Jetzt im Kino: Sci-Fi-Action der Extraklasse mit mehr Universen als Marvel und DC zusammen

29.04.2022 - 16:00 UhrVor 2 Jahren aktualisiert
Everything Everywhere All at OnceLEONINE
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Bald startet Doctor Strange 2, doch aktuell könnt ihr einen extrem unterhaltsamen und kreativen Sci-Fi-Film im Kino schauen, der mehr Universen bietet als DC und Marvel zusammen.

Zieh deine Schuhe falsch herum an. Schneide dir mit einem Stück Papier in die empfindliche Stelle zwischen den Fingern. Gestehe jemandem deine Liebe. Für den Sprung von einem Universum zum anderen muss man im neuen Science-Fiction-Film Everything Everywhere All at Once so einiges leisten. Daneben sieht Stephen Strange mit seinem Zauber-Tai-Chi ziemlich faul aus.

Kurz vor dem Kinostart von Multiverse of Madness zeigt der mit einem enormen Hype nach Deutschland schwappende Film, dass es für ein multiversales Abenteuer kein 200-Millionen-Budget braucht. Es genügt ein unendlicher Quell der Kreativität. Und Action-Ikone Michelle Yeoh.

Das Multiversum ist in Gefahr und nur eine Waschsalon-Besitzerin kann es retten

Bevor sie die Vernichtung aller Universen durch einen riesigen verkohlten Bagel verhindern muss, führt Evelyn (Michelle Yeoh) ein bemerkenswert gewöhnliches Leben. Die Besitzerin eines Waschsalons plagt sich mit Steuerproblemen herum, hat keine nennenswerte Beziehung zu ihrer lesbischen Tochter Joy (Stephanie Hsu) und ihre Ehe führt sie im Status der Betriebsblindheit. Einst kam Evelyn aus China in die USA, doch der Traum vom Aufstieg verpuffte. Ist das wirklich alles, was sie aus ihrem Leben heraus holen konnte? Und was wäre, wenn sie in diesem, jenem oder sonst einem Moment andere Entscheidungen getroffen hätte?

Schaut euch den Trailer für Everything Everywhere All at Once an:

Everything Everywhere All At Once - Trailer (Deutsch) HD
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Als Evelyn sich vor der garstigen Steuer-Inspektorin Deirdre (Jamie Lee Curtis) durch einen Berg von Belegen wühlt, wird sie unfreiwillig mit Antworten auf diese großen Fragen ihres Lebens konfrontiert. Denn das Multiversum bricht in ihre Realität ein und auf einmal sieht Evelyn tausend verschiedene Möglichkeiten, wie ihr Leben hätte aussehen können. Die (in jeder Hinsicht) Alpha-Variante ihres Ehemanns Waymond (Ke Huy Quan) plappert was von einem Weltenzerstörer namens Jobu Tupaki, den nur eine Person aufhalten kann. Unter unendlich vielen Varianten muss ausgerechnet Loser-Evelyn die ungeheure Aufgabe annehmen. Dass ihr das Massenmörder-Wesen näher steht als gedacht, verkompliziert die Angelegenheit

Mehr Universen als DC und Marvel zusammen: Der Sci-Fi-Film strotzt vor Ideen

Ergibt dieser Story-Abriss Sinn? Muss er das? Treten wir einen Schritt zurück, um einen Überblick zu erhalten: Everything Everywhere All at Once sucht das Außergewöhnliche im Gewöhnlichen. Das betrifft die Normalo-Heldin Evelyn ebenso wie die Methoden zum Universen-Wechsel. Jedes Detail des Alltags kann aufgeblasen werden zum bedeutsamen Genre-Gadget. So lautet die Devise von Daniels, wie sich das Regieduo Dan Kwan und Daniel Scheinert nennt. Ein Bagel kann die Welt bedrohen, ein Butt-Plug taugt zum Universen-Switcher und eine grummelige Steuerbeamte verwandelt sich von jetzt auf gleich in den Final-Boss.

