Hitler triumphiert über Lars von Triers Melancholia

21.05.2011 - 08:00 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Kein Nazi in Melancholia
Zentropa/moviepilot
Kein Nazi in Melancholia
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Beim Filmfestival in Cannes brodelte es diese Woche, denn Lars von Trier sprang mit beiden Beinen in den Nazi-Fettnapf. Der eigentliche Aufreger der Woche ist jedoch nicht Lars von Triers Stotterarie, sondern etwas anders gelagert.

Wir brauchen gar nicht nicht lange um den heißen Brei herumreden, der Aufreger der Woche liegt auf der Hand: Lars von Trier und seine viel umstrittenen Äußerungen über Hitler, Nazis und Israel. Auf der Pressekonferenz zu seinem Film Melancholia, der im Wettbewerb in Cannes läuft, tätigte der Regisseur Aussagen, die ihm anschließend um die Ohren geschlagen wurden.

Wir möchten die Geschehnisse aber nicht nochmal durchkauen, sondern widmen uns dem Film Melancholia im Aufreger der Woche.

Lars von Trier kam, sah und ging
“Ich bin ein Nazi!” Lars von Trier langte mit diesem und weiteren Kommentaren ganz tief in die Toilette und musste als Konsequenz das Festival Cannes verlassen. Der Aufschrei war dementsprechend groß, die Meinungen gingen auseinander, auch hier auf moviepilot. Zu seinen Äußerungen bildeten sich Gruppen aus Verständnislosen und Verständnisvollen, sein Rauswurf wurde begrüßt oder belacht, der Pawlowsche Reflex, beim Wort “Nazi” gleich loszubeißen, wurde bemüht oder aber die, wie es Hanns-Georg Rodek auf Welt.de ausdrückte, “Überschreitung marktüblicher Nazi-Exploitation” angeprangert. Es sei dahingestellt, ob Lars von Trier sich selbst darstellen wollte, sein Humor nicht verstanden wurde, er sich schlicht unglücklich äußerte, er einfach ein Idiot ist oder ob alles zu sehr aufgebauscht wird. Vielleicht, aber nur vielleicht, ist es ja eine Kombination aus allem. Weit mehr regen wir uns heute darüber auf, dass sein Film Melancholia nicht losgelöst von den Ereignissen gesehen wird.

Melancholia ist kein Nazi
Die Aussagen von Lars von Trier, darüber besteht weitestgehend Einigkeit, waren so überflüssig wie eine dritte Kniescheibe. Was aber weit ärgerlicher ist, ist die Tatsache, dass sein Werk Melancholia nun in völlig anderem Licht erscheint. Das hat Lars von Trier sich zwar zu einem großen Teil selber zuzuschreiben, aber eben nicht nur. Mag sein, dass Melancholia durch diesen Skandal mehr Aufmerksamkeit bekommt, aber es ist relativ wahrscheinlich, dass ihm das Stigma des Nazi-Kommentar-Films anhängt, das er nicht verdient, da die Äußerungen des Künstlers nicht im Zusammenhang mit dem Kunstwerk stehen. Ein israelischer Filmverleih zum Beispiel will den Vertrag zu Melancholia auflösen. Dass es soweit kommt, hängt unter anderem auch daran, dass diese Differenzierung zu selten vorgenommen wird. Als aktuelles Beispiel bietet sich ein weiterer Cannes-Film an, der mit einem skandalträchtigen Schauspieler aufwartet: Der Biber mit Mel Gibson.

Mel Gibson und die falsche Bestrafung
“Verdammte Juden, die Juden sind für alle Kriege in der Welt verantwortlich.” Dass solche Aussagen missbilligt werden und derjenige, der sie tätigt, dafür abgestraft wird, ist ohne Frage völlig korrekt. Sicherlich wird es den ein oder anderen geben, der versucht, Mel Gibson zu verteidigen, indem er seine erfolgreiche Karriere aufsagt oder vorschiebt, dass da der Alkohol aus ihm gesprochen hat. Trotzdem bleibt die Aussage bestehen. Und von einem erwachsenen Mann kann erwartet werden, dass er sich halbwegs im Griff hat. Dass jeder folgende Film einen Antisemitismus-Kommentar zu Mel Gibson nach sich zog, ist dennoch unverständlich. Weder der Film noch die anderen Schauspieler haben es verdient, auf die Verfehlungen einzelner mitwirkender Personen reduziert zu werden. Da es aber keine Trennung von Werk und darin vorkommendem Schauspieler gibt, erweist sich Werbung für den Film und sein Thema als schwierig, wie auch Jodie Foster feststellen musste, die Der Biber schwer vermarkten konnte, da alle nur Mel Gibson und seinen “Judenhass” sahen.

Es gibt natürlich etliche Beispiele, die eine enge Verquickung von Kunstwerk und Künstler beweisen. Nicht zuletzt Leni Riefenstahl muss hierbei genannt werden. Aber wir reden hier nicht von Propagandafilmen, wir reden noch nicht einmal über einen irgendwie gearteten Zusammenhang zwischen Thema des Films und Aussage des, in diesem Fall, Filmemachers. Wie müssen sich wohl Alexander Skarsgård, Kirsten Dunst, Udo Kier und wie sie alle heißen, die bei Melancholia mitwirken, fühlen, dass sie nun einem Film zu sehen sind, dem das Nazi-Schandmal anhängt? Oder seid ihr der Meinung, dass Werk und Macher bzw. Mitwirkender doch miteinander in Einklang stehen? Es ist ja durchaus eine plausible Erklärung, dass Filme der Spiegel der inneren Einstellung sind, was bedeuten würde, dass sie die Meinung der Hauptperson reflektieren. Wie immer ihr auch dazu steht, das Thema ist so oder so der Aufreger der Woche!

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