Rebellion im Star Wars-Gefängnis: Clemens Schick über seinen Auftritt in Andor

09.11.2022 - 12:00 UhrVor 1 Jahr aktualisiert
Clemens Schick als Ham in Andor
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Clemens Schick als Ham in Andor
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Die Star Wars-Serie Andor wartet mit einem unerwarteten Gaststar auf. Der deutsche Schauspieler Clemens Schick schaut für drei Episoden an einem der düstersten Orte in der weit entfernten Galaxis vorbei.

Vom Handlanger eines Bond-Bösewichts (Casino Royale) bis hin zum Kommissar im Barcelona-Krimi: Clemens Schick war schon in den unterschiedlichsten Filmen und Serien zu sehen und überrascht stets mit seiner Rollenwahl. Letztes Jahr verbrachte er drei Monate in den Pinewood Studios in London und erkundete einen beängstigenden Ort im Star Wars-Universum: den Gefängnisplaneten Narkina 5.

Auf Narkina 5 spielen die jüngsten 3 Episoden von Andor. In der neuen Star Wars-Serie verkörpert Schick an der Seite von Diego Luna und Andy Serkis den Gefangenen Ham, der hautnah dabei ist, wenn der Funke der Rebellion entfacht. "Ich wusste, dass es groß wird, aber es jetzt zu sehen, ist nochmal eine ganz andere Erfahrung", sagte Schick, als ich ihn letzte Woche in Berlin zum Interview getroffen habe.

Moviepilot: Wie bist du als deutscher Schauspieler zu Star Wars gekommen?

Clemens Schick: In den letzten Jahren habe ich regelmäßig international gearbeitet. Außerdem habe ich eine gute Agentur in London. So bin ich irgendwie auf dem Radar von Tony Gilroy gelandet, der die Serie als Showrunner entwickelt hat. Er ist sozusagen der kreative Leiter bei Andor. Mit ihm hatte ich damals das erste Telefonat und daraus ist dann alles weitere entstanden.

Hier könnt ihr den Trailer zu Andor schauen:

Andor - S01 Trailer (English) HD
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Wusstest du damals schon, um was für eine Rolle es sich handelt?

Bei Produktionen dieser Größenordnung ist es üblich, dass aus vielen Dingen ein Geheimnis gemacht wird. Ich wusste längst nicht alles, was mich interessiert hätte. Aber ich wusste, dass es eine Ensemblerolle ist. Und wenn ich ehrlich bin: Das Wissen war für mich nicht das Wichtigste. Vielmehr wollte ich unbedingt ein Teil dieser Welt sein.

Meine Mutter hat uns früher oft in Filme mitgenommen, für die wir eigentlich zu jung waren. Zwei Filme haben mich besonders geprägt: 2001: Odyssee im Weltraum und der erste Star Wars, der später in Eine neue Hoffnung umbenannt wurde. Ich hätte nie gedacht, dass ich irgendwann mal morgens in ein Studio fahre, mir ein Kostüm anziehe und eine Rebellion gegen das Imperium mit in Bewegung bringe.

Mit Andor ist für dich also ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen?

Gar nicht mal ein Kindheitstraum. Es ist ein Traum, den ich jetzt habe. Das sage ich nicht nur in Bezug auf dieses Projekt. Im November kommt noch ein Kinofilm von mir heraus, der heißt Servus Papa, See You in Hell. Darin spiele ich [den österreichischen Aktionskünstler und Kommunengründer] Otto Muehl. Darüber hinaus habe ich dieses Jahr eine Komödie für die BBC in Nordirland und einen Opernfilm in Deutschland gedreht. Mein Traum, der sich gerade erfüllt, ist es, in den unterschiedlichsten Formaten in den unterschiedlichsten Ländern als Schauspieler zu arbeiten. Das macht mich jeden Tag glücklich.

In Andor spielst du den Gefangenen Ham – wie passt er in die Serie?

Cassian Andor wird zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt und kommt in ein imperiales Gefängnis. Dort trifft er verschiedene Mitgefangene, zu denen auch Ham gehört. Cassian wird dazu verdonnert, mit Ham und vier weiteren Gefangenen an einem Tisch jeden Tag von morgens bis abends zu arbeiten. Das Ensemble steht somit eindeutig im Vordergrund. Es war eine spannende Herausforderung, so eine Rolle in dieser Umgebung zu spielen.

Andor

Die Serie selbst verrät uns nicht sehr viel über Ham. Wie ist er in das Gefängnis gekommen? Hast du dir eine Vorgeschichte für ihn ausgedacht?

Habe ich tatsächlich. Ich bin damals zum Dreh nach London geflogen und in meinem Flugzeug war jemand, der positiv auf Corona getestet wurde. Also musste ich zwölf Tage in Isolation und konnte mein Hotelzimmer nicht verlassen. Ich habe daraufhin alle Star Wars-Filme und -Serien geschaut, obwohl ich sie schon kannte. Danach ist es mir leichtgefallen, zu sagen, dass Ham auch von einem dieser Planeten kommt. Er ist ein Kleinkrimineller, trägt aber auch etwas Revolutionäres in sich.

Bevor das Revolutionäre in ihm erwacht, muss er wie alle anderen Gefangenen schuften. Was genau baut ihr da zusammen?

Das sind Teile eines Waffensystems.

