Von kleinen Mädchen und großen Jungs

14.02.2011 - 08:50 Uhr
The Guard
Sony Pictures
The Guard
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Heute war ich bei den kleinen Kindern in der Generation kplus-Sektion. Dort wollte ein Mädchen einfach nicht gefunden werden. Um danach meinen Testosteronspiegel wieder ins Lot zu bringen, lauschte ich Brendan Gleeson beim Fluchen auf irisch.

Die leichte Erschöpfung, die schon die ersten Tage der Berlinale mit sich brachten, ist verflogen und der Berlinale-Virus hat mich voll infiziert. Mit entsprechend großer Vorfreude begann ich meinen Tag daher heute mit einem interessanten Kinderfilm: Auf leisen Pfoten. Das heißt – er begann schon 30 Minuten vorher in der langen Schlange vor dem Kinoeingang. Denn die Berlinale bedeutet im Zweifelsfall immer zuerst eines: Warten.

Auf leisen Pfoten von Olivier Ringer
Auf leisen Pfoten ist nicht nur ein Kinderfilm, sondern ein Familienfilm, denn inszeniert und gespielt wurde er von den Mitgliedern der belgischen Familie Ringer. Der Papa war Regisseur und Filmpapa, die Tochter erhielt die Hauptrolle und sogar der Familienhund durfte mitspielen. Die Geschichte ist recht einfach: Ein sechsjähriges Mädchen fühlt sich von seinen Eltern ignoriert und versteckt sich daraufhin mehrere Tage im Wald. Dort freundet es sich mit einem Fisch und einem streunenden Hund an, baut sich eine Bude und versucht, den Suchaktionen ihrer Eltern zu entweichen. Leider unterschätzt der Film den Zuschauer, den durchweg mit einem fast ununterbrochenem inneren Monolog des kleinen Mädchens unterlegt, beraubt er sich leider jeglicher Subtilität. Das ist umso schlimmer, als der Auf leisen Pfoten dies gar nicht nötig hätte. Der Film findet so schöne Bilder für den Gemütszustand des Mädchens, dass er auch völlig ohne Voice-Over verständlich und wahrscheinlich sogar intensiver wäre.

Im Anschluss an den Film gab es wieder eine kleine Frage und Antwort-Runde, bei der Kinder von der kleinen Wynona Ringer wichtige Fragen wie “Bist du wirklich auf den Baum geklettert?” und “Hast du wirklich Regenwürmer gegessen?” mit einem kurzen “Oui” oder “Non” beantwortet bekamen, woraufhin sich der Vater eine Freude daraus machte, die Kinder mit bewusst irreführenden Antworten zu verwirren. Traurig wurde es nur, als die Frage aufkam, warum der Film im Abspann dem Familienhund gewidmet wurde. Daraufhin erklärte der Vater, dass “Ourla” einen Monat zuvor gestorben sei und die Familie noch immer trauere. An dieses Ereignis erinnert, fing die Kleine zu schluchzen an und nur die ablenkenden Fragen ihrer jungen Zuschauer konnten sie wieder zum Lachen bringen. Auf jeden Fall ist dieser Film vor allem eine Empfehlung an die Eltern. Für Kinder ist er aufgrund seiner Redseeligkeit und den suizidalen Tendenzen des Mädchens nur bedingt geeignet. Ich hoffe, da draußen gibt es nicht wirklich so viele Kinder mit Todessehnsucht, wie diese Sechsjährige, welche wohl als der weltjüngste Emo durchgehen könnte.

The Guard – Ein Ire sieht schwarz von John Michael McDonagh
Um nach so viel Kindertränen wieder die Laune zu steigern, bin ich in einen Fim gegangen, der hier bei moviepilot schon auf breitere Aufmerksamkeit gestoßen ist: The Guard – Ein Ire sieht schwarz. Dies liegt zum einen an dem vielverprechenden Cast, der Brendan Gleeson und Don Cheadle in den Hauptrollen zeigt, sondern auch am Setting in Irland, in dem Brendan Gleeson einen – sagen wir “unkonventionellen” – Cop spielt. The Guard – Ein Ire sieht schwarz tritt dabei als klassische Genrekost auf, irgendwo zwischen Buddy-Cop-Film und Gangster-Komödie. Seine Ambition ist dabei einzig und allein die Unterhaltung der Zuschauer und dies gelingt ihm außerordentlich gut. Besonders Brendan Gleeson ist einfach wunderbar anzusehen als irischer Dorfcop – großmäulig, faul und aggressiv mit Hang zum Drogenmissbrauch. Eine Figur, von der Don Cheadle nach ersten Gesprächen sagt, er wisse nicht, ob er unglaublich dämlich oder unglaublich clever sei. Auch ich begann erst mit der Zeit zu ahnen, dass in diesem irischen Raufbold, der sich seinen freien Tag mit zwei Prostituierten versüßt, mehr zu finden ist, als die Oberfläche vermuten lässt.

Auch die Nebenrollen sind herrlich verschrobene Typen: intellektuelle Gangster, großmäulige Kinder mit Waffentick, eine Koksende Mutter – jeder hier scheint das Gegenteil von dem zu sein, was sein Rollenklischee vorschreibt. Hinzu kommt ein sehr schöner und tiefschwarzer Humor, gemischt mit ein wenig Traurigkeit. Trotz allem wird auch The Guard – Ein Ire sieht schwarz wie seine Genregenossen vor allem auf dem DVD-Markt punkten können, denn nichts eignet sich besser für einen gemütlichen Filmabend mit Freunden als diese gelungene irische Komödie, die nicht mehr will, als sie erreichen kann, dies aber sehr gut umsetzt. Fans von Snatch – Schweine und Diamanten, Bube Dame König GrAs oder in In China essen sie Hunde können hier bedenkenlos zugreifen. Wer nicht so lange warten will, kann den Film in der Panorama-Sektion der Berlinale schauen.

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