Brutales Gemetzel bei Amazon Prime: Hunters ist ein blutiger Spaß

21.02.2020 - 14:20 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
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In der neuen Amazon-Serie Hunters gehen Logan Lerman und Al Pacino im Jahr 1977 auf Jagd nach Nazis. Ob sich die brutale Serie für euch lohnt, erfahrt ihr im Seriencheck.

Mit Hunters ist auf Amazon Prime eines der interessantesten Serienprojekte des frühen 2020 gestartet. Nicht nur ist der zuletzt für The Irishman oscarnominierte Al Pacino in seiner ersten Serienhauptrolle - diesmal ganz ohne CGI - zu sehen, sondern auch Jordan Peele (Get Out, Wir) drückt der Serie als Produzent seinen kreativen Stempel auf.

Hunters wird garantiert für viel Gesprächsstoff sorgen. Denn hier erwartet euch kein trockenes Historiendrama, sondern ein aggressiver Rache-Thriller, in dem Nazis vergast, gefoltert und mit Exkrementen erstickt werden.

Die Binge-Daten zu Hunters bei Amazon Prime

  • Hunters umfasst 10 Episoden
  • Die Folgen dauern ca. 60 Minuten, der Pilot sogar 90 Minuten
  • Die Serie ist seit 21. Februar 2020 zum Streamen verfügbar

Hunters ist brutales Grindhouse-Kino

Der jüdische Comicverkäufer Jonah (Logan Lerman) wird nach dem Mord an seiner Savta in die ultrabrutale Welt der Jagd geworfen. Die Jagd auf Hunderte, Tausende von Nazis, die im Jahr 1977 unbeschwert in den USA leben - hier hört die historische Richtigkeit auch schon auf - und die höchsten Kreise der Regierung infiltriert haben, um das Vierte Reich zu errichten.

Hunters ist eine blutige Rachefantasie, in der die Vigilanten getreu dem Motto "Auge um Auge" die Gräueltaten der Nazis im Dritten Reichen mit ebenbürtigen Abscheulichkeiten vergelten. Stilwütig wandert die Serie auf den Pfaden pulpiger B-Movies sowie dem Exploitation- und Grindhouse-Kino der 70er Jahre. Vermischt wird das ganze mit Eigenschaften des Comic-Bronzezeitalters.

"Die beste Art der Rache ... ist Rache", verspricht Al Pacinos Figur Meyer Offerman in der 1. Folge und tatsächlich geht es in Hunters nicht gerade zimperlich zur Sache. Als Professor X unter den Nazi-Jägern versammelt er eine Truppe illustrer Charaktere um sich, die Nazis aufspüren und möglichst perfide zur Strecke bringen.

Der Gewaltgrad in Hunters ist hoch und grenzt teilweise schon an Torture Porn, wenn Nazis auf kreative Weise gefoltert werden. Zum Beispiel wird eine vermutliche Nationalsozialistin mit Fäkalien vollgestopft, um ihre Identität zu enthüllen. Das ist oft ziemlich abartig, aber aufgrund der an Comics angelehnten Schwarz-Weiß-Zeichnung von Gut und Böse verträglich und sogar ziemlich unterhaltsam.

Hunters ist ein filmisches Potpourri von Tarantino bis Spielberg

Wirklich hart sind allerdings die Rückblenden zu den grausamen Verbrechen der gejagten Nazis, die in KZs unaussprechliche Gräueltaten an Juden verübten. Auch wenn ein brutales Lebenschachspiel mit KZ-Häftlingen in Auschwitz nur ausgedacht ist, werden wir immer wieder schmerzlichst an die wahren Verbrechen in Dritten Reich erinnert, was die abartigen Folter-Rückblenden schwer erträglich macht.

Allzu ernst nehmen dürfen wir Hunters sicher nicht. Die Serie versucht nicht zu Gewalt gegen Rechtsradiakle aufzurufen. Stattdessen erinnert sie an Tarantinos kathartisches Revenge-Movie Inglourious Basterds. Die Hauptfiguren werden geradezu als Superhelden ("Jewperheroes") dargestellt, die die komplett überzeichneten Nazi-Bösewichte (inklusive schlechter Akzente) aufhalten müssen.

