Blutiger Schnee, blutiges Fernsehen

30.03.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Lady Snowblood
Rapid Eye Movies
Lady Snowblood
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Bisher habe ich in dieser kleinen Serie ausschließlich von Kinofilmen gesprochen, die im Westen entstanden sind. Es ist jetzt an der Zeit, zwei kurze Blicke über den Tellerrand zu werfen. Der erste Blick geht in Richtung Asien, der zweite auf den Fernsehschirm.

Dass es lange Zeit nicht gerade die originellsten Frauenfiguren aufweisen konnte, hat niemand dem westlichen Actionkino deutlicher vor Augen geführt als Quentin Tarantino. Sein zweiteiliges Epos Kill Bill: Volume 1 / Kill Bill: Volume 2 ist nicht nur ein Feuerwerk an post- und popmodernen Referenzen, sondern außerdem eine ausführliche Verneigung vor den großartigen Kämpferinnen des asiatischen Films.

Blutgetränkter Schnee aus Asien
Von „Asien“ zu sprechen, ist dabei natürlich insofern problematisch, als mit diesem Begriff eine Vielfalt von Kulturen und Erzähltraditionen umschrieben wird, die alles andere als gleichförmig und deshalb nur schwerlich für einen pauschalisierenden Blick geeignet sind. Wenn ich das hier trotzdem versuche, dann mit großer Beschränkung auf ein paar herausragende Beispiele und weil hier nicht der Raum ist, um das im Detail zu beleuchten.

Zu den Filmen, die insbesondere Quentin Tarantinos Hommage wieder ans Licht geholt hat, gehört sicher der japanische Lady Snowblood von 1973, deren Protagonistin den Mord an ihren Eltern und die Vergewaltigung ihrer Mutter rächt, knapp 20 Jahre nachdem die Tat verübt wurde. Der Film verweist natürlich auf gesellschaftliche Kontexte (Ehre, Familienbande), zeigt sich aber, zumal für einen Exploitationfilm, insgesamt überraschend desinteressiert daran, welchen Geschlechts die Hauptfigur ist.

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Meiko Kaji, die Hauptdarstellerin, war zuvor schon durch ihre Rolle in Sasori-Scorpion (1971) bekannt geworden, der zum Subgenre der Frauen-im-Gefängnis-Filme gehört und damit eine dem japanischen Kino eigentümliche Erscheinung berührt, die Pinky Violence-Streifen. Sie entstanden Anfang der 1970er Jahre aus Elementen des Sexploitationfilms (Pinku eiga) und des Actionkinos; berühmt-berüchtigt sind deshalb Momente wie die Szene aus Sex and Fury, in der sich die frisch der Badewanne entsteigende Protagonistin nackt und mit Schwerthieben ihrer Angreifer entledigt.

Mutierende, groteske Körper
Nackte Männer sieht man (gute Filme von David Cronenberg einmal außen vor) in solchen Situationen ja eher selten, und so ist klar, dass es diesen Filmen natürlich nicht primär um Gleichberechtigung geht, sondern um Schauwerte. In japanischen Filmen bleiben so bis heute Actionheldinnen – gerne in Schuluniform – vor allem ein Element des Exploitationkinos, wie wir etwa an The Machine Girl (2008) noch beobachten können. Ergebnis solcher Entwicklungen ist aber auch ein Meisterwerk wie der Trashfilm Mutant Girls Squad, das am Beispiel einer Gruppe junger Frauen mit verschiedenen Mutationen Themen durchdekliniert, die sich so krass im Mainstreamkino niemand vornehmen mag: Groteske Körperlichkeiten, Sexualität und die sexuelle Darstellung von Frauen in der japanischen Kultur (um nur mal Tentakelsex zu nennen) werden hier zu einer blutigen Splattershow zusammengebracht, die ihresgleichen sucht.

Darin ist das japanische Kino in vielem womöglich auch extrem; der chinesische Film allerdings brachte auch so Perlen hervor wie (aus Hongkong) Heroic Trio und Heroic Trio 2: Executioners mit Michelle Yeoh, Maggie Cheung und Anita Mui, die durchaus ambivalente (Super-)Heldinnen präsentierten; und mit Tiger & Dragon (2000) schaffte es ein Film sogar in den Westen, der Heldinnen in den Mittelpunkt stellt und in der Tradition des Wuxia-Films steht. Das neuere asiatische Kino präsentiert im Gefolge von Ong-Bak dann auch Martial-Arts-Kämpferinnen der härteren Gangart, etwa in dem thailändischen Chocolate – süß und tödlich oder dem recht neuen chinesischen Prügelfilm Kill Fighter.

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