Das Leben des Brian: 40 Jahre am Kreuz und kein bisschen leise

20.04.2019 - 08:50 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Nein, Eric Idle ist auch nicht der Messias ... aber nah dran
Sony/moviepilot
Nein, Eric Idle ist auch nicht der Messias ... aber nah dran
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Mehr als zu Poden geschleuderte Purschen und anwesendes Weibsvolk: Das Leben des Brian ist ein Film, der gar nicht oft genug, für immer neue Generationen, wiederauferstehen kann.

Monty Pythons Das Leben des Brian ist nicht nur eine der besten Komödien der Welt, deren Zitate und Kreuzigungssoundtrack nahezu jeder kennt. Das Leben des Brian ist ein Film, der bei seinem Erscheinen zu einem Skandal, zu Protesten, zu wütenden Debatten führte. Der in Irland, Norwegen und Italien verboten wurde und auch heute noch auf der Liste der FSK mit über 700 anderen Filmen steht, die an Karfreitag nicht öffentlich gezeigt werden dürfen (solange man sich nicht dagegen wehrt, denn das Stuttgarter Verwaltungsgericht hat erst diese Woche entschieden, dass Das Leben des Brian durchaus dort aufgeführt werden darf).

Das Leben des Brian von Graham Chapman, John Cleese, Terry Jones, Eric Idle, Michael Palin und Terry Gilliam ist mehr als ein Film, der auch 40 Jahre nach seiner Uraufführung noch von seinen Fans angebetet wird. Er wird auch heute noch von Religionshütern gehasst und verteufelt - denn er ist deren Entlarvung, deren Konfrontation mit Satire, die sie mit Händen zurücklässt, in denen sie nichts, außer dem Willen zur Echauffierung halten, und sich am Ende nur an antiquierte Verbote klammern können.

Monty Python führt das schärfste und gefährlichste Schwert von allen: das Lachen. Darauf hinzuweisen, jenseits all der legendären Szenen, Zitate und Figuren, macht diesen Kommentar von doctorgonzo so wichtig.

Der Kommentar der Woche von doctorgonzo zu Das Leben des Brian

Oh, Du unglaubliche Existenz, die möglicherweise im angeblich besseren Jenseits residiert.
Geheiligt werde Dein Name, Dein Gitarrensolo komme, Dein finanzierter Film geschehe.
Auf der Leinwand und auch im Fernsehen.
In Ewigkeit, George Harrison.

Ja, dieser Mann ist nicht nur als Musiker kaum hoch genug zu preisen, sondern auch dafür, dass er die Kleingeldkasse geplündert hat, um diesen Film fertigstellen zu lassen, als das Projekt zu scheitern drohte, weil sich Studiobosse vor der möglichen Kontroverse in Sachen Religion fürchteten.

Glaube kann eine gute Sache sein, er kann Menschen Hoffnung und Kraft geben. Religion allerdings ist auch eines der am kreativsten erdachten Machtinstrumente, das den Menschen je einfiel. Und wenn sie in dogmatischer, unkritischer Obrigkeitshörigkeit gipfelt, ist sie gefährlicher als ein Dreijähriger an den Knöpfen eines Kernkraftwerkes.

Darum kümmern sich die Monty Pythons nur bedingt. Die Jungs aus good ol´ England brauchen keinen Messias, sie haben einen Mann namens Brian, dem nichts wichtiger ist als die Feststellung, kein Messias zu sein.

Ein kleines Martyrium in wohlorganisierten Extremistenorganisationen und in einer epischen Weltraumschlacht bringt nicht die erhoffte Erlösung, es wird noch schlimmer. Denn durch vor sich hin gestotterten Unsinn ist er nun plötzlich doch ein Messias, oder zumindest das, was man landläufig dafür hält.

Das tragische Ende dieser missverstandenen, unglücklichen Kreatur Brian hat etwas gleichermaßen Fatalistisches, wie auch etwas Aufmunterndes. Die Frage nach Erlösung stellt sich viel weniger, als die Frage nach einer Notwendigkeit dieser. Ist man nicht schon, unabhängig von religiöser Prägung, seinem Paradiese näher, wenn man einfach auf der Sonnenseite des Lebens steht?

