Wir schauen True Detective - Staffel 2, Folge 7

04.08.2015 - 08:50 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
True DetectiveHBO
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In der vorletzten Episode von True Detective sind die Gegener übermächtig, die Ermittler befinden sich kurz vor der Lösung des Verschwörungsrätsels und Frank weiß endlich, wo sein Geld geblieben ist. Eine explosive Folge mit Stärken und alten Schwächen.

In der vorletzten Folge von True Detective wird die Handlung zwar nicht weniger verwirrend, weicht aber in ihrem Aufbau zum Glück etwas von der ermüdenden Norm ab. Die Hürden zeichnen sich groß und scheinbar unüberwindbar ab und unsere True Detectives müssen lernen, zu sich selbst zu finden - mit mehr oder weniger gutem Ausgang. Black Maps and Motel Rooms erdrückt mit einer ungeahnten Menge an Informationen, Verschwörungen und Verstrickungen. Wenn durchschaut, offenbart sich allerdings ein Endgegner, der in seiner Tragweite das Finale von True Detectives erster Staffel in den Schatten stellen könnte. Wem das Schicksal von Paul Woodrugh (Taylor Kitsch), Ani Bezzerides (Rachel McAdams), Ray Velcoro (Colin Farrell) und Frank Semyon (Vince Vaughn) am Herzen liegt, wird in dieser Folge oft den Atem anhalten können. Für alle anderen (wie mich) lässt sich zumindest freudig konstatieren, dass des Rätsels Lösung kurz bevorsteht.

" I wish your life had been easier"

Die Konsequenzen der Sex-Party der letzten Folge stehen im Zentrum von Black Maps and Motel Rooms. Paul, Ray, Ani und die "gerettete" Vera (Miranda Rae Mayo) halten sich im titelgebenden Motel versteckt. Alle vier sind nun nicht mehr sicher und haben gefühlt halb Vinci gegen sich. Paul und Ray haben wichtige Dokumente mitgehen lassen, die beweisen, dass Osip Agronov (Timothy V. Murphy), Tony Chessani (Ritchie Coster), Vinci Polizeichef Holloway (Afemo Omilami) und Generalstaatsanwalt Geldof (C.S. Lee) für einen verschwindend geringen Betrag Casperes Ländereien unter sich aufgeteilt haben ("I mean, they just repurchased Caspere's shares for pennies and redistributed them"). Die Polizisten haben damit nicht nur schlafende Hunde geweckt, sondern auch deren Futter weggenommen. Nun rücken sie ins Visier der Verschwörer. Die Verbindungen zwischen Politik, Polizei und Staatsanwaltschaft lässt Ani, Ray und Paul keine andere Wahl, als noch mehr handfeste Beweise zu sammeln, um damit ohne Umschweife direkt zum Bund - sprich dem FBI - zu gehen. Der Überfall auf den Juwelierladen im Jahre 1992 könnte der Schlüssel des ganzen Verschwörungsrätsels sein.

Ohne auf Einzelheiten einzugehen, finden sie heraus, dass Rays ehemaliger Partner Dixon, sein Vorgesetzter Burris, Polizeichef Holloway und der ermordeten Caspere hinter dem Raubüberfall steckten. Die blauen Diamanten dienten fortan als Einkauf in hohe, gut bezahlte Ämter. Dass die korrupten Bullen dabei zwei Kinder verwaist zurückgelassen haben, holt sie - 23 Jahre später - womöglich ein. Die Kinder Laura und Leonard sind nun erwachsen und werden in der Ermittlung des Falls nächste Woche sicherlich eine Rolle spielen (wenn sie nicht sogar die Mörder von Caspere sind). Dieses Wer-mit-wem erstreckt sich über die gesamte Folge und wird in großzügig portionierten Informationsladungen über den Zuschauern ausgekippt. Wer nur einen Namen dabei nicht zuordnen kann, ist zwangsläufig raus. True Detective war zwar noch nie etwas für den Gelegenheitszuschauer, aber ich bin mir sicher, dass Staffel zwei auf dem Papier viel mehr Sinn ergeben hätte. Immerhin startete Nic Pizzolatto seine Karriere als Roman-, nicht als Drehbuchautor.

Zumindest müssen wir diesmal nicht 40 Minuten warten, bis etwas Signifikantes passiert. Während Rays unheilvolle Begegnung mit dem Vogelmann, Anis und Rays nächtliche Verfolgungsjagd und zuletzt die Sexparty das einzig wirklich Aufregende an der jeweiligen Folge waren, gehört die tödliche Auseinandersetzung von Frank und Blake sowie die Entdeckung von Staatsanwältin Davis' (Michael Hyatt) Leiche zu den besseren Szenen der Folge. Die siebte Folge interessiert sich mehr für die Auswirkungen des Falls auf die Psyche der Charaktere als für nebensächliche Privatprobleme. So verkündet Frank die lang ersehnte Schwangerschaft von Jordan (Kelly Reilly) scheinbar in einem kruden Nebensatz: "Guy's been around less the last three months than my wife's period".