Und dieses Zusammenbauen hat wirklich am Set funktioniert?

Ja, das haben wir alles ausführlich geprobt. Das Produktionsdesign von Andor ist unbeschreiblich. Da wurde eine ganze Welt aus Maschinen, Werkzeugen und vielen kleinen Details geschaffen. Auch die Zellen und Gänge, durch die wir uns bewegen. In der Produktion existierte ein unfassbarer Überfluss an Talent. Jeder Mensch im Team ist unglaublich gut ausgebildet. Davon ein Teil zu sein, beglückt mich.

Die Arbeitsvorgänge sehen wirklich sehr flüssig aus.

Exakt darum geht es. Wir machen diese Arbeiten schon unendlich lange und werden sie unendlich lange machen. Genau das erdrückt Cassian so sehr, wenn er dahin kommt. Er ist dazu verdammt, jeden Tag die gleichen Handlungen zu machen. Und diese Eintönigkeit mussten wir einüben, damit sie authentisch und überzeugend wirkt.

Andor

In den Gefängnisszenen seid ihr alle barfuß. Habt ihr das beim Dreh komplett durchgezogen? Ich stelle es mir sehr kalt vor.

Nö, das ging sogar. Deutlich schwieriger war es, die ganzen Badelatschen auseinanderzuhalten, die wir getragen haben, wenn wir ans Set gekommen sind. Die wurden alle am Rand vom Studio aufgereiht. Da wieder die richtigen zu finden – das war eine Herausforderung. Ich habe meine irgendwann so abgestellt, damit ich sie nach den Dreharbeiten sofort gefunden habe.

Ham spricht wenig und bewegt sich eher im Hintergrund. Wie hast du es trotzdem geschafft, der Figur eine gewisse Präsenz zu verleihen?

Ich bin ein Ensembleschauspieler. Das war schon am Theater so und das hat sich auch beim Film nicht geändert. Ein Hauptdarsteller wie Diego Luna braucht ein Ensemble als Boden, damit die Geschichte erzählt werden kann. In Servus Papa, See You in Hell spiele ich mit Otto Muehl einen Kommunenführer. Ohne die 70 Schauspieler und Komparsen, die die Mitglieder der Kommune verkörpern, wäre das aber nicht möglich. In diesem Berufsfeld findet man sich oft in unterschiedlichen Positionen wieder. Wichtig ist, dass man immer alles gibt, egal ob es eine große oder eine kleine Rolle ist.

Du tauchst für insgesamt drei Episoden in der Serie auf. Wusstest du, wie der Rest der Staffel aussieht?

Nein, ich schaue es jetzt genauso wie du.

War es knifflig, sich mit so wenigen Informationen in der Serie einzufinden?

Dadurch, dass ich international schon einiges an Erfahrung gesammelt habe, weiß ich, dass dieses Vorgehen bei solchen Projekten gang und gäbe ist. Entweder mache ich das mit oder nicht mit. Da habe ich keine emotionale Reaktion. So funktioniert die Industrie. Wenn man in einer großen Produktion wie Andor mitspielen will, muss man diese Konditionen akzeptieren.

Das hört sich sehr hart an.

Ne, das ist einfach die Realität. Da sentimental zu werden, wäre definitiv falsch.

Andor

Ich musste bei den Narkina 5-Szenen oft an THX 1138 und Metropolis denken. Habt ihr über filmische Vorbilder am Set gesprochen?

Zusammen haben wir das nicht getan. Aber die beiden Filme, die du gerade genannt hast, habe ich mir tatsächlich angeschaut. Denn ich habe auch nach Science-Fiction-Filme abseits von Star Wars gesucht, mit denen ich mich auf Andor vorbereiten kann.

Ein Streitpunkt unter Fans ist, wie politisch Star Wars sein soll bzw. ist. Gerade Andor fühlt sich mehr wie ein Spiegel unserer Zeit als ein Fantasy-Märchen an. Wie siehst du das?

Ich finde es sehr großartig, was Tony Gilroy geschaffen hat. Andor ist eine Parabel auf unsere Welt. Natürlich ist das Star Wars-Universum auch eine Welt für sich. Aber wer will, kann jederzeit einen Bezug zu unserer Welt herstellen. Das macht es sehr spannend.

Was bleibt dir von den Dreharbeiten zu Andor besonders in Erinnerung?

Ich habe schon viele Star Wars-Filme gesehen, aber nichts bereitet dich auf den Moment vor, wenn du ein Studio betrittst, in dem ein imperiales Gefängnis aufgebaut ist – das war etwas Besonderes. Plötzlich stehst du mit deinem Kostüm mitten in dieser Welt und kannst dich um 360 Grad drehen. Schon als Kind habe ich es geliebt, in Fantasiewelten einzutauchen, und jetzt verdiene ich meinen Lebensunterhalt damit.

Ich habe außerdem oft am Set gewartet, weil der Weg zu weit war, um zum Wohnwagen zu gehen. Da sitzt du dann in einem Zelt, trinkst Kaffee und döst vor dich hin. Plötzlich siehst du, wie sich dir gegenüber jemand in imperialer Uniform hinsetzt. Das sind so komplett surreale Momente, in denen dir klar wird, wo du gerade mitspielst.

Die 1. Staffel von Andor läuft seit dem 21. September 2022 bei Disney+.

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