And the Oscar goes to ... Colin Firth

08.02.2011 - 08:50 Uhr
Colin Firth sollte ihn haben: den Oscar
AMPAS/moviepilot
Colin Firth sollte ihn haben: den Oscar
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Seit fast drei Jahrzehnten ist Colin Firth im Filmgeschäft, aber erst in den letzten Jahren konnte er sich aus dem Ghetto der RomComs befreien. Warum der Brite für The King’s Speech endlich einen Oscar verdient hat, erfahrt ihr im folgenden Text.

Eigentlich hätte Colin Firth schon im Jahr 1989 ein gefeierter Hollywood-Star werden können. Zumindest auf dem Papier liest sich seine Karriere in den 80er Jahren wie der logische Aufstieg von einem Theaterschauspieler zum Charakterdarsteller zum Hollywood Leading Man. Landsleute wie Alan Rickman und Kenneth Branagh machten vor, wie es funktionieren könnte und auf dem Papier hätte Colin Firth 1989 mit seiner Hauptrolle in einer Adaption von “Gefährliche Liebschaften” mit dem Titel Valmont, bei der der große Milos Forman Regie führte, berühmt werden können. Das simple Problem: Heute erinnert sich kaum noch jemand an den Film, denn ein Jahr zuvor war Gefährliche Liebschaften von Stephen Frears ein Hit gewesen. Alle Welt sprach über John Malkovich und niemand über Colin Firth.

Doch wenn etwas die Karriere des Mannes auszeichnet, der im letzten Jahr seinen 50. Geburtstag gefeiert hat, dann ist es seine Fähigkeit, so lange tapfer weiter zu arbeiten, bis das nächste kleine oder große Comeback sich anmeldet, das ihn wieder ins Scheinwerferlicht rücken kann. Doch: Eigentlich war er in den letzten dreißig Jahren nie wirklich weg, manchmal geriet er schlicht in den Hintergrund. Zu den großen “Dingern”, die Colin Firth nach diesem verhängnisvollen Film 1989 widerfuhren, gehörten beispielsweise sein erster, bis heute prägender Durchbruch als Mr. Darcy 1995 in der gefeierten BBC-Serie Stolz und Vorurteil und sein zweiter als… Mr. Darcy in Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück. Während ersterer noch von seinem Talent kündete, verwandelte letzterer Colin Firth endgültig in den typischen Romantic Comedy-Gentleman, in das introvertierte(re) Gegenstück von Hugh Grant.

Ein nächstes großes Ding war nötig, um dem RomCom-Typecasting entgegen zu wirken. Manche Fans hofften darauf, manche dachten vielleicht, es würde nicht mehr kommen, aber es kam, sah und siegte. Sein Name war A Single Man und viele attestierten Colin Firth, er hätte in dem Regie-Debüt von Tom Ford die Rolle seines Lebens gespielt. Vielleicht hat er das, vielleicht auch nicht. Den Oscar bekam er jedenfalls nicht. Nun, ein Jahr später hat er wieder eine Chance, eine, die größer ist denn je. Alle wichtigen Preise sammelt der zum Favoriten mutierte The King’s Speech – Die Rede des Königs ein und wenn derzeit eine Kategorie eine sichere Bank ist beim Oscar am 27. Februar, dann ist es die des Besten Hauptdarstellers.

Doch Colin Firth hat die Ehrung nicht verdient, weil er letztes Jahr verloren hat. Ein “Ersatzoscar” wäre vielmehr eine Schmälerung seiner Leistung als stotternder König George VI. Auch eine “Belohnung” für seine Karriere hätte einen ähnlichen, herabsetzenden Effekt. Colin Firth sollte das Goldmännchen dieses Jahr mit nach Hause nehmen, weil er fantastisch gespielt hat. In The King’s Speech – Die Rede des Königs gelingt es ihm nicht nur, eine Sprachbehinderung mit ungesehener Präzision glaubhaft zu machen. Aus einer handwerklichen Sicht ist das allein schon meisterlich, aber es steht eben auch unter dem Verdacht, auf den Oscar zugeschnitten zu sein.

Was das Historiendrama tatsächlich von Filmen mit ähnlichen Motiven abhebt, ist die Fähigkeit Colin Firths, das Stottern nur zu einer von vielen Eigenschaften seiner Figur zu machen. Nahtlos fügt es sich in seine Charakterisierung ein, bis wir darüber hinwegschauen und einen Blick in die Seele eines gequälten Mannes erhalten. Mit wenigsten Mitteln vermag Colin Firth es, die ganze Pein eines Mannes auszudrücken, der selbst nicht fähig scheint, diese in einer Sprache zu artikulieren. Blicke, zitternde Mundwinkel, eine leichte Neigung des Kopfes – all das gehört seit Jahrzehnten zum Repertoire des minimalistischen Darstellers. Hier führt er es nach A Single Man erneut zur Perfektion, ohne es je wie das aussehen zu lassen, was es schlussendlich auch ist: Handwerk. Letztes Jahr war er so gut. Dieses Jahr ist er so gut. Den Oscar hat er dafür verdient. Hoffen wir, dass noch weitere große “Dinger” für Colin Firth folgen.

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