Diese maximalistische Do-it-Yourself-Philosophie zeichnete schon Swiss Army Man mit Paul Dano und Daniel Radcliffe aus. Aus infantilen Gags wurden in dem furzende-Leichen-Buddy-Movie große Gefühle gebastelt. Für ihren zweiten Spielfilm fächern Daniels ein kleines Menschenleben so weit auf, bis sich unendliche Universen darin spiegeln.

Jamie Lee Curtis in Everything Everywhere All at Once

Es ist viel zu viel, überall, auf einmal. Dieser Film beinhaltet alle Zutaten einer unerträglichen kreativen Onanie. Das Sci-Fi-Abenteuer beschießt einen so lange mit visuellen und Popkultur-Ideen, bis etwas kleben bleiben muss. Das kulminiert in ziemlich simplen Erkenntnissen über das Leben, das Universum und den ganzen Rest, die man in jedem zweiten Indie-Heuler aus der Sundance-Resterampe findet.

Fantastische Action, wie es sie nur selten in Hollywood zu sehen gibt

Wenn Jenny Slate ihren fluffigen Zwergspitz an der Leine durch das Steuerbüro wirbelt, als sei er die hündische Reinkarnation der fliegenden Guillotine, dann sind diese Kritikpunkte aber völlig egal. Everything Everywhere überzeugt zwar eher durch die Details der migrantischen Biografie von Evelyn als durch die Moral von der Geschicht'. Bei Action und Spektakel brillieren Daniels aber durch die Perspektive auf das große Ganze. Klassische Kung Fu-Einlagen prallen auf die Fantasie eines Samstagmorgen-Cartoons. Auf wundersame Weise ergeben sie mitreißende Action-Unterhaltung.

Das weckt heimelige Erinnerungen an die Großtaten von Stephen Chow. Der Regisseur von Shaolin Kickers, Kung Fu Hustle und The Mermaid verbiegt die Realität ebenso freizügig zu seinem Vergnügen. Dessen Virtuosität erreichen Daniels nicht, aber das kann sowieso kaum jemand von sich behaupten.

Action-Göttin Michelle Yeoh hält das Multiversum zusammen

Als 5 Finger des Todes-Final-Finalschlag steht dem Film zudem die großartige Michelle Yeoh zur Verfügung. Die Hauptdarstellerin fasst im Film nebenbei ihre Karriere zusammen. Sie startete in den 80ern durch als Action-Göttin in Yes, Madam und Police Story 3 - Supercop, wurde als Bond-Girl in James Bond 007 - Der Morgen stirbt nie zum glamourösen Weltstar und erkundete das Charakterfach in The Soong Sisters, Tiger & Dragon und The Lady - Ein geteiltes Herz.

Michelle Yeoh in Everything Everywhere All at Once

Es ist in großen Teilen Michelle Yeoh zu verdanken, dass das kreative Feuerwerk von Everything Everywhere All at Once nach der 60-Minuten-Marke noch nicht ermattet. Sie hält den Film trotz der sekündlichen Genre-, Stimmungs-, und Universen-Wechsel beisammen, indem sie federleicht zwischen großen Genre-Gesten und emotionaler Feinarbeit tänzelt.

Hervorragend unterstützt wird der inoffizielle Being Michelle Yeoh-Film von der verletzlichen wie kaltblütigen Stephanie Hsu und Ke Huy Quan, der sein Filmdebüt einst als Short Round in Indiana Jones und der Tempel des Todes gab. Schlussendlich besinnt sich das Drehbuch nämlich auf die kleinen Leute in diesem unüberschaubaren Multiversum. Die kommen ohne Zaubersprüche aus, ohne magische Amulette oder Diamant-Handschuhe. Aber ein ultramuskulöser kleiner Finger, mit dem man Gegner k.o. schlägt – der ist ziemlich nützlich.

Everything Everywhere All At Once: Ein Multiversums-Kracher – nicht von Marvel

Mit Everything Everywhere All At Once bescheren uns die Regisseure Daniel Kwan und Daniel Scheinert schon jetzt eines der absoluten Kino-Highlights des Jahres 2022. Im FILMSTARTS-Podcast Leinwandliebe herrscht so auch allergrößte Begeisterung – und es wird sogar einmal die Höchstwertung gezückt!

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