und dringt zum ersten Mal zu ihm durch. Am Ende der Folge liegen Frank und Jordan in Zweisamkeit vereint im Bett.

Die Art der Inszenierung schreit nahezu nach einer drohenden Katastrophe. Und diese kommt in Form von Ray (Colin Farrell), der kurz zuvor erfahren hat, dass Frank den falschen Mann an ihn auslieferte. Der, den er für den Vergewaltiger seiner Frau hielt, war unschuldig. Seine Ex-Frau nimmt an, dass er gelogen hat, um sie in einem falschen Gefühl von Sicherheit zu wiegen. „That ruined everything, Ray. That ruined you”, entgegnet sie ihm. Gibt Ray zu, dass er einen Unschuldigen umgebracht hat, könnte ihn seine Ex-Frau an die Polizei ausliefern. Tut er es nicht, verliert er das Sorgerecht für Chad. Colin Farrell, als guter Schauspieler, der er nun mal ist, macht die Szene zu einem Highlight der Folge und entschädigt für all die hölzernen Zeilen, die wir von Vince Vaughn gewohnt sind. Ray ist ein impulsiver, brutaler Geselle, wie uns diese Folge noch einmal ins Gedächtnis ruft. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich wäre nicht überrascht, wenn Jordan die Rache Rays nicht überlebt.

"Talk motivations or I'll dig into that face-lift and yank."

Leider hebt Rays Storyline hervor, wie sehr ich nach Strohhalmen greifen muss, um lobende Worte für True Detective zu finden. Denn die restlichen Konflikte, Anis (Rachel McAdams) Strafarbeit im Beweismittel-Käfig, Pauls (Taylor Kitsch) merkwürdige Beziehung zu seiner narzisstischen Mutter, lassen mich relativ kalt. Fesselnder gelingt diesmal die Ermittlung. Unter dem Schutz von Staatsanwältin Davis (Michael Hyatt) beginnen die drei Detectives erneut mit den Ermittlungen. "It's never too late to start all over again", sagt Ani und es ist fast so als würde sie zu uns Zuschauern sprechen. Okay, True Detective, eine Chance geben wir dir noch.

Ray heftet sich an die Fersen von Franks Geschäftspartner Blake (Christopher Baker), dem er schon eine ganze Weile nicht mehr traut. Und tatsächlich beobachtet er, wie Dr. Pitlor (Rick Springfield), Bürgermeister-Sohn Tony Chessani (Vinicius Machado) und Blake drei Prostituierte zu dem russischen Investor Osip (Timothy V. Murphy) bringen. Hier stimmt definitiv etwas nicht. Später prügelt Ray mit seinem patentierten Faustschlag ein Geständnis aus dem Psychologen/Plastischen Chirurgen. Die Idee für die Sex-Partys stammte von Caspere und Tony Chessani. Ziel war es, mit Filmen, die die betuchten Entscheidungsträger in kompromittierenden Situationen zeigten, einen Hebel bei politischen Entscheidungen zu haben.

Mit Pitlors Geständnis rücken die vier Organisatoren der Sex-Partys in den Kreis der Verdächtigen. Tony, Blake, Pitlor und Osip wissen zumindest als einzige, wo Caspere die Sex-Filme aufbewahrte. Nach dessen Tod waren sie sicherlich daran interessiert, sie verschwinden zu lassen. Auf der anderen Seite ist es auch denkbar, dass einer der wohlhabenden Männer, den die vier erpresst haben, Caspere auf dem Gewissen hat. Hier kommt Catalast-Boss McCandless ins Spiel. Er weiß von der Festplatte und was sich auf ihr befindet.

Derweil folgen Ani und Paul einer anderen Spur, gar einem anderen Fall. Sie stellen fest, dass die verschwundene Frau Vera zuletzt von einem Ort telefonierte, der auch in den GPS-Daten von Caspere auftauchte. Sie finden ein verlassenes Haus vor, um dessen Grundstück Raben (Symbolismus!!) kreisen. In einem alten Schuppen entdecken sie den Tatort einer brutalen Folterung. Zum ersten Mal klacken Zahnräder ineinander, Motivationen werden klarer, Verbindungen offengelegt. Ein bisschen Fortschritt steht True Detective ganz gut zu Gesicht. Drei Folgen sind noch übrig. Vielleicht bekommt die zweite Staffel am Ende zumindest eine befriedige Auflösung des Falls hin, wenn schon die Charaktere nicht begeistern können. Ironischerweise wäre so ein Ende das genaue Gegenteil der ersten, die zwar einen würdigen Abschluss für Rusts und Martys Beziehung fand, aber eine zu kurz geratene Aufklärung des Falls lieferte.

Beobachtungen am Rande:

  • Frank steckt mit seiner Abfallentsorgungsfirma also hinter der Kontaminierung der Grundstücke, um diese billiger verkaufen zu können. Wie passt der Tod des Käufers der Firma ins Bild?
  • Und was ist mit Rays verstorbenem Partner Dixon? Er wusste von den Diamanten vor allen anderen und hat sich auch sonst verdächtig verhalten.
  • Vince Vaughn hat merkwürdige Vergleiche: "It's like, uh... blue balls in your heart"
  • Ani ist von E-Zigaretten wieder auf richtige Zigaretten umgestiegen.
  • Ani geht in der nächsten Folge undercover. Die Previews erinnern mich an Alias - Die Agentin. Ich freu mich.

Habt ihr nach dieser Folge schon Theorien, wie alles zusammenhängen könnte?

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