Trotz vieler Ähnlichkeiten zu Tarantinos Schaffen, kann Hunters allerdings dem direkten Vergleich nicht standhalten. Denn oft ist nicht zu erkennen, was Hunters eigentlich sein will. Hunter quillt geradezu über vor filmischen Einflüssen (von Tarantino bis Spielberg) und Verweisen auf die Popkultur der 70er. Die Serie wechselt permanent ihre Tonart und schwankt plötzlich von humoristischer Gewaltorgie zu tiefgründiger Studie der jüdischen Identität.

Hunters: Al Pacino als Actionheld

Das schlägt sich auch in den Figuren wieder, die mal dreidimensional ausgearbeitet scheinen, nur um dann wieder zu karikaturesken Comicfiguren zu werden. So darf Al Pacino das überzeichnete Geschehen immer wieder mit tiefsinnigen Dialogen erden. Doch wenn es der Plot verlangt, mutiert er blitzartig zur brutalen Killermaschine und wirft uns das komplette Vokabular an Kraftausdrücken entgegen: "Kochen wir diese Nazi-F***en!".

Um bei den Comicverweisen zu bleiben, erinnert Al Pacinos Meyer tatsächlich an den dunklen Rächer Batman. Als dessen Robin erleben wir die Welt der Hunters durch die Augen von Logan Lermans Jonah Heidelbaum. Er gehört zu der ersten Generation von Juden, die das Leid des Holocausts nicht wirklich greifen können und mit den Traditionen seiner Gemeinschaft wenig anzufangen weiß.

Als Protagonist funktioniert er gut, ist sympathisch und zeigt und auch die Auswirkungen, die die schreckliche Rache auf das Gewissen und die Psyche haben kann. Auch der Rest der Hunters wächst uns schnell ans Herz. Jeder der Rächer hat Eigenheiten, spezielle Fähigkeiten und Gründe für die blutige Rache, die wir von Folge zu Folge näher kennenlernen dürfen.

Ein Highlight ist dabei Josh Radnor, den viele noch als Ted Mosby in Erinnerung haben, der hier als gescheiterter Schauspieler und Verwandlungskünstler auftritt und stets einen unpassenden komischen Spruch auf Lager hat.

Die Folgen von Hunters sind zu lang

Leider schreitet die Geschichte von Hunters äußerst langsam voran. Bevor wir die bunte Truppe kennenlernen dürfen, müssen wir uns durch einen 90-minütigen Piloten quälen. Mit über 60 Minuten pro Folge kann Hunters teilweise ziemlich langatmig sein. Doch die vielen eingestreuten Kuriositäten - wie ein TV-Werbespot über Nazis in Alabama - und die extrem brutalen Jagden lassen die Laufzeit schnell wieder vergessen.

Nach 5 Episoden ist es schwer, ein Fazit zu ziehen, denn Hunters kann sich noch in alle Richtungen entwickeln. Ob die Serie noch nachdenklicher und moralischer wird oder ihren pulpigen Exploitation-Stil beibehält, muss sich noch zeigen. Ich werde auf jeden Fall weiterschauen, denn Hunters ist herrlich überdreht und macht einfach Spaß.

Die 1. Staffel von Hunters umfasst 10 Episoden, die am 21. Februar 2020 bei Amazon Prime Video erschienen sind. Als Grundlage für diesen Seriencheck dienten die ersten 5 Folgen.

Tipp für Amazon-Nutzer: Ist Carnival Row ein Fantasy-Highlight? Hört den Moviepilot-Podcast:

Andrea, Esther und Jenny stellen sich in der 7. Folge Streamgestöber die Frage, warum die Fantasy-Großproduktion Carnival Row bei Amazon Prime nur mäßige Kritiken eingefahren hat, obwohl es sich um eine komplexe und detailverliebte Fantasywelt handelt. Inklusive Orlando Bloom. Bei 00:41:06 geht es mit Carnival Row los. Zuvor reden wir über das Netflix-Epos The Irishman.

Habt ihr die Amazon-Serie Hunters schon auf eurer Merkliste?

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