Gallo paart Authentizität und Kunst in Buffalo '66

21.04.2015 - 18:10 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Buffalo '66VCL Communications
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Bei seinem Regiedebüt muss es während der Dreharbeiten drunter und drüber gegangen sein, aber mit Buffalo '66 hat uns Vincent Gallo einen wunderbar verstörenden Liebesfilm beschert, den ihr heute Abend auf ZDF Kultur unbedingt sehen solltet...

Nach fünf Jahren Haft für ein Verbrechen, das er nicht begangen hat, steht Billy Brown (Vincent Gallo) vor den Toren des Gefängnisses, wo niemand auf ihn wartet. Er will nach Hause, zu den Eltern, braucht aber ein Alibi für seine lange Abwesenheit. In Buffalo kidnappt er die junge Stepptänzerin Layla (Christina Ricci), die während des Besuchs bei seinen Eltern vorgeben muss, seine Frau zu sein, und die sich mehr als ihm lieb ist in diese Rolle steigert. Die beiden verbringen den Abend danach in einem Motel und langsam kommt Layla Billy näher, der hin- und hergerissen ist zwischen seiner Angst vor Nähe und dem Bedürfnis nach Liebe. Und eigentlich will er doch nur noch den Mann töten, der ihn damals ins Gefängnis gebracht hat...

Bei seinem Regiedebüt spielte Vincent Gallo nicht nur die Hauptrolle, er zeichnete auch für Buch und Musik verantwortlich. Darüber hinaus soll der Tausendsassa sogar das Make-up von Christina Ricci übernommen und dem Kameramann nebenbei das Drehen beigebracht haben. Gallo hatte also definitiv die Kontrolle über seinen Film und brachte dies zum Ausdruck, indem er im Verlauf des Drehs die halbe Crew feuerte, bis er nur noch Leute um sich hatte, die ihm absolut hörig waren. Der zuvor lediglich als Schauspieler und Model bekannte Gallo mauserte sich hier also im Handumdrehen zum Auteur auf Gedeih und Verderb, was uns immerhin ein interessantes Filmexperiment beschert hat. Denn mit seinem hervorragend besetzten Buffalo '66 ist ihm ein ungemein charmanter Liebesfilm im Stil des amerikanischen Independentkinos gelungen. Riccis messerscharfes Spiel ist von geradezu bedrückender Präsenz, die der von Gallo in nichts nachsteht. Auf ihre Art sind sie beide kaputte Sonderlinge in Perfektion. Die erschütternd drastische Ehrlichkeit aller Protagonisten verstört und begeistert zugleich. Alles was sonst über Gallos Regiedebüt zu sagen bleibt, erklärt sich in drei Worten: Poesie des Alltags. Buffalo '66 ist ein unglaublich eigensinniges Werk, mit dem sich Gallo einen Titel als Auteur zumindest temporär verdient hatte – bevor sich an seinem Brown Bunny endgültig die Geister schieden.

Auch moviepilot MrDepad zeigte sich begeistert von den schauspielerischen Leistungen und Gallos inszenatorischer Paarung von Authentizität und Kunst:

Buffalo '66 ist eine wahre Independent-Perle. Im Gegensatz zu vielen Vertretern dieses Genres, die bei ihren Zuschauern sämtliche Gefühlsregungen geradezu forcieren wollen durch bemühte Montagen oder gezielten Einsatz von Musik, besticht das Regie-Debüt von Vincent Gallo durch authentische Figuren mit Ecken und Kanten, einer melancholischen, aber lebensnahen Geschichte und einer stilsicheren Inszenierung zwischen Authentizität und Kunst.
  • Was? Buffalo '66
  • Wann? 20:15 Uhr
  • Wo? ZDF Kultur

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