Der Episodentitel This little piggy bezieht sich auf eine Aussage des Serienmörders AJ Yates und nicht auf das Dreamteam Evelyn (Charlotte Rampling), Deb (Jennifer Carpenter) und Dex (Michael C. Hall). Trotzdem mogelt sich die Assoziation der drei kleinen Schweinchen schnell in den Kopf. Im Märchen wie in der Dexter -Episode stehen die Protagonisten zuerst jeder für sich, dann aber gemeinsam gegen den Wolf. Ob dieser Wolf nun Yates ist oder eher eine Metapher für die gemeinen Untiefen des Lebens, sei dahingestellt. Fakt ist: So einträchtig haben wir Deb und Dex lange nicht mehr gesehen. Auch Evelyn Vogel reiht sich in die rührende Family Reunion ein: Bei einer lauschigen nächtlichen Schifffahrt wird gemeinsam ein Mordopfer beseitigt. Herzzerreißend. Der aufmerksame Leser dürfte es dieser ironisch-philosophischen Abhandlung bereits entnommen haben: Ein bisschen zu schnell ging das schon. Von „Ich will meinen Bruder umbringen“ auf „Meine Familie bedeutet mir alles“ in 45 Minuten. Beim Autoquartett hätte eine solch rasante Beschleunigung den sicheren Sieg bedeutet. Zugegeben: Dex und Deb endlich wieder einmal vereint in Action zu sehen, hat Spaß gemacht. Trotzdem sollten die Autoren den Bleifuß langsam vom Gaspedal nehmen, denn mit der Plotentwicklung um den Gehirnchirurgen sind sie in Folge 5 bereits heftig in der Leitplanke gelandet.
In unserem Recap wollen wir wie immer auf die Ereignisse der Folge eingehen, bevor wir die Entwicklung der Morgan’schen Geschwisterbeziehung analysieren. Auch dem Miami Police Department, dem Brain Surgeon und der Psychologie-Expertin Evelyn Vogel widmen wir einige Zeilen.
Was passiert
Zwei Mörder beschäftigen unsere Helden aus Miami. Den Ersten sucht – ganz klassisch – die städtische Polizei. Eine junge Frau wurde in ihrer Wohnung zu Tode geprügelt. Tatverdächtig ist der reiche Mr. Hamilton, der nicht nur eine Affäre mit dem Opfer hatte, sondern auch gute Beziehungen zur Führungsetage der Miami Metro pflegt. Schnell stellt sich heraus: Nicht der Millionär, sondern Hamilton Junior war Täter. Doch Beinahe-Sergeant Quinn hat Pech. Sein Zeuge zieht die Aussage zurück – womöglich wurde er durch ein finanzielles Argument umgestimmt. Der zweite Mörder ist der mutmaßliche Brain Surgeon AJ Yates. Er wird allerdings weniger von der Polizei, als vielmehr vom Tag-Team Dex/Deb gejagt – vor allem seit er Evelyn Vogel entführt hat. Während die Polizei in Yates’ Garten ein Massengrab entdeckt, spüren die Morgans den Serienmörder auf. Nach Evelyns Befreiung schickt Dex ihn persönlich in die Hölle. Im Dracula-Stil per Holzpflock. Für Debra, Dexter und Evelyn ist der Fall „Brain Surgeon“ damit gelöst.
Deb und Dex
Halleluja, das schlagkräftigste Geschwisterpaar seit Mario und Luigi ist zurück. Klar, die Paartherapie bei Evelyn Vogel nach dem Motto „Wir können doch über alles reden“ fruchtet bei der Familie Morgan erfahrungsgemäß nicht. Dex war nach wie vor ein wenig angesäuert, weil Debra ihn (und sich) umbringen wollte. Doch was könnte das entfremdete Geschwisterpaar besser zusammenschweißen als eine gemeinsame Mörderhatz? Die beiden sind eben Cops und ganz nebenbei verdammt gute. Zuletzt hatten ständig neue Beziehungstiefs der Morgans wie Murmeltiere gegrüßt, doch nun scheint es aufwärts zu gehen. Bleibt allerdings die Frage, wie Debra auf Dexters Flirt mit der Nachbarin reagiert.
Der Brain Surgeon
Wie es auch kommt, die Plotentwicklung um den Gehirnchirurg ist eine herbe Enttäuschung. Angeblich hat Dex den Brain Surgeon getötet. Doch Yates ermordete nur Frauen, pflegte einen tarantinoesken Fußfetisch und vergrub seine Opfer im Garten, während der Gehirnchirurg Männer tötete, einen Gehirnfetisch hatte und die Leichen an öffentlichen Plätzen zurückließ. Nun bleiben zwei jeweils äußerst peinliche Möglichkeiten: 1. Yates war tatsächlich der Gehirnchirurg. Dann wäre das Drehbuch der achten Dexter-Staffel schiefer als der Turm von Pisa. Zumindest müsste doch Yates’ völlig veränderte Herangehensweise erklärt werden. 2. Yates ist nicht der Gehirnchirurg: Dann wurden die Dexter-Fans allerdings für sehr dumm verkauft, denn wer lässt sich bei so offensichtlichen Widersprüchen hinters Licht führen? Noch schlimmer: Dex, Debra und Evelyn halten Yates für den Brain Surgeon und schöpfen trotz gefühlt 1000 Indizien nicht einmal annähernd den Verdacht, dass der Gehirnchirurg noch auf freiem Fuß sein könnte. Ja, wer hat euch Dreien denn ins Hirn ge…? Ach, lassen wir das.
Miami Metro
Frau gegen Mann. Schwarz gegen weiß. Gut gegen böse? Macht der lasterhafte Quinn tatsächlich das Rennen um den Sergeant-Posten und sticht die tadellose Konkurrentin Angie Miller aus? Der Miami Metro droht ein Sexismus/Rassismus-Skandal. Apropos Skandal: Ausnahmsweise hat die Polizei in Folge 5 auch ermittelt – und das mit Erfolg. Quinn und Miller haben den Mord an einer jungen Frau praktisch geklärt. Es war der Sohn des Millionärs Hamilton, der gute Beziehungen in die Chefetage der Miami Metro pflegte. Leider sprang Quinns Zeuge im letzten Moment ab. Hat ihn jemand bestochen? Und wenn ja, woher wusste derjenige überhaupt, dass es einen Zeugen gibt? Eine Frage die Batista und Konsorten an Deputy Chief Tom Matthews richten sollten. Er stand den Ermittlungen von Beginn an auffallend negativ gegenüber.
Evelyn Vogel
Die Kunst der Psychologie zu beherrschen ist schon praktisch. Evelyn wurde von Yates entführt, doch sie züchtigt ihn, indem sie dessen böse Mutter imitiert. Ein Taschenspielertrick, der eindeutig zu gut funktioniert hat. Kurios: An der Zusammenführung von Dex und Debra war Madame Vogel mit herkömmlichen Mitteln gescheitert, doch ihre Entführung schweißte das Geschwisterpaar zusammen. Auch die Beziehung zwischen Debra und Evelyn wird immer enger. Die Ex-Polizistin scheint ebenso wie Dexter die etwas schräge Mutterrolle Evelyns zu akzeptieren. Bald können die drei als Rächer von Miami auf Mörderjagd/Familienausflug fahren.
Zitat der Folge
„Vogel’s been taken“ (Badass Liam Neeson, ähm, Debra Morgan will Entführer jagen)