Wir schauen Fringe – Staffel 5, Folge 10

23.12.2012 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
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Folge 10 bereitet uns langsam auf das Finale vor und doch ist eigentlich alles wie gehabt: Ein Geheimnis wird gelüftet, eine famose Figur wird aus dem Ensemble gestrichen, und Walter weiß wieder nicht, wer er ist.

Kürzlich wurde die finale und somit 100. Episode von Fringe – Grenzfälle des FBI abgedreht, sodass sich dasselbe Kreativteam der Fertigstellung von Star Trek Into Darkness widmen kann. Nachdem Walters (John Noble) Rausch gemächlich verebbt ist, können Olivia (Anna Torv), Peter (Joshua Jackson) und Astrid (Jasika Nicole) wieder auf dessen eingeschränkte Allgegenwärtigkeit zählen. Seit neun Folgen ist der sagenumwobene Defeat-the-Observer-Plan in aller Munde. Was es damit auf sich hat, weiß aber niemand. Die Unerträglichkeit dieser Tatsache hat wohl auch David Fury erkannt, der sich inhaltlich für Anomaly XB-6783746 verantwortlich zeichnet und uns etwas Abhilfe in Aussicht stellt. Und dann wäre da noch Donald, den auch jeder kennt, aber irgendwie doch nicht. Eines steht am Ende der Episode fest: Wir gehen große Schritte in Richtung Finale.

Was passiert: Auch wenn wissenschaftliche Untersuchungen an Kindern von Großteilen des Fringe-Teams abgelehnt werden, ist die Neugier die treibende Kraft. Peter, der sich mit Beobachter-Sonden im Nacken bestens auskennt, konstatiert dem Beobachter-Jungen Michael vollkommene Gesundheit. Doch wie ist er ohne Sonde an seine Kräfte gelangt? Und über welche Kräfte verfügt er? Was Olivia „very special“ nennt, würden wir als „very strange“ einstufen, denn wer lehnt schon Walters heißgeliebte Gummisticks ab? Diese Form der Zurückweisung ist jedoch nicht die Ursache für Walters darauffolgenden Ausbrauch. Aus dem alten Muster heraus schlägt er eine Betäubung und daran anschließende Tests vor, wie er es bei den Cortexiphan-Versuchen schon einmal gemacht hat. Dieses Verhalten widerspricht dem „guten“ Walter deutlich, was der gesamten Entwicklung seines Charakters neue Brisanz verleiht. „He is not a child. He is an integral part of my plan“, spricht der Egomane. Das Problem von Olivia & Co. ist aber, dass Michael nicht kommuniziert, obwohl Olivia in einem alten Fringe-Fall vom Gegenteil überzeugt wurde. Ein Anruf im Ministerium der Wissenschaft könnte helfen, schließlich handelt es sich bei der obersten Mitarbeiterin um Nina Sharp (Blair Brown), die ihre Loyalität inzwischen unter Beweis gestellt hat. Leider hat sie dabei Spuren hinterlassen, weshalb Captain Windmark die Fährte bis in ihr Büro verfolgt. Bei der Verwendung der LQ7-Einheit schlägt natürlich das Technikherz eines jeden Fringe-Fans höher – Ideenlosigkeit bezüglich furistischer Techniken ist den Autoren nicht vorzuwerfen. Captain Windmark wird hellhörig: “A child observer?” Anscheinend umgibt den Jungen ein größeres Geheimnis als wir bisher dachten.

Nina führt die Bishops und den Jungen durch die Straßen der Innenstadt zum geheimen Labor, von dem die Beobachter keine Kenntnis haben. Die soziale Kälte weht durch die Luft, passend zum Blätterfall der Herbstbäume. Nina sorgt sich um Walters Zustand und Peter trifft den Nagel mit der Gegenfrage, welchen Walter sie denn eigentlich gemeint hat, auf den Kopf: Walters Ambivalenz ist derzeit ausgeprägter denn je. Da selbst der LSD-Trip nicht helfen konnte, macht sich Peter bezeichnenderweise ernsthafte Sorgen; gegen die Entfernung des alten Gehirnteils würde er gerne sein Veto einlegen. Die Spätfolgen einer Operation sind nicht abschätzbar und nachdem Walter seinen Sohn zwei Episoden zuvor zurückgewinnen konnte, möchte auch Peter seinen Vater nicht erneut verlieren. Hier flammt das Vater-Sohn-Motiv auf, das sich seit Anbeginn durch die Serie zieht und stets ist es einer der beiden Bishops, der für das Wohl des anderen den eigentlichen Plan zu ändern erwägt. Ob es zu einer solchen Änderung noch kommen mag, ist fraglich. Dies deutet zumindest Nina an, die auf die manchmal notwendigen Opfer dieses Krieges um die Zukunft anspielt: „What I’m saying is that your father understands that everything worth fighting for comes with a cost.“ Doch um welchen Walter handelt es sich momentan? Es ist wieder einmal John Nobles Schauspiel, dass uns bei der Identifizierung nur eine Lesart übrig bleibt. Wenn wir ihn dabei beobachten, wie chaotisch-desorientiert er nach dem Geld in seiner Tasche sucht, sind wir uns des geliebten Walters sicher. Auffällig ist zudem, wie sehr Michael Ettas Lücke ausschmückt. Wüssten wir es nicht besser, sprächen wir von einer intakten Familie. Die Trauer und die schwierige Überwindung des Verlustes wurden unterschwellig in die Handlung eingearbeitet. Einzig eine kleine Gänsehautszene lässt Peter und Olivia in Erinnerung schwelgen: „Everytime I see one of those posters my heart jumps. It is hard to see her face, but at the same time, I want to.“

