Berlin, 14. November 2008
Franzi ist 15 Jahre alt und geht in die 10. Klasse. Im Englischunterricht ist eine Präsentation gefordert. Da sie am Tag der Themenvergabe krank war, durfte sie später selbst eines aussuchen und allein ausarbeiten. Die meist stille Schülerin wird euphorisch und referiert über Hunter S. Thompson, Gonzo Journalism, den American Way of Life und den ganzen Rest. Während sie die Polyluxfolie zu Fear and Loathing in Las Vegas auflegt, bemerkt sie, dass kaum Bilder von Johnny Depp abgebildet sind. Sie muss kurz innehalten und lächeln. Ihr Lieblingsschauspieler war geboren und in den nächsten Tagen würde sie ein paar Filme mit diesem Herren nachholen. Die komplett überforderten oder desinteressierten Gesichter der Schüler waren trivial. Ihr Begleiter durch die Pubertät stand fest.
Berlin, 22. Mai 2013
Franzi ist nun 20 Jahre alt und immer noch in der Schule. Oder eher gesagt schon wieder, nachdem sie ein Freiwilliges Soziales Jahr dazwischen geschoben hat. Diesmal muss ein Referat über eine Spanisch sprechende Berühmtheit und dem dazugehörigen Land präsentiert werden. Da kommt natürlich nur einer in Frage! So kreiert Franzi mit Herzblut ein Video, welches die Vielfalt seiner Rollen ausdrückt und die Massen animieren soll, mehr Filme mit ihm zu schauen. Bei der Präsentation ansich geht jedoch alles schief. Angefangen bei technischen Problemen und dem Fakt, dass um 8 Uhr niemand fähig ist, einem Vortrag in einem eher schlechtem als rechtem Spanisch zu lauschen, der dann auch noch von einem Unbekannten handelt. Nachdem Franzis innerer “Soy un perdedor”-Gesang abebbte und das Feedback eingeholt wurde, fühlte sie sich niedergeschlagen. Nichts verlief nach Plan. Die anwesenden Menschen waren fast so begeistert, wie bei ihrer Präsentation über Alec Empire und Atari Teenage Riot oder der musikalischen Beschallung im Unterricht mit Nine Inch Nails. Doch Franzi gibt die Hoffnung nicht auf. Auf dass sie es irgendwann schafft, dass von den Posterboys abgesehen wird und alle ihm Tribut zollen.
Ich danke dir,
Basquiat hat meine Liebe für Post Punk und Wave geweckt
Eine falsche Nase und falsches Kinn haben nicht nur Quentin und Clive von Jackie Boy überzeugt
Nur Terry hat Dr. Gonzos Selbstverletzungsszene versteckt
In den Usual Suspects wurdest du nach 12 Takes wegen des Furzens kritisch beäugt
Che spieltest du furios
In Soderbergh’scher Unausgeglichenheit, vor der sich niemand verbeugt
Oder als Javier in Traffic bist du grandios
Dein Vater ist Anwalt, deine Oma ebenso
Einen anderen Weg wähltest du für dich
Lustigerweise als ehemaliger Anwalt bei Halle Berry auf’m Klo
Trauer und Leid in 21 Gramm als Mörder aus Versehen
Oder komödiantisch als Franky Four-Fingers kongenial
Radikale, authentische Auftritte von dir helfen die Natur des Menschen zu verstehen
Oder dienen zur Ablenkung und lindern die eigene Qual
!
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