Sitcoms - Wie darf frau lustig sein, wenn sie nicht mehr 20 ist?

08.05.2015 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Jane Fonda und Lily Tomlin in Grace and FrankieNetflix
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Seit heute steht auf Netflix die erste Staffel Grace and Frankie zur Verfügung. Grund genug, uns einmal mit der Darstellung von Frauen in der Generation von Jane Fonda und Lily Tomlin in den heutigen Comedyserien auseinander zu setzen.

Auf Netflix ist ab heute die Comedyserie Grace and Frankie von Howard J. Morris und Friends-Erfinderin Marta Kauffman zu sehen. In den Hauptrollen sehen wir Jane Fonda als Grace und Lily Tomlin als Frankie. Während Frankie sich der Natur verbunden fühlt und fröhlich durch die Welt schlendert, ist Grace eher eine borstige und kontrollsüchtige Herrscherin. Seltsamerweise sind sie damit in Schubladen einzuordnen, die in der heutigen Zeit der amerikanischen Fernsehcomedy für Frauen ihres Alters getischlert wurden.

Was für Schubladen bitte?

Sehen wir uns in den Comedyformaten des neuen Jahrtausends um, müssen wir feststellen, dass es nur drei verschiedene Typen von Frau im gehobenen Alter gibt. Einer ist die Frau als Freigeist. Unabhängig von anderen genießt sie den Herbst ihres Lebens und lässt sich von niemandem etwas vorschreiben. Dann wäre da noch die pflegebedürftige Dame, die für die folgende Generation mehr Ballast als Hilfe ist. Außerdem gibt es die Mutterfigur, die sich entweder immer noch dazu berufen fühlt, ihre Kinder zu fürsorglich zu behandeln, oder versucht, diese weiterhin zu erziehen. Aber schauen wir uns die drei Typen etwas genauer an.

Die Dame will sich entfalten, also lasst sie in Ruhe!

Holland Taylor und Lily Tomlin

Lily Tomlin ist in Grace and Frankie nicht das erste Mal als jemand zu sehen, die im hohen Alter noch einmal die Welt neu entdecken möchte. Schon in Web Therapy spielt sie die Mutter von Lisa Kudrow, die freigeistig durch das Leben schwebt. Auch wenn sie als Putsy Hodge Kudrows Fiona immer wieder erzählt, warum diese den falschen Job ausübt, ist es ihr am Ende ziemlich egal, was aus ihrer Tochter wird. Stattdessen holt sie sich ein weiteres Kind ins Haus, das ihr Sohn sein könnte, und entdeckt die Drogen für sich. Vergleichbar unabhängig verhält sich Holland Taylors Charakter Evelyn Harper in Two and a Half Men. Als Mutter von Charlie (Charlie Sheen) und Alan (Jon Cryer) hatte sie mit Erziehung nie viel am Hut, sodass auch ihre Zeiten als Oma sich eher um ihr eigenes Glück und ihre Unabhängigkeit drehen als um die nahen Verwandten. Putsy und Evelyn könnten kaum einen unterschiedlicheren Habitus an den Tag legen, allerdings ist ihnen gemein, dass sie im Prinzip in ihrer eigenen Welt leben. Einzig wenn sie auf die Hilfe anderer Leute angewiesen sind, verlassen sie ihren Kokon für kurze Zeit. Natürlich würden sie selbst dann nicht um die Hilfe bitten.

Schaut 'mal bitte jemand nach Oma?

