Ich habe sechs Geschwister. Das Grundkonstrukt von Shameless - Nicht ganz nüchtern hat mich dementsprechend nicht aus den Angeln gehoben. Ich bin zwar nicht in ärmlichen Verhältnissen groß geworden, aber die familiäre Problematik, die immer wieder thematisiert wird, kommt mir doch des Öfteren bekannt vor. Durch diese nahezu lebensechte Darstellung geht Mein Herz für Serie heute an das US-Remake der gleichnamigen britischen Serie.
Das verworrene Bild von Familie
Shameless erzählt von der Familie Gallagher, die nicht gerade aus der simpelsten Konstruktion besteht: Mutter Monica (Chloe Webb) ist weg, Vater Frank (William H. Macy) ist der stadtbekannteste Säufer und immer auf der Suche nach dem nächsten Schluck aus der Pulle. Dabei ist es für ihn auch kein Problem, seinen Kindern das Haushaltsgeld aus der Kasse zu klauen. In zweiter Generation finden wir die sechs Geschwister Gallagher. Jeder von ihnen ist bestückt mit eigenen Problemen, die natürlich für die Familie zumeist hinten angestellt werden müssen. Denn eine der ersten Sachen, die in einem Pulk von Geschwistern gelernt wird, ist, dass man zusammen funktionieren muss, um mit der Welt klar zu kommen. Wenn einem dies bewusst ist, kann alles überstanden werden.
Dieses Gebilde aus Geschwistern kann allerdings nur funktionieren, wenn verschiedene Charaktere mit unterschiedlichen Eigenschaften in der Familie vertreten sind. Da hätten wir zum Beispiel Fiona (Emmy Rossum). Sie ist die älteste im Bunde, hält mit diversen Jobs die Rechnungen gedeckt und sorgt dafür, dass niemand die schulische Ausbildung vernachlässigt. Lip (Jeremy Allen White) wirkt erst einmal wie der ruhige Außenseiter. Letztlich ist er jedoch derjenige, der die Gallaghers vor der brutalen Realität der Außenwelt beschützt: Frei nach dem Motto 'Erst wir, dann kümmern wir uns um den Rest' leistet er seinen Beitrag. Debbie (Emma Kenney) ist sich bewusst, welche Last auf Fionas Schultern liegt, und versucht, ihr möglichst viel Arbeit abzunehmen. Durch Kinderbetreuung kommt Geld in die Haushaltskasse und zusätzlich kümmert sie sich um Liam (Brennan Kane Johnson, Blake Alexander Johnson), den Kleinsten der Gallaghers. Wie ihr seht, hat jeder seine Aufgabe.
Chaos ist wichtig
Zu erwähnen sei auf jeden Fall die wunderbare Nebenbesetzung, denn allein das Chaos innerhalb der Familie trägt keine Serie, nicht einmal Shameless, über mehrere Staffeln. Für große Konflikte sorgen immer wieder die Geschwister Milkovich. Gerade Mickey (Noel Fisher) macht innerhalb der Show eine unfassbare Entwicklung durch, die wahrscheinlich niemand von euch bei der ersten Begegnung mit ihm erwarten würde. Das Highlight ist jedoch Joan Cusack als Sheila Jackson. Sheila hat einen krankhaften Hygienefimmel und Angst, ihr eigenes Haus zu verlassen. Dass dies für Familienvater Frank Gallagher anfangs die perfekte Grundlage ist, um die Dame nach allen Regeln der Kunst auszunehmen, ist kaum verwunderlich. Für ihre Darstellung erhielt sie insgesamt fünf Emmy-Nominierungen, und das vollkommen zurecht.
Shameless ist schwer zu beschreiben, ohne ungewollt einen ungerechten Ton zu treffen. Was aber auf jeden Fall über die Serie gesagt werden kann, ist, dass sie einen witzigen und dramatischen, aber auch ehrlichen und hoffnungsvollen Blick auf ein überdurchschnittlich großes Familienbild wirft. Nicht alles ist schön, aber es hilft auch nicht, immer nur zu meckern. Manchmal reicht auch die Klappstulle und die Jacke der großen Geschwister, um glücklich zu werden. Und ab und zu ein Abend bei Bier und Zigarette. Die Freude liegt manchmal einfach im näheren Umfeld, und nicht im großen Ganzen.
Wer einen Einblick in das alltägliche Chaos der Familie Gallagher bekommen möchte, muss sich eigentlich nur das Intro von Shameless ansehen. Der Rest erklärt sich dann bestimmt von allein:
Was haltet ihr von Shameless?