Warum hasst das Internet Christopher Nolan?

15.01.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Christopher Nolan bei der Arbeit
Warner Bros./moviepilot
Christopher Nolan bei der Arbeit
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Moviepilot-User Ichundso hat etwas zu sagen. Und zwar zu Christopher Nolan. Genauer gesagt zur häufig geäußerten Kritik an Nolan. In der Speakers’ Corner kann er sein Anliegen vortragen.

Christopher Nolan ist im Moment wohl der wichtigste Regisseur in Hollywood. Während im Trailer zu seinem vorletzten Film Inception der Schriftzug „From the director of The Dark Knight“ zu sehen war, hieß es in den Clips zu The Dark Knight Rises nur noch „From Christopher Nolan“. Damit hat er das geschafft, was nur sehr wenige Regisseure ihrer Zeit von sich sagen können: Sein Name macht ihn zum Star seines Films und dieser wird nicht als der neue Christian Bale- oder der neue Anne Hathaway-Film vermarktet, sondern als der neue Film von Christopher Nolan. Denn eigentlich scheint jeder Christopher Nolan zu mögen. Das durchschnittliche Kinopublikum jedenfalls tut das, denn The Dark Knight Rises ist momentan das dritterfolgreichste 2D-Release aller Zeiten, ebenso wie es The Dark Knight zum Zeitpunkt seines Erscheinens war. Inception spielte über 800 Millionen Dollar ein, was für einen 2D-Film ohne Franchisebindung immer noch sensationell ist.

Zugegeben, solche Statistiken sind wenig aussagekräftig, schließlich befindet sich The Dark Knight Rises in der Box Office-Tabelle in Gesellschaft von Pirates of the Caribbean – Fluch der Karibik 2 oder Transformers 3, aber es ist nicht nur der Mainstream, der Nolan wohlgesonnen ist. Wenn man sich die Kritikerreaktionen auf sein neuestes und vielleicht polarisierendstes Werk The Dark Knight Rises ansieht, sind die Meinungen kaum zwiegespalten, es geht eigentlich nur darum, ob jemand den Film nur mag oder liebt. Auf rottentomatoes.com hält er momentan einen Wert von 87% positiver Reviews und ist damit auf einer Höhe mit den Oscar-Anwärtern Lincoln, Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger und Beasts of the Southern Wild. Er ist auf den Top 10 Jahreslisten von AFI, Empire, Rolling Stone und TIME Magazine gelandet und auf den Seiten von Indiewire, der Los Angeles Times und vielen anderen findet man fantastisch geschriebene Reviews voller Begeisterung.

Warum also hasst das Internet Christopher Nolan?
Unser liebes Moviepilot ist ein schönes Beispiel für dieses Phänomen, aber es findet überall im Netz statt, mehrsprachig, vielzeilig und wortgewaltig.
Wer hasst Nolan am meisten? Wer fand den neuen Nolan am schlechtesten? Wer findet die kreativsten Beleidigungen für Nolan-Fans? (Ein gewisser Mr. Vincent Vega liegt in dieser Kategorie momentan gut im Rennen.)

Aus sachlicher und nachvollziehbarer Kritik ist längst ein automatisierter Vorgang geworden, der von jedem neuen News-Artikel mit Nolan-Bezug oder irgendjemandes Meinung zu The Dark Knight Rises wie eine Uhr aufgezogen wird und aufs Neue wieder das Gleiche macht wie bei den fünfzehn News-Artikeln zuvor. Man kann sich die Kommentare mittlerweile nach einfachen Rezepten selbst zusammenbauen. Eine einfache und klassische Variante ist zum Beispiel: Etwas aus dem Artikel zitieren, das einen Nolan-Film lobt, ein Fragezeichen dahinter setzen und um eine halbwitzig-zynische Floskel ergänzen. Beispiel: „Inception auf Platz 1 der besten Science-Fiction-Filme? Da vergeht einem die Lust am Leben!“

