Verfilmt mehr Smartphone Games!

17.12.2013 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Round 1 - Fight!
moviepilot/Rovio Entertainment Ltd/sxc.hu/iceviking
Round 1 - Fight!
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Für die letzte Speakers’ Corner des Jahres bricht moviepilot Mein Senf eine Lanze für Smartphone-Game-Verfilmungen. Nein, ernsthaft! Oder zumindest für ihr theoretisches Potential…

Die jüngste Ankündigung, dass Warner Bros. sich die Rechte am Smartphone-Klassiker „Temple Run“ gesichert hat, provozierte unter Filmfreunden bekannte Kommentare wie: „Und als nächstes verfilmen sie Tetris/Cut the Rope/Pac Man“, „Uwe Boll hat wieder zugeschlagen“, oder gleich das fundamental-pessimistische: „Hollywood fällt auch nichts mehr ein“. Weshalb eigentlich? Kann die Verfilmungen von weitgehend storybefreiten Smartphone-Games nicht vielmehr eine kreative Chance als Sackgasse sein? Und was hat Spike Jonzes „Wo die wilden Kerle wohnen“ damit zu tun?

Wieder einmal gilt der moderne Master of Disaster als die Wurzel allen Übels: Im fernen 2006 reichte die bloße Ankündigung, dass Michael Bay Spielzeugroboter auf die große Leinwand loslassen wollte, für einen veritablen Shitstorm – und dabei war das Wort damals noch gar nicht erfunden. Für Hollywoods Blockbusterkino, das schon damals verstärkt auf Reboots, bzw. Sequels zu Comic- oder Buchverfilmungen setzte, galt Transformers vielen an dieser Stelle als der letzte kreativer Sargnagel und als schlimmster Blockbuster des Jahres sowieso.

Nun also schon Spielzeug…

Nach dessen immensen Erfolg und zumindest „wohlwollender“ Kritiken herrschte, vor allem bei den Universal-Studios plötzlich Goldgräberstimmung. G.I. Joe – Geheimauftrag Cobra, Risiko, Cluedo, Ouija – Spiel nicht mit dem Teufel, Stretch Armstrong, Candy Land, Monopoly, Schiffe versenken – kein Spiel(-zeug), das nicht simpel und inhaltsarm genug wäre, um daraus einen Film zu schustern.

Als weitere Brüder im Geiste sind hier übrigens Wo die wilden Kerle wohnen (Vorlage: 20 Bildern und 333 Seiten) sowie Fluch der Karibik (Vorlage: Themenpark-Attraktion in Disneyland) zu nennen. Nach den künstlerischen und kommerziellen Fehlschlägen von G.I. Joe und Battleship wurden in besseren Fällen angepeilte Budgets zusammengestrichen, von anderen Projekte hat man hingegen schon einige Jährchen nichts mehr gehört. Der Weg indes war vorgezeichnet und hält bis heute an.

Smartphone-Boom

Fast zeitgleich mit dem Transformers-Coup revolutionierte Apple mit dem iPhone nicht nur den Telekommunikationsmarkt, sondern indirekt auch die Computerspielebranche nachhaltig – simpel gestrickte Casual-Games, zumeist kostenlos für die Smartphones erhältlich, erlebten eine Renaissance. In Zeiten, in denen Videospiele sich hinsichtlich Optik, Aufwand und Budget, Hollywoodblockbustern annähern, zelebrieren Casual-Games den Charme der Simplizität und stellen Originalität über Optik. Es dauerte nicht lange, bis Hollywood auch diesen Markt für sich entdeckte, zunächst nur in Form crossmedialer Vermarktung (Angry Bird – Star Wars Edition, Temple Run – Merida, Temple Run: Oz) und nun auch mit konkreten Verfilmungen.

Kreatives El-Dorado

Im Geiste stehen die Verfilmungen von Smartphone-Games den eingangs erwähnten Spielzeug-, Brettspiel- Themenpark-, und Kinderbuchverfilmungen sehr viel näher, als filmischen Umsetzungen von komplexen Computerspielen. Der Grund: Vorlagen für Max Payne, Hitman – Jeder stirbt alleine, Tomb Raider, Lara Croft, Silent Hill etc. geben weitaus engere Vorgaben bezüglich Story, Setting und Design vor, als Temple Run, oder Angry Birds – Der Film. Vorgaben existieren, wenn überhaupt, nur hinsichtlich formaler Aspekte (z.B. Look der Protagonisten). Zudem existiert zwar eine Markenbekanntheit, im Gegensatz zu klassischen Adaptionen hat das Publikum aber keine derart eng gesteckten Erwartungshaltungen hinsichtlich Inhalt und Form – beide Faktoren schaffen immense kreative Spielräume, die es zu nutzen gilt.

Chancen nutzen

Soll das heißen, dass Temple Run der Kritikerhit des Jahres 2016 wird? Muss jedes halbwegs erfolgreiche Smartphone-Games nun sofort adaptiert werden? Sicherlich nicht. Vielleicht sollte man als Filmfreund aber ein großes Stück unvoreingenommener an solche Projekte herangehen, und die Chancen sehen, statt vorab die immer gleichen Witze darüber zu reißen und vorurteilsblind auf sie einzuprügeln. Vielleicht wird 2014 das Jahr, in dem Kritiker ihre Haltung überdenken, und The Lego Movie den künstlerischen Nachweis erbringt, und die Publikums- wie Kritikerherzen gleichermaßen erobert.

Dieses Herz für Spiel-Filme wurde uns von Mein Senf zugeschickt. Wenn auch ihr mal über zukünftige oder vergangene Filme orakeln, einer Serie Hochachtung zollen oder einer Person ein Denkmal setzen wollt, meldet euch bei uns, und vielleicht gehört die moviepilot Speakers’ Corner nächstes Jahr euch! Werft einfach einen kurzen Blick auf die Regeln, und dann: schreibt, schreibt, schreibt – am besten an community[@]moviepilot.com, oder direkt an Kängufant. Wenn ihr noch Fragen habt, könnt ihr euch natürlich auch gerne bei uns melden. Da die Speakers’ Corner über die Feiertage eine Pause einlegt, hier schon mal Frohe Weihnachten an alle moviepiloten da draußen!

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