Das Herr der Ringe von Disney+: Fantasy-Underdog Willow erfindet eine 35 Jahre alte Geschichte neu und wurde 2022 zu Unrecht übersehen

18.01.2023 - 11:20 UhrVor 1 Jahr aktualisiert
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Gegen Die Ringe der Macht und House of the Dragon hatte Willow keine Chance. Dennoch lohnt sich ein Blick in den charmanten Fantasy-Underdog bei Disney+.

Letztes Jahr haben wir eine nie dagewesene Offensive an Serien-Blockbustern erlebt. Besonders im Fantasy-Bereich konnten Streaming-Dienste beweisen, was für ein episches Ausmaß seriell erzählte Geschichten annehmen können. Gespannt haben wir das Duell zwischen der Mittelerde-Rückkehr Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht und dem Game of Thrones-Ableger House of the Dragon verfolgt.

Etwas untergegangen im Angesicht der großen Namen ist Willow. Hierbei haben wir es mit der Fortsetzung des gleichnamigen Fantasyfilms aus dem Jahr 1988 zu tun. Der wurde von Ron Howard inszeniert und geht auf eine Idee von Star Wars-Schöpfer George Lucas zurück. Letztes Jahr im November startete die Willow-Serie bei Disney+. Jetzt könnt ihr alle acht Episoden am Stück streamen – es lohnt sich!

Fantasy-Empfehlung bei Disney+: Willow erfindet sich nach über drei Dekaden neu

Die Geschichte der Serie setzt 17 Jahre nach den Ereignissen des Films ein. Am Königreich Tir Asleen herrscht Aufruhr, denn Prinz Airk (Dempsey Bryk) wurde von finsteren Gestalten entführt. Hals über Kopf beschließt seine Zwillingsschwester Kit (Ruby Cruz), sich auf die Suche nach ihm zu machen. Begleitet wird sie von ihrer besten Freundin Jade (Erin Kellyman) und Airks Geliebten, Dove (Ellie Bamber).

Hier könnt ihr den Trailer zu Willow schauen:

Willow - S01 Trailer (Deutsch) HD
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Mehr oder weniger unfreiwillig gesellen sich Graydon (Tony Revolori), der arrogante Prinz von Galladoorn, der Kit heiraten soll, und der kriminelle Boorman (Amar Chadha-Patel) in die Runde. Und dann wäre da noch Willow (Warwick Davis), der Zauberer aus dem ersten Teil, der sich der Gruppe kurze Zeit später anschließt. Geplagt von düsteren Visionen, würde er aber am liebsten direkt wieder Reißaus nehmen.

Ein bisschen erinnert das Wiedersehen mit Willow an die Luke Skywalker-Begegnung in Star Wars 8: Die letzten Jedi. Nach all den Legenden, die sich um den einstigen Protagonisten der Geschichte ranken, muss eine neue Generation feststellen, dass dieser ebenfalls Fehler gemacht hat und an sich selbst zweifelt. Nun begibt sich Willow auf ein Abenteuer, das ihn mit den anderen an den Rand der Welt bringt.

Willow vereint in acht Folgen ein Fantasy-Epos mit einer Coming-of-Age-Geschichte

Geschaffen wurde die Serie von Jonathan Kasdan, der sich bei Lucasfilm bestens auskennt (Willow ist neben Star Wars und Indiana Jones die dritte große Marke im Lucasfilm-Katalog). Zusammen mit seinem Vater, Lawrence Kasdan, hat Jon Kasdan das Drehbuch zu Solo: A Star Wars Story geschrieben, der sich der Origin-Story einer der ikonischsten Figuren aus dem Krieg der Sterne annäherte: Han Solo.

Willow

Wo Solo oft mit dem Kritikpunkt konfrontiert wurde, nur offensichtliche Dinge zu erklären (Wie haben sich Han und Chewie getroffen? Was hat es mit dem Kessel Run auf sich?), ist bei Willow genau das Gegenteil der Fall. Die Mythologie des Originals schwebt zwar über dem Erzählten, ist aber nur ein loser Inspirationsquell, um ein von Emotionen getriebenes Fantasy-Abenteuer zu erzählen. Frei nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel.

Obwohl der Titel eine klare Hauptfigur benennt, geht es in Willow um die Gefährt:innen, die sich Kit auf ihrer Reise ins Ungewisse anschließen. Die Quest wird zur Verlängerung des Coming-of-Age-Films, der im Herzen der Serie schlummert, was Willow näher an The Shannara Chronicles heranführt als zu Der Herr der Ringe und Game of Thrones. Der große Konflikt zwischen Gut und Böse weicht der Erforschung von Gefühlen.

Wichtiger Schritt für Lucasfilm: Willow wagt sich dorthin, wovor sich Star Wars noch drückt

Mindestens drei Liebesgeschichten laufen in Willow parallel nebeneinander her, während die Figuren herauszufinden versuchen, wer denn überhaupt die richtige Person für sie ist. Die Drehbücher sind frech wie liebevoll geschrieben, verbinden Witz mit Empathie und lehnen sich so selbstbewusst in LGBTQ+-Geschichten, wie es sich Lucasfilms Sternensaga trotz einiger Andeutungen bisher nicht getraut hat.

Willow

Während das Star Wars-Traumpaar FinnPoe für immer eine Fantasie bleiben wird, dürfen Kit und Jade ihre heimliche Liebe nach und nach ganz offen ausleben. Kasdan verbindet die persönlichen Herausforderungen mit dem übergreifenden Fluss der Geschichte, wenn er sie nicht direkt zum Fluss selber macht. Zum Glück ist jede der Figuren ein Volltreffer. Am Ende will man keine der neuen Held:innen ziehen lassen.

Zugegeben: Willow muss erst über ein paar Anlaufschwierigkeiten hinwegkommen und sein eigenes Tempo finden, was dazu führt, dass die zweite Staffelhälfte, die deutlich stärkere ist. Letztendlich aver überzeugt Kasdans Vision. Niemals erstarrt die Serie vor Ehrfurcht im Angesicht des Originals. Stattdessen lässt sie vertraute Willow-Elemente munter mit Coverversionen moderner Songs kollidieren.

Frischer Wind im Willow-Universum: George Lucas' Kern der Geschichte bleibt erhalten

Willow vereint in seiner jugendlichen Neugier Gegensätze. Die Enthüllung der Festung Nockmaar erfolgt etwa zu einer Coverversion von Enter Sandman. Genauso wie der ikonische Metallica-Song von Popsängerin Rina Sawayama zu neuem Leben erweckt wird, wischt Kasdan den Staub von der Vorlage und bringt frischen Wind ins Willow-Verse. Diese lockere Einstellung im Umgang mit nostalgisch belagerten Geschichte ist erfrischend. Nach 34 Jahren kann eine Veränderung des Rhythmus nicht schaden.

Trotz aller Modernisierungen und Rhythmusveränderungen bleibt der Kern erhalten, sowohl auf erzählerischer als auch auf visueller Ebene. Willow überprüft die Trope der Heldenreise mit liebenswürdigen Figuren und greift auf einen beeindruckenden Fundus an (praktischen und digitalen) Spezialeffekten zurück, um das Abenteuer greifbar zu machen. Willow hinterfragt und lebt seine Fantasiewelt gleichzeitig.

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