Mr. Smith geht nach Washington ist Pflicht für jeden Politiker

11.10.2016 - 11:00 UhrVor 1 Jahr aktualisiert
James Stewart in Mr. Smith geht nach WashingtonColumbia Pictures
6
11
Wenn wir Filme schauen, fiebern wir mit, lachen und weinen mit den Protagonisten oder lassen uns von spektakulären Bildern verzaubern. Mr. Smith geht nach Washington ist ein einfacher Film, aber er schafft etwas, was nur wenige schaffen: Er inspiriert.

Die Zeit ist gekommen und ich darf mein erstes Herz für Klassiker vergeben. Auch wenn die Auswahl an fantastischen Filmklassikern unglaublich groß ist, hatte ich nie einen Zweifel, welchem Werk die Ehre gebührt. Mr. Smith geht nach Washington soll es sein, denn dieser Film verkörpert für mich all das, was alte Hollywood-Streifen ausmacht und ist zugleich unglaublich inspirierend.

Mr. Smith geht nach Washington ist ein politisches Drama von 1939 mit leichten komödiantischen Elementen. Regie führt Hollywood-Legende und dreifacher Oscarpreisträger Frank Capra und wie in dessen bekanntestem Werk Ist das Leben nicht schön? spielt auch hier der grandiose James Stewart die Hauptrolle. Abgerundet wird der Cast durch ebenso fantastische Darbietungen von Jean Arthur, Claude Rains und Harry Carey. Doch genug mit den Formalitäten. Kommen wir zu dem, was Mr. Smith geht nach Washington zu dem Filmklassiker macht, welcher selbst Generationen später noch begeistert.

Claude Rains und James Stewart in Mr. Smith geht nach Washington

Jefferson Smith ist auch heute noch ein starker Held

Mr. Smith geht nach Washington handelt vom naiven Pfadfinderführer Jefferson Smith (James Stewart), der durch den Tod eines Senators als dessen Nachfolger ernannt wird. Was zunächst wie eine wahnsinnige Idee wirkt, ist politisches Kalkül, denn die Entscheidungsträger wollen Smiths Popularität in der Bevölkerung und seine Unerfahrenheit in der Politik nutzen, um ihn zur Marionette zu machen. Die Drahtzieher um Medienmogul Jim Taylor (Edward Arnold) und Senator Joseph Paine (Claude Rains) unterschätzen jedoch den Idealismus des Frischlings. Jefferson Smith hat nämlich einen Traum. Den Traum, ein Sommerlager für Jungen zu errichten, um sie von der Straße zu holen, ihnen die Natur zu zeigen und ihnen die wichtigen Werte des Zusammenlebens näher zu bringen.

Einziges Problem bei der Sache: Dort wo Smith sein Camp errichten will, plant Jim Taylor einen Staudamm, den er mit Steuergeldern finanziert und wovon besonders er selbst profitiert. Es kommt zum Konflikt, in dem die korrupten Politiker alles tun, um Smith zu diskreditieren und der Naivling für seine Überzeugungen kämpfen muss. Dabei zeigt Jefferson Smith all das, was einen starken Helden ausmacht: Ein gutes Herz, einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und den Willen, auch dann zu kämpfen, wenn jedwede Hoffnung bereits verloren scheint.

James Stewart und Jean Arthur in Mr. Smith geht nach Washington

Mr. Smith geht nach Washington ist Kitsch - im positivsten Sinne

Vielen Leuten wird Mr. Smith geht nach Washington zu simpel sein. Das Publikum von heute möchte keine Aufteilung in Gut und Böse, vielmehr sollen sich beide Extreme in jeder Figur widerspiegeln, um ein möglichst realistisches Bild zu schaffen. Erfolgreiche Serien wie Game of Thrones legen sehr viel Wert auf ambivalente Charaktere und liegen damit am Puls der Zeit. Doch Frank Capra war schon immer ein Romantiker. Gut und Böse sind für ihn zwei Seiten komplett unterschiedlicher Medaillen. Von vielen Kritikern abwertend als Capra-Corn bezeichnet, ist es jedoch dieser Kitsch, der seine Filme für viele so anziehend macht.

Mr. Smith geht nach Washington ist kein House of Cards, in dem wir erklärt bekommen, was machthungrige Politiker antreibt. Die Volksvertreter in Capras Werk sind schlicht und einfach schlecht. Punkt. Der Film ist keine Beschreibung der Realität, sondern viel mehr ein politisches Märchen, in dem ein sympathischer Außenseiter mit all seiner Kraft gegen ein korruptes System kämpft, welches ihn zu zerquetschen droht. Er ist keine Figur aus dem echten Leben, sondern vielmehr der ideale Idealist, ein Vorbild, nach dem wir uns alle richten sollten. Natürlich ist das kitschig und natürlich solltet ihr den Film nicht ernster nehmen als er ist. Doch es ist genau diese Naivität, die Jefferson Smith (wie auch dem Film als Ganzes) einen dauerhaften Platz in meinem Herzen sichert.

Harry Carey und James Stewart in Mr. Smith geht nach Washington

Mr. Smith geht nach Washington ist zeitlos

Ihr werdet euch jetzt sicher fragen, warum Mr. Smith geht nach Washington trotz dieser veralteten Gut-Böse-Unterteilung in unserer komplexen Welt von heute überhaupt eine Rolle spielt. Wieso sollte sich jeder Politiker den Film zu Herzen nehmen, wenn die Figuren doch nur vereinfachte Karikaturen sind. Ganz einfach: Karikaturen mögen zwar übertreiben und provozieren, doch hinter ihnen steckt oft eine ganze Menge Wahrheit. Lobbyismus und Korruption schaden unserer Demokratie auch heute noch und das wird sich wohl leider so schnell nicht ändern. Vom Idealismus, mit dem James Stewarts Leinwandcharakter uns so begeistert, könnten sich die Politiker der echten Welt ruhig mal eine Scheibe abschneiden. Oder um es mit den (frei übersetzten) Worten Jefferson Smiths auszudrücken:

Ich würde meinen Senf nicht zu euren ach so tollen Regeln geben, wenn dahinter nicht ein kleines bisschen schlichte, unauffällige, alltägliche Nettigkeit stecken würde und ein bisschen Achtsamkeit für den Mitmenschen.

Habt ihr Mr. Smith geht nach Washington gesehen?

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News