Mit ihrer bissigen, abgedrehten, kreativen und einfach nicht zu kopierenden Art, machen sich die Pythons eben nicht über den Glauben her, sondern über die Dogmen, die dieser oft als Joch mit sich trägt.
Dies zu unterscheiden ist nicht so sehr eine Frage des Verstandes, sondern des Willens. Hier geht es nicht gegen Jesus, oder um den Disput, ob es ihn nun gab oder nicht, karikiert wird das, was Menschen tun, und dass dies nicht immer Sinn macht, sollte keine bahnbrechende Erkenntnis sein.

Zudem kriegen ja auch nicht bloß die Schattenseiten der Religion ihr Fett weg, es ist auch eine grandiose Zeitgeist- und Gesellschaftskritik. Wenn untereinander zerstrittene Interessen-, Widerstands- und Terroristengruppen den gemeinsamen Feind nicht ankratzen können, weil sie viel zu sehr miteinander beschäftigt sind, oder mitunter gar keine Vorstellung haben, was genau sie eigentlich wollen, dann passt das heute ebenso wie zur Entstehungszeit dieses Films.

Eine nahezu erfrischende Katharsis für jeden, der willens ist, den Witz zu erkennen, und sich nicht bloß entrüstet wegzudrehen, weil man Dinge bissig hinterfragt sieht, zu denen man steht.

Nichts, was die lustigen Engländer hier auf die Schippe nehmen, ist ihre eigene Fiktion und Schöpfung. All dies war schon vorher da, mit demselben komischen Potential. Man mußte es nur entdecken und freilegen. Und eben dieses freigelegte Potential stößt vielen negativ auf, zu Unrecht wie ich finde.

Kreuzigungen, Steinigungen, alles nicht von den Pythons zur Belustigung eingeführt, die Patentrechte hierzu sind wesentlich älter. Oder wie Regisseur Terry Jones sagte:

Any religion that makes a form of torture into an icon that they worship, seems to me a pretty sick sort of religion, quite honestly.

Welch grandiose Eigendynamik gewisse Ideen oder auch Ideenlosigkeiten entwickeln können, wenn man einen Messias sucht, ein Messias ist, kein Messias ist, gar keinen Messias haben will, oder die strafen möge, die keinen oder einen anderen Messias haben wollen.

Das hier ist nicht nur Schabernack [sic!], das hier ist eine detailverliebte Schöpfung, die Kontroverse nicht um der Kontroverse und des Umsatzes Willen macht, sondern eine entlarvend, zielsicher und gekonnt inszenierte Auseinandersetzung und Reflektion, eine Satire, die mehr Satire beinhaltet als jeder nachfolgende Versuch aufweisen kann, nicht nur im thematischen Zusammenhang.

Wäre es nur ein zahmer Versuch einer Satire, gäbe es viel weniger Leute, die hierauf auf besondere Weise negativ anspringen würden.

Brian: "Manchen kann man es wohl nie recht machen..."
Ex-Leprakranker: "Genau was Jesus gesagt hat!"

Der übrigens hätte, so er denn tatsächlich dieses überlegene und kluge Wesen war, hier einiges zu lachen gehabt. Schließlich hätte er in seiner Vollkommenheit die satirischen Elemente erkannt und seinem Glaubensbruder Kurt Tucholsky zugestimmt

Was darf die Satire? Alles!

Solltet ihr zu den seltsamen Menschen gehören, die hier nur schlecht dekliniertes Latein verstehen, weil sie den Film noch nicht gesehen haben: Gebt eurem Osterfest einen Sinn und schaut euch Das Leben des Brian entweder am Ostermontag um 20:15 Uhr auf RTL II an - oder schmeißt Netflix an und seht den Mann, der garantiert nicht der Messias ist. Und jetzt: Zur Tür raus, jeder nur ein Kreuz, linke Reihe anstellen, frohe Ostern!

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