Auch beliebt, ein wenig extravaganter: Eine Aussage nehmen, die einen Nolan-Film lobt und diese mit falscher Rechtschreibung und internetypischen Gimmicks verzerren, so dass es so aussieht, als wäre jemand, der das meint, ein ziemlich dummer Teenager (übrigens nicht das Sequel zu Ziemlich beste Freunde). Dazu kommen die üblichen Beleidigungen und haufenweise Kommentare, deren Autoren Wert darauf legen, als Menschen rüberzukommen, die sich für zu intelligent für so etwas halten. Aber: Zu intelligent für was eigentlich? Für einen Film mit Budget?

Nachdem ich mich nun relativ weit aus dem Fenster gelehnt habe, sollte ich auch einigermaßen in der Lage sein, dem auf mich zufliegenden verfaulten Gemüse auszuweichen.
Ja, ich liebe die Filme von Christopher Nolan. Aber alles, was das mit der Sache zu tun hat, ist, dass ich von dem konstanten Herumgehacke auf ihm noch etwas mehr irritiert bin als jemand, der ihn lediglich okay findet, und deshalb schreibe ich wohl auch diesen Text. Ich vertrete nicht die Ansicht, dass jeder Christopher Nolan lieben muss. Es ist auch kein Problem, wenn jemand ihn überhaupt nicht mag. Nur fände ich es nett, wenn dieser Jemand auch hin und wieder das tun würde, was zum Beispiel ich tue, wenn ich eine Star Wars-News sehe. Ich interessiere mich nicht für Star Wars. Ich habe keine Ahnung, was die Leute daran finden. Und dann halte ich auch einfach mal die Klappe und überlasse den Fans das Wort, die Star Wars offensichtlich besser verstanden haben als ich. Und wenn all die Leute, die Inception oder The Dark Knight Rises für sich nicht verstanden haben, auch hin und wieder mal ein bisschen mehr die Klappe halten würden, wäre ich durchaus erleichtert.

Es gibt zwei wesentliche Kritikpunkte an Christopher Nolans Blockbustern. Der erste ist auf die Batman-Filme bezogen und sehr kurz zusammengefasst. Viele mögen einfach Nolans Stil nicht. Das sind oft die Fans der Burton-Batmans und dagegen habe ich auch überhaupt nichts einzuwenden. Ob man Nolans düstere und realistischere Variante von Batman interessant findet oder nicht ist nun einmal schlicht und einfach Geschmackssache. Aber hey, ihr habt ja noch die alten Filme! Und niemand zwingt euch, die neuen Sachen zu gucken.

Das andere, was man Christopher Nolan gerne vorwirft, ist seine Überambitioniertheit. Insbesondere Inception wird gern dafür kritisiert, weniger intelligent zu sein, als es den Schein hat. Meine Frage dazu würde lauten: Und was ist daran schlimm, wenn Inception ein bisschen weniger intelligent ist, als es den Schein hat? Er ist immer noch ein cleverer Film voller Originalität und Unterhaltung und die verschachtelte Erzählstruktur, die die Story tatsächlich etwas komplizierter erzählt als sie in Wirklichkeit ist, ist Teil des Spaßes. Filme wie Pulp Fiction oder Nolans Debütfilm Following bedienen sich ähnlicher Tricks und ich habe noch nie gehört, dass jemand diese Filme dafür kritisiert hat, „nicht intelligent genug“ zu sein.

Über The Dark Knight Rises heißt es oft, er habe zu viele Subplots und Nebencharaktere und wäre insgesamt einfach zu viel auf einmal. Da konkrete Vorwürfe von Meinung zu Meinung variieren, kann ich diese jetzt nicht auf einmal gut zusammenfassen, aber im Wesentlichen läuft es wieder auf folgende Aussage hinaus: The Dark Knight Rises sei zu lang und überambitioniert.

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