Nach 5 Staffeln geht Stranger Things in wenigen Tagen zu Ende. Millionen von Fans fiebern gespannt mit, wie die Geschichte rund um das Upside Down abgeschlossen wird und wer vielleicht noch vor dem Finale das Zeitliche segnen könnte. Im Verlauf von knapp neuneinhalb Jahren hat sich die halbe Welt in Elf, Dustin, Will und Co. verliebt. Aber auch die Serienschöpfer – und das wurde mit der Zeit zum Problem.
In 5 Staffeln hat Stranger Things keine Hauptfiguren geopfert
Bevor der Aufschrei groß ist: Natürlich starben in Stranger Things schon etliche Figuren und so mancher Tod ging überraschend ans Herz. Wenn wir uns aber die riesige Kernbesetzung – Elf, Mike, Will, Lucas, Dustin, Max, Jonathan, Nancy, Steve, Robin, Joyce und Hopper – anschauen, scheint sich die Netflix-Serie einfach nicht zu trauen, wirklich schmerzhafte Tode erzählen zu wollen.
Oder wie Millie Bobby Brown es schon 2022 scherzhaft zusammenfasste (via Indiewire ):
Es ist lächerlich... Die Duffer-Brüder sind empfindliche Weicheier, die niemanden umbringen wollen.
Die eigenen Protagonist:innen schienen vier Staffeln lang in undurchdringliche Plotrüstungen eingehüllt zu sein – obwohl in Hawkins der Tod allgegenwärtig ist. Um das Publikum trotzdem den Schrecken aus dem Upside Down vermitteln zu können, folgen die Stranger Things-Autoren einem Muster, das sich durch die ganze Netflix-Serie zieht. Mit jeder Season werden neue Nebencharaktere vorgestellt, kurzzeitig zu Fanlieblingen erhoben und im Anschluss auf dramatische Weise aus dem Leben gerissen.
Dieses auffällige Stranger Things-Todesmuster lässt sich in jeder einzelnen Staffel finden und betraf vor allem folgendes Personal:
- Staffel 1: Barbara Holland
- Staffel 2: Bob Newby
- Staffel 3: Alexei und Billy Hargrove
- Staffel 4: Eddie Munson, Martin Brenner
Klar, strenggenommen hat Stranger Things in Staffel 4 mit Max (Sadie Sink) tatsächlich erstmals eine wichtige Hauptfigur getötet. Die Showrunner Ross und Matt Duffer haben diesen Schock aber nur drei Minuten später direkt wieder entkräftet und die Figur (teilweise) durch Elf wiederbeleben lassen.
Seit der ersten Folge ist keine einzige echte Hauptfigur gestorben. Mit dem ersten Teil von Staffel 5 hat sich dies nicht geändert. Alle wichtigen Charaktere sind weiterhin unantastbar und die Hawkins-Gang darf ohne Verluste ins Netflix-Finale einziehen. Und spätestens jetzt wird Stranger Things die eigene Todesallergie zum Verhängnis.
Kurz vor dem Finale muss alles auf dem Spiel stehen
In Wahrheit ist Stranger Things eine absolut tödliche Serie. Seit der ersten Season wurden über hundert Menschen und Kreaturen innerhalb der Geschichte getötet. Doch sind die Stranger Things-Autoren zu feige, auch Hauptfiguren sterben zu lassen? Die Duffer-Brüder selbst lieferten dafür im Gespräch mit Entertainment Weekly folgende Erklärung:
Was uns oft zurückhält, ist, dass man über die Auswirkungen sprechen muss. Das ist eine reine Hypothese: Du tötest Mike. Das macht die Serie einfach ziemlich deprimierend und trostlos, und es dreht sich dann nur noch darum.
Auch wenn die Duffers die Blutlust der Fans nicht nachvollziehen können, ist sie doch berechtigt. Mit jeder weiteren Staffel wurde die Geschichte von Stranger Things immer größer, düsterer und epischer, bis jetzt im Finale womöglich das Schicksal der ganzen Welt auf dem Spiel steht. Das Problem dabei ist: Die erzählte Bedrohung ist wenig greifbar, wenn das Leben des wichtigsten Personals noch nie wirklich in Gefahr war.
Für eine so stark charakterfokussierte Serie wie Stranger Things ist es ärgerlich, dass inmitten von Tod und Leid die Kämpfe gegen albtraumhafte Kreaturen und übernatürliche Serienkiller nach über vier Staffeln keine ernsthaften Konsequenzen für die Hawkins-Kids hatten. Im ersten Teil von Staffel 5 wurde dieser fehlende Unterbau bereits mehr als deutlich.
Als sich Joyce (Winona Ryder) in Folge 4 persönlich Vecna in den Weg stellt oder kurz darauf mehrere Demorgogons auf Mike (Finn Wolfhard), Lucas (Caleb McLaughlin) und Robin (Maya Hawke) zustürzen, hatte ich zu keiner Sekunde die Befürchtung, dass in diesem Momente ihre Leben auf dem Spiel stehen und ernsthafte Folgen zu erwarten sind. Selbst Hoppers (David Harbour) emotionale Abschiedsworte an Elf verpufften in Anbetracht der Tatsache, dass er in der nächsten Szene garantiert nicht sterben wird.
Stranger Things Staffel 5: Ist es für Tode schon zu spät?
Ich zweifle gar nicht daran, dass Stranger Things in den noch ausstehenden vier Episoden von Staffel 5 letztlich doch noch wichtige Figuren sterben lassen könnte. Immerhin versuchen auch die bisherigen Vorschau-Trailer unsere Angst zu schüren, dass wir vielleicht einen oder mehrere geliebte Serienheld:innen verlieren. Doch die Mystery-Horrorserie hat in der Vergangenheit zu oft bewiesen, dass wir uns keine echten Sorgen um Elf und ihre Freund:innen machen müssen.
Aber seien wir ehrlich: Wollen wir wirklich den Schmerz fühlen, den der Tod eines Dustins (Gaten Matarazzo), einer Elf oder eines Hoppers in uns auslösen würde? Stranger Things hat mehr als einmal bewiesen, dass diese keine Serie ist, die uns mit dem Tod von Lieblingen, deren Abenteuer wir seit Jahren folgen, das Herz herausreißen will.
Hört den Stranger Things-Podcast: Staffel 5-Review und Finale-Theorien:
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Auch, wenn die Bedrohung und Angst nicht absolut nachvollziehbar ist, erzeugt der Netflix-Hit trotzdem immer wieder enorme Spannung. Zum Beispiel war in Staffel 4 von vornherein klar, dass Max ihre erste Konfrontation mit Vecna überleben würde. Und trotzdem ist die Running Up That Hill-Sequenz der wohl fesselndste Moment der ganzen Serie.
Eigentlich ist es längst zu spät. Mit einem tragischen Charaktertod hätte Staffel 5 Teil 1 auf dramatische Weise vermitteln können, dass es jetzt kurz vor dem Ende wirklich ernst wird, alles auf dem Spiel steht und niemand mehr sicher ist. Selbst wenn es in den letzten vier Episoden noch schockierende Abschiede geben sollte, hat Stranger Things trotzdem die Chance verpasst, die Grundlage für ein tödliches Finale sinnvoll zu schaffen.
Die nächsten 3 Folgen von Stranger Things Staffel 5 erscheinen am 26. Dezember bei Netflix. Das Serienfinale ist am 1. Januar 2026, ab 2:00 Uhr morgens zu sehen.
