Warum ihr Mad Max: Fury Road im Kino sehen solltet

27.05.2015 - 09:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Charlize Theron in Mad Max: Fury Road (ebenfalls zu sehen: Tom Hardy als Mad Max)
Warner Bros.
Charlize Theron in Mad Max: Fury Road (ebenfalls zu sehen: Tom Hardy als Mad Max)
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Wer Mad Max: Fury Road noch nicht gesehen hat, sollte dies umgehend nachholen. Denn auf dem Produktions- und Qualitätsniveau dieses zügellosen Blockbusters wird es aus Hollywood vielleicht so schnell keinen zweiten Film geben.

Einige moviepilot-User sprechen in ihren vielen Kommentaren zu Mad Max: Fury Road von einem unerwarteten Hype, der sich in überdurchschnittlich guten Ratings widerspiegele. Obwohl der Film erst vor zwei Wochen angelaufen ist, haben ihn bereits über 1600 Nutzer bewertet. Tatsächlich aber schreibt das Mad-Max-Reboot bislang keine schwarzen Zahlen: Hierzulande startete es hinter Pitch Perfect 2 und Ostwind 2 auf dem dritten Platz, in den USA hat es die 100-Mio-Dollar-Hürde noch nicht genommen. Box-Office-Analysten scheinen sich derzeit uneinig, ob der Film während seiner Kinoauswertung ausreichend Profit machen wird. Mit einem geschätzten Produktionsbudget von 150 Millionen US-Dollar exklusive Marketing- und Distributionskosten habe Mad Max: Fury Road noch einen langen Weg zur Rentabilität vor sich, schreibt  das Brachenblatt Variety nach dem vergangenen Memorial Weekend. Weil sein Erfolg wie bei kaum einem anderen Blockbuster von positiver Mundpropaganda sowie begeisterten Kritiken abhängig ist, möchte auch ich die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, euch mindestens drei gute Gründe für einen Kinobesuch zu nennen.

Mad Max als Vision eines Autorenfilmemachers

Im Blockbusterkino der Gegenwart sind souveräne Einzelstimmen kaum noch erwünscht. Je mehr die Planungs-, Produktions- und schließlich Promotionsphase eines Films an Geldern verschlingt, desto weniger vertrauen Studios und Produzenten den Vorstellungen seines Regisseurs. Alle kommerzielle und künstlerische Kontrolle liegt bei Konzernen, die ihre Marken, Brands und Franchises systematisch pflegen, statt sie eigenwilligen Autorenfilmern zu überantworten. Der letzte Mad-Max-Film, Jenseits der Donnerkuppel, liegt 30 Jahre zurück. Er entstand zu einer Zeit, als Hollywood wilden Genrevirtuosen Millionenbudgets zur Verfügung stellte, damit sie Filme produzieren, die den Vorgaben des Mainstreamkinos entsprachen, zugleich aber unverkennbar waren als Arbeiten kreativer Querköpfe. Die allermeisten dieser Filmemacher kämpfen heute um Finanzierungen, haben sich den veränderten Bedingungen angepasst oder sind ganz von der Bildfläche verschwunden. An ihre Stelle traten Erfüllungsgehilfen aus Musik- und Werbefilmkontexten, die sich den Kevin Feiges dieser Welt als zuverlässige, aber bitte nicht allzu eigenmächtige Auftragsarbeiter empfehlen.

Es hat daher Seltenheitswert, wenn ein klassischer auteur wie George Miller – und nicht etwa irgendein im Zaum gehaltener Studiozögling – antritt, um für Warner Bros. die scheinbar von allen Trends und Strategien der Tentpole-Produktionsmaschinerie befreite Neuauflage seiner einst profitablen, aber längst (und im besten Sinne) vergilbten Kinoserie zu drehen. Und es ist auch eine kleine Sensation, wenn dieser mittlerweile 70jährige, zuletzt in familienfreundliche Gefilde verbannte Mann dabei seinen ungleich jüngeren Regiekollegen einen freundlichen Mittelfinger zeigt, indem er die von ihm ersonnene Dystopie nicht nur virtuos, sondern auch zu den kostspieligen Bedingungen gegenwärtigen Blockbusterfilmemachens fortschreibt. Wenn also Mad Max: Fury Road die Kunst der analogen  Actioninszenierung feiert und zugleich digitale Spezialeffekte als sinnvolles Hilfsmittel versteht (das neue filmische Räume erschließen, aber Handwerk nie vollständig ersetzen kann), um ein furioses Gedicht aus Schrott und Staub und allerschönstem Schottstaub auf die Leinwand zu schreiben, dann überlässt er sie für einen kurzen Moment wieder den Verrückten und Wilden des Kinos.

Mad Max als Film über weibliche Selbstermächtigung

Ein Großteil des Publikums hat nicht den von Tom Hardy gespielten Titelhelden, sondern die ihn zu ihrer spektakulären Ausbruchsbewegung hinzuziehende Furiosa (ein auch schauspielerischer Befreiungsschlag: Charlize Theron) als eigentliche Hauptfigur von Mad Max: Fury Road identifiziert. Natürlich ist nicht gleich jeder Film über starke Frauen auch ein feministischer Film, und natürlich gibt es in der Kinogeschichte zahlreiche von Männern erdachte weibliche Charaktere, deren vermeintliche Souveränität lediglich virilen Fantasien entsprungen scheint. Aliens - Die Rückkehr mag beispielsweise von einer mit schwerstem Waffengeschütz ausgestatteten, den Testosteronüberschuss ihrer Umwelt und phallische außerirdische Wesen bekämpfenden Frau erzählen, reduziert Ellen Ripley aber im gleichen Moment auf mütterliche Instinkte, die sie zuletzt gegen eine Alien-Königin (und die chauvinistische Idee des "Bitchfights") verteidigen muss. Das macht ihn nicht zu einem schlechteren oder zwangsläufig anti-emanzipatorisch lesbaren Film, hat aber mit Feminismus im Actionkino dennoch kaum etwas zu tun.

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