Wir schauen Breaking Bad - Staffel 5, Folge 7

28.08.2012 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Emmy würdig: Jonathan Banks als Mike Ehrmantraut in Breaking Bad
AMC
Emmy würdig: Jonathan Banks als Mike Ehrmantraut in Breaking Bad
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“Everybody wins”, versprach Walter am Ende der letzten Folge noch großmundig. Dass AMCs Breaking Bad aber stets mehr Verlierer, als Gewinner kennt, dürfte Fans mittlerweile klar sein. “Say My Name” ist trotzdem wieder Quality-TV vom allerfeinsten.

Nein, die Girl-Band Destinys Child feiert keinen überraschenden Gastauftritt in der aktuellen Folge von AMCs Hitserie Breaking Bad. Auch wenn sich Jesse (Aaron Paul) mit seinen fünf Millionen Dollar, die ihm der geplante Methylamin-Deal einbringen soll, möglicherweise sogar einen Privatauftritt von Miss Beyoncé Knowles zu seinem nächsten Geburtstag leisten könnte. Doch in Say My Name kommt nur einer zu seiner wohlverdienten Abfindungszahlung und so richtig lang erfreuen kann auch der sich nicht an den grünen Scheinen. Ob in dieser Folge also wirklich jeder gewinnt, wie Walter (Bryan Cranston) es letzte Woche versprochen hat, könnt ihr noch einmal in unserem Recap zur siebten Breaking-Bad-Episode Say My Name nachlesen.

Was passiert
Ohne Kenntnisse über den Aufenthaltsort der 1000 Gallonen Methylamin bleibt Mike (Jonathan Banks) nichts anderes übrig, als Walter die Verhandlungen mit den potenziellen Abnehmern persönlich führen zu lassen. Tätsächlich kann Walt die Konkurrenz mit seinem qualitativ hochwertigen Produkt beeindrucken und findet somit einen neuen Distributionspartner für sein geplantes Imperium. Von seinen beiden urpsrünglichen Partnern Jesse und Mike entlohnt er allerdings nur Letzteren. Während Mike damit beschäftigt ist, mit seinen fünf Millionen Dollar die Zukunft seiner Enkelin sowie der Familien seiner ehemaligen Mitarbeiter abzusichern, um sich dann ein ruhiges Leben als schaukelschwingender Großvater zu machen, versucht Heisenberg ein letztes Mal, seinen alten Protégé Jesse wieder ins Boot zu holen. Der verzichtet allerdings lieber auf alles Geld der Welt, als noch eine Minute länger mit dem Mann zu kochen, den er mittlerweile offensichtlich als das Monster erkannt hat, zu dem sein ehemaliger Chemielehrer Mr. White geworden ist. Passend dazu rückt an Jesses Stelle der Kindermörder Todd (Jesse Plemons), gegen dessen naturwissenschaftlicher Kenntnisse Jesses Wissen wohl wie das einer Marie Curie wirken dürfte.

Zusammen bringt die drei ehemaligen Geschäftspartner erneut der nimmer müde werdende Hank Schrader (Dean Norris), der nach seiner Überwachungspleite mit Mike diesmal auf das richtige Pferd gesetzt hat. Als Mikes Anwalt von Hanks rechter Hand Steven Gomez (Steven Michael Quezada) mit einer deutlich zu großen Menge an Bargeld erwischt wird (was für ein Grinsen!), besinnt er sich offenbar doch auf seinen Glauben an die amerikanischen Gesetze und liefert Mike freiwillig dem DEA aus. Zum zweiten Mal um eine beträchtliche Summe an Geld gebracht, begibt sich der Ex-Hitman und Ex-Cop unterdessen auf die Flucht. Ihm bleibt nur noch das Out, wobei er ein letztes Mal auf Walts Hilfe angewiesen ist. Das Treffen, welches Mike die Freiheit sichern soll, führt letztlich zu seinem Ende…

All Hail the King
Gibt es hier eigentlich tatsächlich noch jemanden unter euch, der vollends zur Figur des Walter White hält und auf dessen Erfolg hofft? Wenn ja, sollte sich derjenige ernsthafte Gedanken über seine Moralvorstellungen machen, denn er untersützt an dieser Stelle einen Soziopathen und Egomanen aller erster Güte. Der angfängliche Protagonist von Breaking Bad ist mittlerweile selbst so etwas wie der klassische Big Bad, der Bösewicht der Staffel geworden, auf dessen Untergang der Zuschauer hinfiebert.

Das Aufeinandertreffen mit Crew-Boss Declan (Louis Ferreira) in der Wüste artet in einen einzigartigen Power-Trip des selbsternannten Kingpin mit dem Codenamen Heisenberg aus. Nicht nur, dass dieser unangemessen stolz auf die Qualität seines tötlichen Produkts ist, auch der Mord an Gus dient Walt nun als legitimes Mittel, um sich Respekt zu verschaffen. Als wäre der verübte Mord eine Auszeichnung, die Walt am liebsten rund um die Uhr stolz auf seiner Brust tragen würde. Dass dann tatsächlich jeder weiß, wer der sagenumwobene Heisenberg ist und Walt sich endlich als dieser outen kann, ist dann noch das Sahenhäubchen auf dem Schokokuchen, den man sich am liebsten von seiner entfremdeten Frau zum Geburtstag backen lässt. Hinzu kommt, dass Jesse erneut Opfer des Heisenberg’schen Psychoterrors wird, indem Walt ihn als wichtigen Teil des Unternehemens anpreist und den Aussteiger so indirekt dazu nötigen will, doch weiter im Geschäft zu bleiben. Wieder einmal ein cold-opening, welches seinen Namen wahrlich verdient hat. Als Walt seinem Gegenüber endlich dazu gebracht hat, seinen (neuen) Namen zu nennen und Bryan Cranston die Worte You’re god damn right! förmlich heraus presst, dürften sich bei so manchem Zuschauer die Nackenhaare aufgestellt haben. Dieser Mann hat nicht umsonst drei Emmys in Folge abgeräumt. Spätestens nach der aktuellen Folge, dürfte er auch auf der kommenden Nominierungsliste zu finden sein.