Nina ebnet dem Fringe-Team den Weg in das Labor, das sie dem Widerstand für Forschungen an toten Beobachtern zur Verfügung gestellt hat. Ihnen ist es gelungen, die Denk- und Kommunikationsweise der Widersacher zu analysieren. Die bisherigen Erkenntnisse wurden in Form des ECOG zusammengefügt. Mithilfe dieses Geräts, das stark an den Transilience Thought Unifier erinnert, soll zwischen Michael und dem Team eine Brücke geschlagen werden. Angesichts der geheimen Experimente und der modernen Ausstattung des Labors kennt Walter keinen Halt: „Prep the subject“, kategorisiert er Michael kaltherzig. Ebenso kaltherzig geht Windmark bei der Suche nach dem Verräter aus dem Ministerium für Wissenschaft vor. Jeder Arbeiter wird auf den heißen Stuhl gebeten, ein „I believe you“ ist letztendlich die erlösende Botschaft. Und weil das Fringe-Team parallel dazu feststellt, dass das ECOG ohne ein ähnliches Modell aus dem Ministerium nutzlos ist, zeichnet sich ein kompromissloser Ausgang des Geschehens ab. Zwar versuchen sie Dr. Hastings telefonisch vor dem Verhör zu warnen (Incoming call: 458568649596080141), dieser befindet sich allerdings bereits in der Warteschlange und wird bei der Lesung durch Windmark ausplaudern, was der Sicherheit des Fringe-Teams wegen lieber geheim geblieben wäre, „I do not believe you“. Olivia beobachtet das Verhör und unterrichtet Nina darüber, dass sie nun keinen sicheren Zufluchtsort mehr hat. Ninas Tränen symbolisieren die Ausweglosigkeit und welche Lösung sollte für eine alte, gebrechliche Frau im Rollstuhl noch konstruiert werden?

Stattdessen sollen Altruismus und Kühnheit ihrem Heldentod und dem damit verbundenen Abschied deutliches Gewicht verleihen. Geistesgegenwärtig gelingt es ihr, Michael noch im Labor zu verstecken. Bezüglich Windmark haben die Autoren es sich nicht nehmen lassen, ihr boshaftes Aushängeschild der Serie mit einigen subtilen humoristischen Einlagen zu verknüpfen. Unvergessen ist seine nüchterne Bemerkung am Ende der 4. Folge, als seine Handlanger ihm von dem Protein-Gift erzählten, das dass Fringe-Team gegen die Beobachter eingesetzt hatte: „Barbaric!“ Diesmal ist es sein abgeklärtes Fahrstuhlmanöver, das uns ein Schmunzeln ins Gesicht malt. Unten angekommen setzt er noch einen drauf: „You animals“, entgleitet ihm, als er die Versuchsobjekte in den Kammern sieht. Dass ein Captain Windmark trotz versteinerter Miene noch boshafter dreinblicken kann, hätte wohl niemand gedacht. Die hohe Kunst der Ironie ist zudem, dass der Herzloseste von allen andächtig seinen Hut für die Gefallenen nimmt. Für Nina ist dieser Anflug der Rührung eine Steilvorlage und die Berührung – das Handauflegen – von Michael muss ihr etwas vor Augen geführt haben, das sie keine Furcht mehr verspüren lässt. Ihre verstohlenen Blicke versetzen sie in die komfortable Lage, Windmark einen Exkurs in die Welt der Evolution bieten zu können. So erfahren wir mehr über das markante Verhalten der Beobachter und warum sie trotz ihrer Fähigkeiten nicht überlegen sind. Denn was den Menschen auszeichnet, sind Beziehungen und Liebe, die Fähigkeit zu Träumen, das Wahrnehmen von Schönheit. Genau diese Dinge, diese Menschlichkeit, waren und sind der Treibstoff für alle Handlungen der Fringe-Charaktere. Und weil Nina nach dem Reboot beider Universen einer der menschlichsten Charaktere gewesen ist, bleibt ihr nichts anderes übrig, als nach der Waffe zu greifen und den Beobachtern ein Schnippchen zu schlagen.

Wir nehmen Abschied von Walters guter Freundin Nina Sharp, die dem Team so große Dienste erwiesen hat; aber das ist wohl das, was sie meinte, als sie vom Preis des Krieges sprach. Doch wie schon Ettas Tod war der ihre nicht umsonst: Michaels Tränenvergießen löst seine empathische Blockade, zwischen Walter und dem Jungen kann nun eine Verbindung hergestellt werden. Auch Walter wird von Michael berührt, woraufhin er im Zeitraffer jene Momente sieht, die zum einen die wichtigsten geschichtlichen Ereignisse widerspiegeln, aber allesamt vor allem ein Merkmal aufweisen: Beobachter September ist eng mit ihnen verbunden. Dieser Zeitraffer ist ein schöner Kontrast zu dem der vorigen Episode, der in satter Schuld getränkt war. Am Ende der Flash-Sequenz steht außerdem die Antwort auf eine sooft gestellte Frage. Donald ist September (und er hat – merkwürdigerweise – Haare auf dem Kopf). Ist er kein Beobachter mehr? Und ist er nicht am Ende der 4. Staffel tödlich verwundet worden? Im Vordergrund scheint nun die Sicherheit des Jungen zu stehen. „The boy is important, he has to live.“ Nur nächstes Mal ohne Verluste, bitte.

Das Glyphenwort: Sense
Walters Spitzname für Astrid: Acid
Bester Spruch: Walter: „Then we put an electromagnetic probe into the base of his skull and ply him full of serotonin, neurontin and LSD.“

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