Im Wunderland mit Totoro

05.01.2011 - 08:50 Uhr
Zu Unrecht unterschätzt: Mein Nachbar Totoro
Universum Film GmbH
Zu Unrecht unterschätzt: Mein Nachbar Totoro
R
10
18
Happy Birthday, Hayao Miyazaki! Der Meister des japanischen Animationsfilms wird heute 70 Jahre alt. Unser DVD-Kolumnist Thomas Groh empfiehlt Euch deshalb heute seinen Lieblings-Miyazaki: Mein Nachbar Totoro – eine Filmperle aus den 80ern!

Es gilt mal wieder ein Geburtstagskind zu beglückwünschen: Hayao Miyazaki, sicher wohl seit der Kinoauswertung von Prinzessin Mononoke, ganz gewiss aber seit dem Berlinaletriumpf Chihiros Reise ins Zauberland auch den Filmfreunden hierzulande ein fester Begriff, begeht heute seinen 70. Geburtstag. Für mich ein schöner Anlass, an dieser Stelle einmal meinen liebsten Miyazaki zu empfehlen: Viele mögen Miyazakis geradezu überbordende jüngere Filme (z.B. Das wandelnde Schloss) und gewiss haben diese ihre unbestrittenen Qualitäten, mein Herz aber schlägt ganz entschieden für die eher etwas schlichteren, noch kindlicheren Filme des großen Meisterregisseurs aus dessen früherer Phase – und mit Haut und Haar hingerissen bin ich von Mein Nachbar Totoro, für mich ehrlich einer der schönsten Filme, die ich je gesehen habe.

Ein Wald-und-Wiesen-Wunderland

Zugegeben, ein weißer Hase ist es nicht, dem die kleine Mei da über die Wiese folgt: Nur zufällig hat sie dies winzig-weiße, halbtransparente Puschel-Etwas beim Eichelnsammeln aufgestöbert und prompt ergreift es schon die Flucht. Mei nimmt die Verfolgung auf – und landet bei dem großen Totoro, einem rätselhaften, unendlich gutmütigen Wesen zwischen Bär und dickem Kater, auf dessen flauschigen Bauch das kleine Mädchen denn auch gleich einschlummert. Für Mei und ihre ältere Schwester Satsuki ist dies der erste Schritt in eine Zauberwelt, die gleich in den Bäumen und Büschen hinter dem Landhaus beginnt, in das die beiden gerade erst mit ihrem Vater gezogen sind, und die sich weit ins Dickicht der Wälder erstreckt.

Das Wunderland liegt nur einen Schritt neben unserer Welt. Und doch überlappen sich beide oft genug, dass man gerne davon ausgehen kann, dass sie eigentlich nur Kinderfantasien jenes Sommers sind, der die Kinder letztmals ganz vom Erwachsenendasein behütet. Wobei Miyazaki solche Zweifel grundsätzlich in beide Richtungen ausstreut.

Ein flauschiges Bärenherz, eine Katze als Bus

Wie dem auch sei: Mit dem Totoro und seinen kleinen puscheligen Waldgeistern erleben Mei und Satsuki fortan kleine, große, nebensächliche Abenteuer – alles ist hier ganz Episode, nichts ist existenziell. Nur am Ende wird es dramatisch: Die Mutter von Mei und Satsuki liegt seit längerem im Krankenhaus. Als sich ihre Entlassung noch einmal verschiebt, packt sich die kleine Mei ein Herz, bricht allein zum Krankenhaus aus und verläuft sich glatt. Dass eine enorme Katze als Bus (!) zur Rettung herannaht, gehört sicher zu den schönsten Einfällen des Films.

Mein Nachbar Totoro ist ein kleines Wunder: Ein herzensguter Film, der sich nichts sehnlicher wünscht, als dass Menschen es ihm gleich tun und Güte in die Welt tragen. Nichts ist hier Kitsch – oder gar Kinderkram. Dafür gibt es, mit Totoro, dem bärig-katzigen Waldgeist, und mit Totoro, dem Film, eine ganze Welt zu entdecken.

Zu welcher DVD-Edition greifen?

Mein Nachbar Totoro liegt in Deutschland in zwei Editionen vor: Eine schlichte DVD ohne Bonusfeatures und eine etwas luxuriöse Edition mit zwei Scheiben. Das augenfälligste Extra der zweiten DVD ist die Möglichkeit, sich den Film in voller Länge anhand der Storyboards anzusehen. Sprich: Der Film läuft in Standbildern mit eingezeichneten Kameraanweisungen, während der Ton einfach weiterläuft. Das ist im einzelnen nicht uninteressant, da sich auf diese Weise einige schöne Einblicke in die Produktion eines Animationsfilms ergeben – vor diesem Hintergrund eine definitiv sinnvolle Dreingabe, allerdings nichts, was sich die meisten mehr als einmal ansehen werden (und selbst da bleibt fraglich, ob man die ganze Spielfilmdauer am Ball bleibt).

Dazu gesellt sich ein übliches Making-Of mit einigen Statement vom Meister selbst, sowie einige nette, aber schlussendlich auch nicht direkt umwerfende Extras wie TV Spots und eine Ghibli-Trailershow. Wer darauf gut verzichten kann, ist womöglich mit der Single Edition des Films ganz gut beraten, mit der sich dieses Kleinod schon zum schmalen Preis schießen lässt.

In diesem Sinne: Danke für diesen wunderbaren Film, Hayao Miyazaki, und alles Gute zum Geburtstag!

Und dann noch der Trailer

Die Special Edition ist bei Amazon für 15,97 Euro erhältlich, die Single Edition schon für 9,99 Euro.

Thomas Groh lebt in Berlin, arbeitet für die Programmvideothek Filmkunst im Roderich und schreibt über Filme, zum Beispiel für die Filmzeitschrift Splatting Image, die taz und das Onlinekulturmagazin Perlentaucher. Wenn er nicht gerade sein Blog aktualisiert, verfasst er wöchentliche DVD-Kolumnen für den moviepilot, in denen er Filme von etwas jenseits des Radars empfiehlt, zuletzt etwa den surrealen tschechischen Märchenhorrorfilm Valerie – Eine Woche voller Wunder, den japanischen Antikriegsfilm Barfuß durch die Hölle und den Partyfilm The Party.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News