Trotz des erfolgreich abgeschlossenen Deals in der Wüste muss Walt allerdings sehr schnell lernen, dass seine Worte längst nicht mehr bei allen in seiner Umgebung wie Musik in den Ohren klingen. Mikes Abgang fasst Walt mehr oder weniger als Beleidigung auf. Bereits hier bahnt sich die spätere Konfrontation der beiden Figuren an. Es war schon immer Mike, der Walter den Spiegel vorgehalten hat, als er seine eigenen Fehler nicht erkennen wollte und als dieser sich weigert, sich bei Walt zu bedanken oder zu entschuldigen, muss Heisenberg in einer wirkungsvollen Einstellung bereits das Garagentor zwischen sich und seinem Ex-Partner bringen, um seiner inneren Wut nicht freien Lauf zu lassen. Trotzdem ist Mikes Verlassen der Operation einkalkuliert, schließlich werden dessen Aufgaben in Zukunft von der Crew aus Phoenix übernommen. Viel schlimmer trifft den Meth-Koch der Fakt, dass auch sein Sous-Chef endlich gelernt hat, durch dessen Netz von Lügen und Psychotricks zu sehen. Genau deshalb wirkt es so armselig, als Walter innerhalb von nur weniger Minuten versucht, Jesse mit Lob, Angeboten, Vorwürfen und schließlich Drohungen dazu zu bringen, weiterhin mit ihm zu arbeiten. Doch als dieser auf keines der Reizthemen mehr reagiert und den scheinbaren Puppenspieler perplex zurück lässt, hat dieser gleichzeitig auch einen großen Teil seiner Macht verloren.

Als Walter merkt, dass er mit Todd zwar einen nicht sonderlich fähigen, aber dafür extrem loyalen neuen Partner gefunden hat, sinkt sein Frustlevel zwar kurzzeitig, nur um in der finalen Konfrontation der Folge gefährliche Höhen zu erreichen. Ausgerechnet Mike, dem Profi, dem Aussteiger, dem es in einer herzzereissenden Szene tragischerweise verwehrt bleibt, sich von seiner Enkelin zu verabschieden, platzt der Kragen und er macht den größenwahnsinnigen Walter zurecht für seine aktuelle Misere verantwortlich. Für einen kurzen Moment wirk Walt völlig impotent, wie er da so steht, ohne Tasche, ohne Namen von Mikes Mitarbeitern, nur mit Vorwürfen, die auf ihm lasten (genau wie zuvor mit Jesse). Und wieder einmal trifft er eine fatale Entscheidung, nur um sie diesmal nach gleich nach einigen Sekunden zu bereuen. Als ihm Lydia einfällt, die ebenfalls die Namen besagter Personen kennt, funktioniert Walt Rationalisierungstaktik plötzlich nicht mehr. Von einen auf den anderen Moment kommt in dieser Szene auch wieder der alte, unsichere Walter White durch, der sich sogar für seine Tat entschuldigt. Walts Realiserung gemeinsam mit der beeindruckenden Landschaft verleihen Mikes Tod letztendlich eine ambivalente, fast Shakespeare’sche Dimension. Jonathan Banks als Mike Ehrmanntraut (RIP) – mein zweiter Emmy Kandidat für dieses Jahr.

Familienbeziehungen
Wenig neues an der Skyler-Front. Walts noch Ehefrau (Anna Gunn) schlürft weiterhin in aller Seelenruhe ihren Wein und lässt sich beim Abendessen nicht von Walts Smalltalk-Taktik beeindrucken. Aber was hat dieser kurze Blickwechsel zwischen Jesse und Miss White in der Waschanlage zu bedeuten? Könnte sich nach dem Abgang von Mike hier eine neue Anti-Heisenberg-Allianz formieren? Rachefantasien gegenüber Walt dürften sowohl Skyler als auch Jesse zu genüge gesammelt haben.

Es scheint so, als würde die Familienthematik in einigen Folgen auf Grund des Zeitdrucks unter dem die Macher stehen (nur noch 9 Folgen) ein wenig in den Hintergrund treten. Schade, ich hätte auch nichts gegen eine Staffel 6 und mehr Walt Jr. im Muscle-Car gehabt.

Breaking Bad als audiovisueller Drogentrip
Die Meth-Cooking-Montage (Musik: Goin’ down von The Monkees) mit Walt und Todd hatte leider lange nicht die Virtuosität, wie sie jene in Hazard Pay hatte. Aber wahrscheinlich war dies genau Sinn der Sache. Schließlich dürfte sich dieser erste Versuch einer Zusammenarbeit zwischen Walt und Todd eher wie eine Chemiestunde und nicht wie ein Nobelpreis-Experiment angefühlt haben. Als Ausgleich gab es ja noch die jazzige Bank-Sequenz mit Mikes Anwalt. Hach, mit 10 000 Dollar Bündeln herum zu hantieren, muss schon mächtig Spaß machen.

Zitat der Woche
Shut the fuck up! Let me die in peace. – Mike

Weitere Breaking Bad Recaps:
Live Free or Die – Staffel 5, Folge 1
Madrigal – Staffel 5, Folge 2
Hazard-Pay – Staffel 5, Folge 3
Fifty-One – Staffel 5, Folge 4
Dead Freight – Staffel 5, Folge 5
Buyout – Staffel 5, Folge 6

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