Ich, der wahre Willy Wonka und ein Haufen Fantasie

14.04.2015 - 09:15 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Gene Wilder als Willy Wonka inmitten der Oompa-Loompas in Charlie und die SchokoladenfabrikWarner Home Video
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Wenn die Führung durch die allen bekannte Schokoladenfabrik beginnt, niemandem jedoch etwas bekannt vorkommt, dann haben wir wohl die Tim Burton-Ausfahrt verpasst und sind direkt auf Mel Suarts Verfilmung zugesteuert. Gut so!

Nein, Johnny Depp war nicht der erste Bewegtbild-Willy-Wonka. Mehr als 30 Jahre zuvor hat Gene Wilder den exzentrischen Süßigkeiten-Oligarchen in Charlie und die Schokoladenfabrik gespielt und seine Sache mehr als gut gemacht. Die damalige Verfilmung des Kinderbuches von Roald Dahl entstand unter der Regie von Mel Stuart und bringt den kleinen Charlie in eine Schokoladenfabrik, die sofort fulminante Bilder liefert und nicht erst in der Postproduktion zu einer farbenfrohen Süßigkeitenlandschaft wird. In Deutschland war der Film 35 Jahre nur in einer gekürzten Version verfügbar, aber seit 2006 ist jede Gesangseinlage auch bei uns legal ein riesiger Genuss.

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Die Geschichte ist bestimmt bekannt: Willy Wonka ist der König der Süßwarenherstellung. Jedes Kind ist nahezu süchtig nach seinen Schokoladen, Bonbons, Lollis und Lakritzen. Alle Menschen sind sich bewusst, dass seine Fabrik der Traum eines jeden Leckermäulchens ist, jedoch hat diese niemals jemand von innen sehen können. Eines Tages wird publik, dass in fünf seiner Schokoriegel ein goldenes Ticket versteckt ist, das, wenn man es findet, jeweils einem Kind plus Begleitung einen Einblick in den Tempel des Zuckers vergönnt. Einer der glücklichen Gewinner ist der kleine Charlie, der bei seinen Großeltern in einem sehr armen Viertel wohnt. Bei der Führung, die von Willy Wonka höchstpersönlich durchgeführt wird, lernt Charlie neben den kleinen Oompa-Loompas, den Herstellungshelfern, gierige Kinder und den verschrobenen Charakter des Schokopräsidenten kennen.

Warum ich Charlie und die Schokoladenfabrik mein Herz schenke

Während Johnny Depp in der Tim-Burton-Verfilmung zu jeder Zeit etwas Gruseliges an sich hat, wirkt Gene Wilder in diesem Streifen, als könnte er nicht so gut mit Menschen, gibt aber sein Bestes, um gastfreundlich und nett daher zu kommen. Gene Wilder ist im Allgemeinen eine Größe des Comedyschauspiels und gibt hier wohl neben seiner Leistung in Frankenstein Junior die beste Darstellung seiner Karriere. Hinzu kommt ein grandioser Soundtrack, der einem im Ohr hängen bleibt. Übrigens ist jedem von euch bestimmt der Song The Candy Man Can ein Begriff, denn ein Jahr nach der Premiere des Films coverte Sammy Davis Jr. diesen. Hier das Original zum Erinnern:


Warum auch andere Charlie und die Schokoladenfabrik lieben werden

Roald Dahl hat keine einfachen Kindergeschichten geschrieben. Wenn man mit den Kleinsten James und der Riesenpfirsich, Der fantastische Mr. Fox oder gar Hexen hexen schaut, kommt man immer in Erklärungsnot. Die Moral ist bestimmt noch leicht nachvollziehbar, klar, aber die Geschichte bis zum lehrenden Punkt müssen immer wieder erklärt und das Gesehene für die kindlichen Köpfe abgemildert werden. So ist dies auch der Fall bei der Verfilmung von Charlie und die Schokoladenfabrik von 2005. Der Mel-Stuart-Film schafft es, den Stoff zu erleichtern. Gruselig oder zu spannend fühlt es sich eigentlich nie an, die Lieder lockern die Stimmung auf (anders als der LSD-ähnliche Soundtrack Danny Elfmans aus der Tim Burton-Variante) und Wilders Wonka macht einem niemals Angst. Vielleicht sind das auch die Gründe, warum Roald Dahl mit dem Ergebnis des Films zu keiner Zeit zufrieden war.

Der eigentliche Punkt, der mich glauben lässt, dass der Film euch unfassbar gefallen wird, ist die geforderte Fantasie. Andere Regisseure könnten den Film heute, und so ist es ja auch passiert, mit Spezialeffekten überladen, damit er so absurd wirkt, wie es das Buch suggeriert. In diesem Film von 1971 wurde jedoch auf die Vorstellungskraft des Publikums gezählt. Dadurch ist beispielsweise die Fahrt über den Schokoladenfluss nur dann eine unendliche Freude, wenn ihr euch vollkommen darauf einlasst und Spaß daran habt, Teil dieses Abenteuers zu sein. Seid Kinder in einer Schokoladenfabrik! Und seid vor allem stolz darauf, dabei zu sein.

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Warum Charlie und die Schokoladenfabrik die Jahrzehnte überdauern wird

Gene Wilder ist seit über zehn Jahren nicht mehr vor die laufende Kamera getreten. Das ist unfassbar schade, denn selten konnte ein Schauspieler mit Comedy so sehr begeistern wie er. Für seine letzte Rolle in Will & Grace 2003 bekam er sogar noch einen Emmy. Heute ist er nur noch als Autor tätig. Ich habe keines seiner Bücher gelesen, aber ich vermisse ihn auf meinem Bildschirm zu Hause. Was also noch bleibt, ist das, was er bis dato geleistet hat. Seine Darstellung als Willy Wonka hat mich 2006 dermaßen beeindruckt, dass ich diese Ode an die Fantasie niemals vergessen werde. Schon Roald Dahls Geschichten allein werden die Jahrzehnte überdauern, aber was euch Filmfans in Erinnerung bleiben wird, ist nicht der seltsame Johnny Depp, sondern der absurde, aber liebenswerte Wilder. Der ist nämlich einfach der Fetzigere.

Gebt ihr dem Willy Wonka von 1971 eine Chance?

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