Cloris Leachman in Raising Hope

Wenn das Alter voran schreitet, ist es nicht unwahrscheinlich, dass entweder Geist oder Körper versagen. So makaber es klingen mag: Meist ist dies eine perfekte Grundlage für diverse Gags. Wenn es um körperliche Gebrechen geht, dann ist auffällig, dass dies niemals kontinuierlich in einer Comedyshow zu sehen ist. Allerhöchstens hat jemand einen kleinen Unfall, sodass das Thema der körperlichen Behinderung für eine Folge angesprochen werden kann, dann ist es aber auch schon wieder vorbei. Jedoch scheint im Fernsehen die Hemmschwelle gefallen zu sein, was den geistigen Zustand betrifft. Das Paradebeispiel der heutigen Zeit ist dafür wohl Cloris Leachmans Maw Maw aus Raising Hope. Maw Maw leidet unter heftiger Demenz. Dadurch denkt sie des Öfteren, ihr Enkel sei ihr toter Ehemann und sie wieder 20 Jahre jung. Oder sie rennt halb nackt durch den Garten. Jede Episode ist durchzogen von kleinen Gags, die nur darauf beruhen, dass Maw Maw sich selbst nicht im Griff hat oder ihre Umwelt nicht versteht.

Lass Mutti das machen

Die dritte Darstellungsform ist die alternde Mutter, die ihre Kinder nicht ziehen lassen will. Diese tritt in heutigen Sitcoms noch immer am häufigsten auf und lässt sich grob in zwei Typen unterscheiden. Zum einen wäre da die liebevolle Mutter, die ihr Kind Zeit seines Lebens verhätschelt hat und dies niemals aufgeben konnte. Zum anderen ist es die Matriarchin, die ihr Kind nicht aus Überfürsorglichkeit nicht ziehen lassen möchte, sondern um es weiterhin zu beherrschen.

Jenny O'Hara und Laurie Metcalf

Janet Heffernan (Jenny O'Hara), die Mutter von Doug (Kevin James) in King of Queens, ist stets besorgt um das Wohlergehen ihres kleinen Jungen. Dabei reden wir allerdings nicht über seine berufliche Zukunft oder die allgemeine Gesundheit, sondern eher davon, dass er genug zu Essen hat und seine Wäsche gewaschen ist. Ebenso ist dies der Fall bei der von Laurie Metcalf verkörperten Mary Cooper, der Mutter von Sheldon (Jim Parsons) in The Big Bang Theory. Mary fliegt sogar von Texas nach Kalifornien, wenn ihr Jüngelchen nur einen Schnupfen hat.

Elaine Stritch in 30 Rock

Anders sieht es aus, wenn wir beispielsweise von Colleen Donaghy (Elaine Stritch) reden. Die Mutter von Jack (Alec Baldwin) in 30 Rock akzeptiert keine von ihrem Sohn selbst getroffene Entscheidung. Egal, was er sagt und tut: Eigentlich sollte er immer seine Mutter um Erlaubnis fragen. Das Resultat ist Jacks Verheimlichung seiner meisten Entscheidungen, denn er scheut den Konflikt mit seiner Mutter. Im Prinzip ist dieser Muttertypus eher Angst einflößend und wenig liebevoll. Diese Herrschaftsform kann sich sogar auf den Ehepartner übertragen. In diese Kategorie ist unter anderem Jane Fondas Grace einzuordnen.

Aber habt ihr nicht jemanden vergessen?

Jessica Walter und Allison Janney

Natürlich gibt es auch Mischformen. Zum einen wäre da beispielsweise Jessica Walters Lucille Bluth in Arrested Development, die zwar nur auf sich bedacht ist, dies jedoch versucht zu erreichen, indem sie die Zügel ihres Familienkarrens fest in der Hand behält (beziehungsweise es versucht). Ein weiteres Beispiel ist die aktuelle Serie Mom. Allison Janney spielt hier die alkohol- und drogenabhängige Bonnie Plunkett, die sich Mühe gibt ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, um ihre Rolle als Mutter besser spät als nie einzunehmen. Allerdings passieren ihr immer wieder Rückschläge, sodass sie sich wie zu ihrer wilden Zeit benimmt.

Unterm Strich können wir sagen, dass die Generation von Jane Fonda und Lily Tomlin in amerikanischer Comedy nur dann auffindbar ist, wenn sie einen dieser Charaktere verkörpert. Während in jugendlicheren Gefilden ruhigere Figuren oft geduldet werden, muss das ältere Kaliber den Gag auf dem Silbertablett mit vor die Kamera tragen.

Glaubt ihr, dass Sitcom nur so funktionieren kann?

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