The Leftovers - Wir schauen Staffel 3, Folge 6

23.05.2017 - 08:50 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
The Leftovers - Abschied von Nora und Matt?
HBO
The Leftovers - Abschied von Nora und Matt?
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Alle wollen, dass Kevin Garvey stirbt. Es wird Zeit, dass etwas Besinnung in The Leftovers einkehrt. Bevor die Serie also in den großen Finalfolgen den Hauptfiguren die Bühne zur Verfügung stellt, widmet sich The Leftovers in einer der schönsten und traurigsten Stunden der Serie Lauries Schicksal.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ich heute zum letzten Mal mit meinem Großvater gesprochen habe, ist relativ groß. Persönliche Erzählungen in der ersten Person soll ein Kritiker ja vermeiden. Persönliche Meinung? Gerne. Doch das Privatleben des Kritikers sollte keine Rolle bei der Bewertung spielen. Doch ich kann nicht umhin zu bemerken, welche Parallelen sich aktuell auftun und welche Lektionen sich daraus ergeben. Nun sind die Situationen wahrlich nicht gleich. Certified erzählt von Lauries Suizidversuchen, während ich einem alten, sterbenden Mann Auf Wiedersehen sagen muss, aber es ist verblüffend, wie ähnlich die Gespräche, aufs Wesentliche reduziert, sich gestalten.

Die 6. Folge der 3. Staffel von The Leftovers beginnt zunächst wie so oft mit einem Cold Open. Eine junge Frau erzählt von dem Verlust ihres Sohnes am Tag des Sudden Departures. Nach einiger Zeit erinnern wir uns: Es ist die Frau aus der ersten Szene der Serie, die wie so viele andere Menschen in dem Moment des Verschwindens die betroffenen Personen wegwünschten. In diesem Fall war es ihr Sohn, der laut ihrer Theorie jederzeit wieder zurückkehren könnte. Zwei Jahre sind seit dem schicksalhaften Tag vergangen. Gerne würde die Mutter wissen, was sie tun soll: Endlich loslassen oder vielleicht doch warten, falls plötzlich ein Zweijähriger auf dem Parkplatz wieder auftaucht, der nach seiner Mutter schreit?

Deshalb ist sie zu Laurie gekommen, die auch zwei Jahre nach dem Sudden Departure noch ihren Beruf als Therapeutin ausübt. Laurie, die ebenfalls am 14. Oktober ein Kind verlor, erfährt durch die Schilderung der jungen Frau einen Schock. Sie kann ebenfalls keine Antwort auf die Fragen der Mutter finden. Einige Minuten später steht sie in ihrer Dusche und erbricht alle Tabletten, die sie kurz zuvor noch freiwillig verschlang, um ihr Leben zu beenden. Sie überlegt es sich anders. Stattdessen trennt sie sich von allem Weltlichen, zieht sich weiße Klamotten an und geht auf die zwei Frauen zu, die vor ihrer Praxis Zigaretten rauchen.

"Sagt mir, was ich tun soll."

Mit diesen Worten begab sich Laurie Garvey (Amy Brenneman) in die Hände der Guilty Remnant; genau jener Sekte, die glaubt, dass das Plötzliche Verschwinden nicht vergessen gemacht werden kann und das Leben eigentlich aufgehört hat. Ihre Mission ist daher, die restlichen Hinterbliebenen ständig an das Ereignis zu erinnern. Es ist kein körperlicher Suizid, aber in gewisser Weise zumindest ein gesellschaftlicher. Die Guilty Remnant ist in dieser Staffel buchstäblich pulverisiert worden. Sieben Jahre nach dem kosmischen Ereignis hat The Leftovers keinen Platz mehr für diese verständliche, wenn auch krasse Reaktion auf das kosmische Schauspiel. Doch zumindest der Kerngedanke bleibt erhalten: Was, wenn das Leben tatsächlich aufgehört hat und nichts mehr besser wird - wenn es keine Antwort auf die existenziellen Frage gibt? Was dann?

The Leftovers gelingt es immer wieder auf faszinierende Weise, grundlegende Wahrheiten über unsere Existenz anhand des übernatürlichen Ereignisses runterzubrechen. Wir können jederzeit sterben. Unsere Zeit auf der Erde ist begrenzt. Und der Sudden Departure hat diese Ohnmacht gegenüber der Zeit und das Gefühl, dem Schicksal völlig ausgeliefert zu sein, sehr ins Zentrum gerückt. Eben diese Ohnmacht führt zu der Unsicherheit, die Laurie und viele andere verspüren. Am liebsten würden sie wie Schulkinder gesagt bekommen, was sie tun sollen. Doch tief in uns wissen wir: Niemand hat Antworten.

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