"I'm just trying to be a good man"

Was die Charaktere verbindet, ist die Suche nach Erlösung. Ray und Ani haben sie bisher im Alkohol zu finden geglaubt, Paul in einer falschen Beziehung zu einer Frau und Frank in der Vorstellung, ein rechtschaffener Geschäftsmann zu werden. Alle Ansätze waren die falschen und zum Scheitern verurteilt. Erst jetzt in Black Maps and Motel Rooms finden die Figuren zu sich, vergeben und erfahren dadurch die Läuterung, die sie in den letzten sechs Episoden wünschten. Ani spricht sich endlich mit ihrem Vater aus, der zum ersten Mal Fehler eingesteht ("I wish your life had been easier"). Sie vergibt sich und reißt ein Stück ihrer Mauer ein ("I think I might be unfair to people sometimes"). Seelisch immerhin ein Stück gereinigt, benutzt sie Sex zum ersten Mal nicht als Machtdemonstration, sondern macht sich zum ersten Mal verletzbar. Ray zieht in diesem Moment in Erwägung, vielleicht doch kein schlechter Mensch zu sein.

Frank lässt zum ersten Mal sein Saubermann-Image fallen. Wir erleben in dieser Folge einen Vince Vaughn in Top-Form. Nicht zuletzt, da er diesmal fast vollständig auf die verschwurbelten Zeilen Nic Pizzolattos verzichten darf. Besonders in der Szene, als Frank die letzten Informationen aus dem Verräter Blake herausprügelt und ihn letztendlich kaltblütig auf seinem Teppich verbluten lässt („Look me in the eyes. I want to watch your lights go out"), brilliert Vince Vaughn. Osip plant die Übernahme aller illegalen Geschäfte in Vinci. Caspere hatte nie die Absicht, den Deal mit Frank durchzuziehen. Mit diesem Wissensvorsprung in petto macht Frank sich daran, alle Brücken hinter sich zu verbrennen (wortwörtlich!). Er organisiert sich Geld, Fluchtwagen, falsche Pässe und Waffen, um seinen ganz persönlichen Endgegner, Osip Agranov, zur Strecke zu bringen. Am Ende zündet er sein Casino und seine Bar an und blickt von einer Anhöhe über seine brennenden Immobilien - ein Befreiungsschlag.

Auf der anderen Seite des Gesetzes gerät Paul in eine Situation, auf die er sich schon die ganze Staffel lang zubewegte. Im Gegensatz zu den anderen drei Figuren schafft er es allerdings nicht, sich aus seinem Käfig zu befreien und muss dafür bezahlen. Seine geheime Affäre mit Army-Kumpel Miguel führt ihn direkt in eine Erpressung. Die Söldnereinheit Black Mountain arbeitet nun exklusiv für die Catalyst Group und damit auch Holloway und Burris (James Frain). Entweder er verrät den Aufenthaltsort von Ray, Ani und den Dokumenten oder jeder wird von seinem Geheimnis erfahren. Die Ironie dabei: „If you had just been honest about who you are, nobody'd be able to run you”. Pauls Geschichte ist eine der tragischsten in dieser Staffel. Nachdem er sich aus der Einkesselung in den Tunneln unter der Stadt herausgekämpft hat, empfängt ihn Detective Burris mit einer Kugel direkt in den Rücken. Und – falls wir uns an dieser Staffel an den Fakemord an Ray erinnern – gibt er ihm noch eine Kugel, um ganz sicher zu gehen. Pauls Geschichte geht in dieser Folge zu Ende. Seine ahnungslose Verlobte und Mutter harren derweil immer noch in dem Motelzimmer aus, in das sie Paul zur Sicherheit geschickt hat. “Well, like you, Bud, I don’t think too much about happiness either", fasst der im TV laufende Film Fieber im Blut die Staffel perfekt zusammen.

Beobachtungen am Rande:

  • Marty Hart schaut True Detective Staffel 2 
  • Auf der TCA-Pressetour verspricht HBO-Chef Michael Lombardo ein befriedigendes Finale . Ich bin gespannt, ob True Detective wenigstens als Gesamtwerk seine Daseinsberechtigung findet.
  • Der 12-Millionen-Dollar-Geldaustausch zwischen Osip und Catalyst wird zum Showdown, hab ich so im Gefühl.
  • Ani bringt Vera zum Schweigen: "You reach out to those men, I'll let them know you talked to a cop and they'll paint a cabin with you"
  • Einen konnte sich Nic Pizzolatto nicht verkneifen. Frank'ism der Woche: "In the midst of being gangbanged by forces unseen, I figure I'd drill a new orifice, go on and fuck myself for a change".
  • Das Finale nächste Woche ist übrigens 90 Minuten lang.

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