CGI-Overkill – wenn im Actionkino die Action fehlt

20.03.2014 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
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Digital ist besser? Das Actionkino können Tocotronic damit wohl kaum gemeint haben. Wenn CGI die Kunst der Actioninszenierung ersetzt, geht damit auch ein erheblicher Reiz des Genres verloren. Oder hat klassisches Actionkino einfach nur ausgedient?

Computer-Generated Imagery, dagegen ist erst einmal überhaupt nichts einzuwenden. Ein Kino ohne computergenerierte Bilder scheint kaum noch denkbar, und die Kunst digital erzeugter Spezialeffekte kann selbstverständlich nur als elementare (und dankbare) Erweiterung der Filmsprache gewertet werden. Digitales Filmemachen, von den avantgardistischen Computertexturen einer Lillian Schwartz bis hin zur Erschaffung scheinbar uneingeschränkter filmischer Welten bei George Lucas, Zack Snyder oder Paul W.S. Anderson, hat dem Kino neue sinnliche Räume eröffnet. Und damit Ausdrucksformen geschaffen, die sich innerhalb einer digitalen Ästhetik immer wieder neu zu erfinden scheinen – sei es eine kreierte Fantasie ungeahnter (und auch unwahrscheinlicher) Möglichkeiten oder schlicht digital emulierter Photorealismus, wie er etwa jüngst in Gravity fast taktile (3D-)Qualitäten offenbarte. Bei einem jeden handwerklichen Tool, sofern wir die filmemacherische Arbeit mit CGI als solches begreifen mögen, stellt sich jedoch die Frage nach dem Umgang mit ebendiesem. Und genau dort beginnen Diskussionen unter Filmliebhabern über Methodik, Zielführung und letztlich Sinnhaftigkeit eines computergenerierten Kinos.

Action als Königsklasse der Filmkunst
Aus aktuellem Anlass, dem Start der Videospiel-Adaption Need for Speed, möchte ich das Thema hier auf den Actionfilm beschränken (und freilich auch aus Platzgründen). Wie sonst nur noch das Musical ermöglicht der Actionfilm insofern ein Kino unmittelbarster Darstellungsform, als er die konsequente Konkretisierung von Bewegungen zum Mittelpunkt der Inszenierung macht: Die Rhythmisierung der Körper und Objekte, eine wesentlich auf Aktion und Reaktion hin konzipierte filmische Dynamik, verleiht dem bewegten Bild so viel Sinn und Ausdruck, dass Actionfilm wie auch Filmmusical für mich immer schon die “reinste” Form von Kino bildeten. Mehr noch: die absolute Bestätigung von Kino. Denn nicht nur lassen sich filmische Gestaltungsmittel hier so deutlich wie nirgendwo anders veranschaulichen (nämlich in Choreographien und Schnitt). Sondern betrachte ich Actionfilme mit ihrer letztlich musikalischen Anordnung – ich verweise auf geläufige Begriffe wie Kugelballett bezüglich John Woo – von Kämpfen, Shootouts und Explosionen in gewisser Weise auch als Königsklasse der Filmkunst per se.

Nutzen und Schaden
Eine solche Liebeserklärung wird spätestens dort beeinträchtigt, wo der Actionfilm genau diese Eindrücke verunmöglicht. Oder anders: wo er Action und Actioninszenierung soweit simuliert, dass es der eigentlichen filmischen Illusion nicht mehr zu-, sondern abträglich ist. Keinem Filmgenre, so möchte ich meinen, hat die Entwicklung von Computer-Generated Imagery weniger genützt als dem Actionfilm. Zumindest, wenn ich diesen Nutzen gegen seinen Schaden abwägen müsste. Der Einsatz von CGI bildet seit den frühen 1990er-Jahren auch im Actionkino ein vordringliches Mittel zur Illusionserzeugung, als digitale Ergänzung analoger Tricktechnik wie auch zunehmend als deren vollständiger Ersatz. Es entstanden Actionfilme, deren Explosionen computergeneriert sind, deren einfache Zweikämpfe von digital animierten Avataren absolviert werden oder deren Stars sich gegen gleich gänzlich gepixelte Antagonisten zur Wehr setzen müssen. Unabhängig der tatsächlichen Qualität entsprechender CG-Effekte oder der Plausibilität ihrer Ästhetik (ich selbst finde es nicht unproblematisch, die Handhabung von CGI bewerten zu wollen), ist ihr Gebrauch sicherlich stets legitim, wenn sich ein gewünschtes Resultat eben nicht anders erzielen lässt (computergenerierte als schlicht tricktechnische, also nicht anders zu bewerkstelligende Action).

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